SPEZIAL-TIP FÜR ANDALUSIEN-FANS

Urlaub kann manchmal ganz schön stressig sein!

Wer hat es nicht schon erlebt: Die Warteschlange am Einlaß zum Highlight XY

aus dem Reiseführer ist endlos, die Sonne brennt erbarmungslos vom wolkenlosen,

südspanischen Himmel. Die beste Frau der Welt muß dringend zur Toilette und

die Kinder haben jetzt schon Hunger. Die Preise am einzigen Kiosk haben einem

allerdings schon beim Anblick den Appetit vergehen lassen. Blanker Touri-Nepp!

Es ist schon früher Nachmittag weil man im Hotel mal wieder viel zu sehr getrödelt

hat und die Anfahrt durch verstopfte Straßen das Doppelte an Zeit verschlang,

wie veranschlagt. Und bis endlich der Parkplatz im entlegendsten Winkel gefunden

wurde, war die Hälfte des wertvollen Urlaubstages bereits Geschichte.

Einfach ärgerlich! Muß denn wirklich immer alles stur kopiert werden, was im

Reiseführer unter 'absolutes Muß' aufgeschwatzt wird? Sollte Urlaub nicht auch

Abschalten, Entspannung und Verbot von Hast und Tempo bedeuten ??

Für alle, die sich nicht scheuen, abseits der Pauschal- und All-Inclusive-Herde

ausgetretene Pfade zu verlassen, hier ein gut umzusetzendes Beispiel, wie man

auf ganz eigene Entdeckungs-Tour gehen kann. Nur wenige Stunden sind nötig und

unter dem weiten Himmel werden Herz und Sinne frei in einer atemberaubenden, sonnendurchfluteten Landschaft, auch im Bewußtsein, durch eigene Initiative und

ganz für sich selbst, etwas Besonderes und Einzigartiges gewonnen zu haben: Unvergeßliche Eindrücke und Erinnerungen für das ganze Leben.

Wer sich im Raum Granada oder Almeria aufhält und sowieso die Absicht hat,

Guadix mit seinen Höhlenwohnungen einen Besuch abzustatten, für den bietet sich

mein Spezial-Tipp in geradezu idealer Weise an. Je nach Lust und Laune sollte man

für den Abstecher (vom Verlassen der Autobahn bis zum Wiederauffahren) etwa

drei Stunden einplanen, abhängig davon, ob der Vorschlag für das Mittagessen

aufgegriffen wird oder nicht.

Fährt man auf der A 92 von Almeria in Richtung Guadix/Granada, passiert man

nach etwa 30 km den Abzweig zur N 340 nach Tabernas. Hier, in der kargen,

wüstenhaften Landschaft, befinden sich drei sogenannte 'Westernstädte', nunmehr Touristenattraktionen, die als Kulisse für diverse Filmproduktionen ihre besten Tage aber vermutlich hinter sich haben. Ich gehe hier nicht weiter darauf ein, da alles Wissenswerte hierzu in den gängigen Reiseführern hinreichend beschrieben ist.

Auch lohnt übrigens ein Abstecher nach Tabernas, wegen der maurischen Burg-

anlage, von der man einen großartigen Blick in die Desierto de Tabernas, die einzige

Wüste Europas hat. Für diesen 'Programmpunkt' muß jedoch mindestens eine Stunde

Zeit zusätzlich vorgesehen werden.

 

 

 

 

Wir bleiben also auf der A 92 mit Richtung Granada. Die verkehrsarme Autobahn

(November, Mittagszeit) zieht sich zunächst über eine ziemliche Strecke eintönig

durch steinige, kahle Bergrücken, bis sich etwa 30 km vor Guadix die Szenerie

öffnet und eine riesige Hochebene in's Blickfeld kommt. Schon von weitem ist,

in Fahrtrichtung links, das markante Castillo zu erkennen, daß, auf einem Hügel

thronend, die Ebene weithin sichtbar überragt. Bald darauf wird auch schon die Ausfahrt angezeigt: La Calahorra. Es sind jetzt nur etwa 3 km bis zum Ort und das fast bedrohlich wirkende Castillo zeigt sich jetzt in seine ganzen Dominanz. Ob man nun die Zeit investiert, sich mit dem Auto durch enge Gassen so weit wie möglich nach oben kämpft (die letzten Meter sind zu Fuß zu bewältigen) und dem Castillo einen Besuch abstattet, bleibt jedem selbst überlassen. Zu meiner Zeit (Anfang November) war die Anlage jedenfalls geschlossen und ich kann auch nicht sagen, ob sie überhaupt zugänglich ist. Auf jeden Fall hat man von hier oben einen herrlichen Ausblick auf den Ort und weit über das Umland, auch bis Guadix.

Bereits am Ortseingang konnte man beim vorbeifahren einen großen, auffälligen Gebäudekomplex in Natursteinbauweise gar nicht übersehen. Restaurant und

Hotel, absoluter Insidertipp, ich komme später darauf zurück.

Sollte man nun also am Castillo stehen, fällt beim Blick auf besagtes Hotel gegenüber, ein mächtiger, kahler Berghügel in's Auge, der quasi übergangslos von der Rückseite des Gebäudes an, aufsteigt (Foto II). Und hier komme ich nun zum Kern der Sache: Jeder, der zu Hause problemlos vom ersten in den vierten Stock geht und auch

ansonsten ein normales Maß an Kondition aufbringt, kann diesen Hügel packen! (Etwas Wasser und Kopfbedeckung gegen die Sonne nicht vergessen.) Auf den ersten Blick mag das Unterfangen vielleicht etwas abweisend erscheinen

und es braucht ein klein wenig Überwindung loszumarschieren, aber ich habe den Gipfel bequem in 45 min. erreicht. Und die Mühe wird belohnt! Im Grunde ist es (fast) ein Spaziergang, auch wenn es abschnittsweise etwas steil voran geht. Das Gelände läßt sich gut begehen, mit Halbschuhen und halbwegs griffiger Sohle kein Problem. Der Ausblick von oben ist grandios: ein endloses Panorama, die Hochebene von Guadix, die Bergketten am Horizont, versteckte Bergdörfer, La Calahorra mit dem Castillo und den Nachbarorten, im Süden Kiefernwälder und die Sierra Nevada, Obst- und Gemüsekulturen, Landstraßen, die Autobahn, das Solarkraftwerk Andasol. Unter dem weiten Himmel genießt man die Stille und Abgeschiedenheit. Der Blick in die Ferne ist einfach großartig! Wieder nach unten? Es fällt schwer, sich loszureißen.

Natürlich läßt sich hier oben auch ein kleines (oder größeres) Picknick veranstalten, der Kreativität des Einzelnen sind keine Grenzen gesetzt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Abstieg geht dann zügig vonstatten und man gelangt zum Ausganspunkt, dem

Hotel-Restaurant zurück. Ist es noch zur rechten Zeit, sollte man sich nun das Mittagessen (wird in Spanien bekanntlich erst ab dem frühen Nachmittag einge- nommen) hier wirklich nicht entgehen lassen! Schon beim Eintreten sieht der

Fachmann: Volltreffer! Hier speisen Fernfahrer, Einheimische, der Postbote, Siemens-Angestellte vom nahen Solarkraftwerk, Handwerker, die Guardia Civil.

(Wermutstropfen: Rauchen gestattet.) Für 10 Euro gibt's Vorspeise (primer Plato oder Entrada), Hauptgang (segundo plato) -ich hatte große Platte mit dreierlei Fisch-, Nachspeise (Postre) und eine Flasche Wein auf den Tisch, aus der ich trinken konnte, soviel ich wollte. Das war mehr als reichlich und nebenbei bemerkt, ich habe den Aufstieg erst nach dem Mittagessen absolviert .....

Jetzt kann es wieder zurück zur Autobahn gehen und man setzt die Fahrt nach

Guadix oder Granada fort, selbstverständlich darf die Tour auch in der entgegen-

gesetzten Richtung organisiert werden und würde dann in Richtung Almeria

fortsetzt.

Fazit: Ich kann, für alle Unternehmungshungrige und jene, die den Urlaub nicht

nur am Strand liegend verbringen wollen, die Exkursion wärmstens empfehlen und stehe auch für Rückfragen gerne zur Verfügung.

 

 

MfG: Frank Bohnwagner