• LoriT
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    geschrieben 1562405312745 , zuletzt editiert von LoriT

    Hallo zusammen,

    mein Freund und ich würden gerne im nächsten Jahr Kanada bereisen.

    Aus terminlichen Gründen würden wir es leider nur in der absoluten Hochsaison hinkriegen, einen Urlaub von 4 Wochen zu bekommen, da wir an unseren Betriebsurlaub dann noch eine Woche dranhängen können. Also voraussichtlich Mitte Juli bis Mitte August, vielleicht noch ein - zwei Wochen früher.

    Unsere Route wäre die Standart-Route von Calgary nach Vancouver one way, im Anschluss wollen wir noch nach Vancouver Island.

    Nun ist natürlich die Frage, ob man davon nur abraten kann, weil durch die Touristenströme der Genuss versaut werden würde... Ich habe keine Vorstellung davon, wie das Ausmaß sein könnte.

    Wir sind grundsätzlich an der Natur interessiert und würden deshalb ungerne die "Must-Sees" auslassen. Wenn es da mal trubelig wird, wäre das nicht so tragisch.. Dennoch möchte man gerne ein Foto machen können, ohne einen anderen Menschen mit im Bild zu haben. Ich kann auch mit permanenter Lautstärke und Stress nicht so gut umgehen (Migräne)

    Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass es abseits vom Wells Grey Park dann noch so übertrieben voll sein kann? Ist ja schließlich viel Platz :smiley:

    Eine andere Strecke können wir uns momentan leider auch nicht vorstellen, da wir auch nicht völlig abseits vom Schuss sein wollen. Also langweilig darf es auch nicht sein  außerdem wäre ich auch ein wenig auf den Spuren meiner Wurzeln unterwegs in dem Gebiet.

    War denn jemand schon zur Touri-Hochsaison in Westkanada?

    Lg und danke für die Einschätzung.

  • HC-Mitglied1962447
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    geschrieben 1562501706071

    Moin! Zu sehr verschiedenen Zeiten war ich bereits in West-Kanada unterwegs und zunächst muss man betonen, dass es natürlich korrekt ist, Juli und August als Hochsaison anzusehen. Auch Kanadier kosten die helle und vergleichsweise warme Sommerzeit aus und davon jede Minute, denn alle die draußen sein können, sind draußen unterwegs, mit Katze und Hund, Boot, und Pick-Up-Truck, Grill und Zelt, und Angeln und mehr.

    Dennoch ist der Westen Kanadas so weitläufig, dass sich die Menschenmassen gut verteilen und ich niemals solche Überfüllungen erlebte wie sie in europäischen Reisezielen herrschten. Wie man den vielen Beiträgen dieser Reiseforen entnehmen kann, scheint die große Mehrheit der Urlauber mit einem Urlaub immer noch eher Palmenstrände und Baden zu verbinden. Insofern kann ich Euch nur beglückwünschen zu Eurer Entscheidung, denn West-Kanada ist ein absoluter Traum, der Euch verzaubern wird.

    Zunächst würde ich mir einen guten Reiseführer besorgen für Tipps und Ideen, denn auch wenn man 4 Wochen Zeit hat, wird man Prioritäten setzen und sich überlegen müssen, was man anschaut und was man weglassen muss. Der Flug nach Calgary mit Reise westwärts und Rückreise ab Vancouver ist ein Klassiker, den ich für den Einsteiger unbedingt empfehle. Von Calgary würde ich direkt mit dem Mietwagen Richtung Banff / Lake Louise fahren, um dort zwei oder besser drei Nächte zu bleiben, zur Akklimatisierung besonders wegen der Zeitzonenverschiebung und um die Schönheit der Rocky Mountains zu bewundern. In und um Banff und Lake Louise gibt es exzellente Wanderwege, z.B. am Johnston Canyon, am Lake Louise, dazu die erlesenen Fairmont Bahnhotels an beiden Orten, tolle rustikale Lodges und Naturerlebnisse, die auch von Park Rangers organisiert werden. Ein kleines Frühstück im Posthotel Lake Louise, unter schweizerischer Leitung, kann das Ganze noch abrunden. Natürlich werdet Ihr feststellen, dass die Übernachtungspreise in dieser Zeit recht hoch sein werden, aber die Nachfrage bestimmt eben den Preis und ich würde frühzeitig reservieren. Behaltet die Fahrtzeiten und -strecken im Auge und gönnt Euch am jeweiligen Ort genügend Zeit, um etwas zu sehen.

    Der Ort Barkerville, ein wieder zum Leben erweckter Goldgräberort, liegt recht abgelegen, aber wenn es die Zeit und Route erlauben, ist es ein echtes Hightlight (www.barkerville.ca)

    Vancouver ist wunderbar. So viel zu tun. Die Fahrt auf den Hausberg Grouse Mountain mit Greifvogel-Show und Lumberjack-Stunt muss man gesehen haben, tolle Aussicht auf die Stadt. Gastown, Stanley Park, Coal Harbour, die schrille und liberale Denman Street mit zwei Enden an jeweiligen Stränden und toller Stimmung am Abend, echt klasse. Gutes Eis gibt es bei Il Gelato d'Oro oder so ähnlich, neben dem English Bay Hotel. Science World lockt in der Nähe des Stadios mit echter Wissenschaft zum Anfassen. Hier kann man viel unternehmen. Und dann fährt man nach Tsawwassen und setzt mit der gebuchten Fähre von www.bcferries.ca nach Sidney auf Vancouver Island und erkundet den britischsten Ort außerhalb des UK, Victoria, der Hauptstadt von British Columbia. Dort sollte man unbedingt Whale Watching ausprobieren, mein Favorit war bis jetzt immer "Eagle Wings", die geben sogar eine Wal-Sichtungsgarantie und stellen einen Voucher für eine zweite Tour aus, unbegrenzt gültig, falls kein Wal sich blicken ließ.

    Das Fairmont Empress Hotel thront majestätisch vor dem glitzernden Hafen, wo die Wasserflugzeuge abheben und "wassern", die knuffigen kleinen gelben Taxiboote herumkurven, und das Fairmont gehört auch hier zu den legendären Bahnhotels, mit denen die Reichen im 19. Jahrhundert erstmals den Westen bereisen konnten und auf ihren gewohnten Luxus nicht verzichten mussten. Im Fairmont gibt es nachmittags eine Britische Teezeremonie, die man sich gönnen sollte. Pro Person um 50 EUR oder so, mit tollen Tees und Live-Pianomusik, ein echtes Erlebnis.

    Die Whale Watching Tours beginnen in einem süßen und knallbunten Hausbootareal, so dass man da ruhig etwas früher aufrauschen sollte, um die herrlichen Farbenspiele in der Morgensonne zu bewundern und tolle Fotos zu machen, so lange noch keine Touristenmengen vor Ort sind, wie es einige Stunden später der Fall ist, denn es fahren auch Kreuzfahrtschiffe nach Victoria. Tolles chinesisches Essen hatten wir im dortigen Chnatown im "Ocean Garden Restaurant", es war soooo megalecker, wir waren völlig hin und weg.

    Vancouver Island ist eine Welt für sich, 450 km "lang" und locker 100 km "breit", also man könnte fast sagen 20% von Deutschland oder so. Also gibt es auch hier viel zu entdecken und man sollte die Größe des Landes, nicht unterschätzen, was für die USA und Kanada allgemein gilt. Eine Fahrt an die Westküste, den berühmten Pacific Rim, sollte man unbedingt unternehmen, da liegen die zwei knuffigen Ortschaften Ucluelet und Tofino. Tofino ist ein sehr hippes Surferparadies, entsprechend viele schlanke Flipflopmenschen mit Dreadlocks laufen da herum, mir gefällt zum Übernachten Ucluelet besser, mit seinem tollen Rundwanderweg, vorbei an dem berühmten Leuchtfeuer und den Bimmel- und Hup-Bojen im Wasser. Auf dem Weg nach Westen kommt man an Cathedral Grove vorbei, das ist ein naturbelassener Borealer Regenwald im Urzustand. Es liegt am Alberni Highway zwischen Qualicum Beach und Alberni. Es werden keine Bäume gefällt, kein Totholz entfernt und wenn man einer umkippt und quer über dem Weg zu liegen kommt, schneidet man allerhöchstens ein Stück heraus, dass die Leute hindurchgehen können. Das ist soooo beeindruckend. Mit einem Navi findet man sicher hin und es ist auch ausgeschildert. Zunächst gibt es eine Zone mit verminderter Höchstgeschwindigkeit, dann entdeckt man zu beiden Seiten des gewundenen Highways eine limitierte Zahl von Parkplätzen, und oftmals ist gerade "alles besetzt". Nicht verzweifeln - denn es geht gemächlich zu, man nimmt aufeinander Rücksicht und man wartet einfach hinter den abgestellten PKW oder RV, bis einer rausfährt. Denn es sind alle hier irgendwie "auf der Durchreise" und niemand bleibt viel länger als eine Stunde, obwohl die gigantischen Baumriesen und die wahnsinnige Wildnis durchaus zwei Stunden wert sind, und es befinden sich schöne Rundwege zu beiden Seiten der Straße, nicht verpassen! So etwas kennt man fast gar nicht, weil unsere Wälder meistens Forste sind und es wird Totholz immer wegtransportiert!

    In Ucluelet gibt es tolle rustikale Lodges, oft mit Kaminen, die sich mit einigen zu kaufenden Holzscheiten gemütlich entfachen lassen oder gleich mit Gas betrieben werden. Das Wetter kann von Strahlend Blau bis trüb-grau-verregnet wechseln, aber dafür ist man ja auch in der Zone des borealen Regenwaldes, und auch in einem nebligtrüben Regenwetter entfaltet die Landschaft auf dem Rundwanderweg ihre ganz eigene zauberhafte Stimmung.

    Die Fahrten vom Festland nach Vancouver Island sind übrigens auch sehr unterhaltsam. Zwischen Tsawwassen südlich von Vancouver nach Idney hat man die tollsten Blicke unterwegs, da die Fähre sich durch einige Inselwelten schlängelt, weiter nördlich kann man auch fahren, dann kommt man z.B. beim Rückweg nördlich von Vancouver aufs Festland - die Strecke hat aber mehr freie Wasserflächen und weniger Fjordgefühl wie bei der südlichen Route von oder nach Tsawwassen, und bei schönem Wetter ist das natürlich exquisit.

    Auf der ganzen Reise wird man vieles von the First Nations hören, das ist der offizielle Begriff für die Ureinwohner, die wir oft mit "Indianer" bezeichnen. Wenn sich da Gelegenheiten bieten, Siedlungen, Gebräuche und Kultur kennen zu lernen... es lohnt sich. Bevor ich nun stundenlang weiter schreibe, würde ich vorschlagen, sich einfach mit einem Reiseführer ein bisschen einzustimmen. Da es bis zur Reise noch ein gutes Jahr hin ist, habt Ihr noch richtig viel Zeit für Planungen und Hotelreservierungen und somit auch den vollen Zugriff auf alle möglichen Unterkünfte.

    Bei vier Wochen Zeit könnte man überlegen, ob man eine kleine Schiffsreise von Vancouver nach Alaska und zurück ins Auge fasst. Auch das hat seine ganz eigenen Reize. Die Fahrten gehen üblicherweise eine Woche lang. Einige sind One-Way-Trips, die in Vancouver beginnen und in Alaska enden, aber es gibt auch ebenso viele Round-Trips innerhalb einer Woche. Nahe einer Abbruchkante eines Tidal Glaciers (ins Meer mündenden Gletschers) auf dem Schiffsdeck das Kalben und Donnern von Eisabbrüchen zu beobachten, das hat was. Viel Spaß beim Weiteren Planen!

  • LoriT
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    geschrieben 1562523453920 , zuletzt editiert von LoriT

    Wow, vielen vielen Dank für die vielen Infos, ich werde Ihre Nachricht ein paar Mal lesen müssen um alles zu erfassen :grinning: vieles haben wir uns genau so vorgestellt, wie beschrieben!

    Wir fragen uns, wie wir am besten einen Abstecher nach Revelstoke machen könnten, denn da habe ich Verwandte väterlicherseits,die mich gerne kennenlernen würden. Interessieren würde uns eine ursprüngliche Ranch, oder auch Goldwäscherei. Ob wir den Umweg nach Barkerville nehmen wollen, wissen wir noch nicht so genau. Aber dafür ist ja noch ganz lange Zeit.

    Da mein Großvater mütterlicherseits ein Mitglied der first nations in Saskatchewan ist/war (meine Mama hat ihn leider nie kennengelernt) ist es mir auch ein großes Anliegen, gerade für meine Mutter, die indianische Kultur kennenzulernen. Ich weiß, dass British Columbia nicht unbedingt der beste Ort dafür ist, aber vielleicht haben sie einen Tipp? Natürlich werde ich auch noch die Verwandtschaft aus Revelstoke fragen, ob die mehr wissen :grinning:

    Auf Vancouver Island wollen wir auf jeden Fall nach Tofino, aber auch Telegraph cove reizt mich persönlich wegen der Orcas. Dennoch wollen wir zu keiner Zeit hetzen und immer alles genießen können. Kann man whale watching denn in Victoria mit Telegraph cove vergleichen?

    Und kann man problemlos von Tofino nach Victoria fahren? Google maps spuckt da nur einen knapp 5 Stunden weg über Nainamo aus.

    Wir haben den Reiseführer von "Reise know how" gekauft und da ist unsere Wunschroute eigentlich toll beschrieben, bis auf die genauen stops und wünschenswertes Insiderwissen :stuck_out_tongue_winking_eye:

    Liebe Grüße!

  • HC-Mitglied1962447
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    Verwarnt
    geschrieben 1562525049797

    Hallo! Auf meinen verschiedenen Reisen durch Kanada sind mir die Kultur und das Erbe der First Nation so oft begegnet, wir haben die tollen Häuser aus Holz besichtigt, in denen ganze Familien rund herum auf den Erhöhungen wohnten, während in der Mitte der Feuer- und Kochplatz war, auf Kreuzfahrtschiffen waren Angehörige verschiedener Stämme und berichteten über das Verhältnis zu Natur und Umwelt, Tieren und der Interaktion zwischen den Gruppen, dass ich schon gar nicht mehr zusammen bekomme, wo wir was gesehen haben. Ich habe aber den Eindruck, dass sich Kanada sehr viel intensiver seiner Geschichte, der Kultur und der Verantwortung gegenüber denen bewusst ist, die immer schon "da" waren als es z.B. die USA tun. Ich würde einfach auf diese Seite gehen https://www.indigenousbc.com/ und schauen, wie intensiv man sich mit der Kultur und Geschichte der First Nation befassen kann, die ja auch immer eine sehr unrühmliche Geschichte der Second Nations war, also der Eroberer aus Europa.

    Ja, die Fahrt von Victoria nach Ucluelet & Tofino dauert seine Zeit, aber diese Route ist fantastisch und abwechslungsreich. Wie erwähnt, Cathedral Grove darf man auf keinen Fall verpassen und das westliche Kanada ist so wunderbar abwechslungsreich, dass eine solche Fahrt der pure Genuss schon aufgrund seiner sensationellen Landschaften ist. Man spürt keinesfalls Langeweile, man wünscht sich sogar, dass es noch länger dauern möge.

    Auf dem Weg an den Pacific Rim muss man durch gebirgige Gegend fahren und auch einige Serpentinen bewältigen, allerdings ist das wirklich keine dolle Sache, wenn man schon mal in europäischen Gebirgsgegenden gefahren ist oder z.B. auf den Kanaren oder Madeira. Das ist wirklich gut zu machen, auch für Leute, die nicht in den Bergen wohnen. Ich bin auch Flachlandtiroler, und kam schon drei mal super zurecht auf der Strecke. Die Kanadier wie auch die US-Leute machen da gern immer ein bisschen Trara "Wie, Ihr fahrt westwärts, auwei, da habt Ihr ja das Schlimmste noch vor Euch." Blödsinn, alles prima zu bewältigen. Und vor allem gurken da auch jede Menge Wohnmobile herum, die sowieso nicht schnell fahren können. Lasst Euch also nicht ins Bockshorn jagen, einfach an andere dranhängen und dann kann gar nichts passieren. Die KFZ-Kultur ist in Nordamerika sowieso viel entspannter als bei uns, ist ja bekannt. Hie und da mal einen kleinen Stopp einplanen, in knuffige Cafés einkehren, kleines Schwätzchen mit den dort tätigen Mitarbeitern halten, sehr häufig Studenten mit Ferienjob, es ist ein Reisen auf Wolke Sieben *lg*

    Also, wenn man 4 Wochen lang durch Nordamerika fährt, solltet Ihr Euch unbedingt ein GPS-Navi kaufen. Wenn man das von Alamo oder einem anderen Autovermieter ausleiht, kann das locker 11 bis 13 EUR pro Tag (!!!) kosten. Das wären bei vier Wochen über 300 EUR, und für viel weniger kann man sich bei Canadian Tyre oder Best Buy ein Navi zulegen, mit unbegrenzten Updates ("nüviLifetime" vom Marktführer zum Beispiel" mit ganz Nordamerika inkl. Hawaii und Alaska. Mein letztes hat weit über 10 Jahre lang funktioniert, und hat quasi tausende EUR gespart!

    Wenn man einmal in dieser Gegend war, die Leichtigkeit, Offenheit und Gastfreundschaft der Kanadier kennen lernte, wird man schnell süchtig und muss immer wieder hin. Nicht umsonst gilt BC als Gegend mit einer sehr hohen Lebensqualität.

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