Moin! Wie überall so kann man auch in den kanadischen Rockies keine Garantie für diese oder jene Temperatur abgeben. Gerade im letzten Winter haben wir gesehen, wie sehr inzwischen Extreme vorkommen, wenn z.B. der Jetstream mildes Wetter in Mitteleuropa verursacht, gleichzeitig aber bitterkalte Frostperioden mit Blizzards in Nordamerika. Aaaaalso, die Klimatabelle für Banff gibt für den Tag eine durchschnittliche zu erwartende Temperatur von -4,4°C an und nachts ca. -13°C. So war es auch als wir im Winter dort waren. Sehr gut auszuhalten, denn es war windstil und im Winter ist der Wind das entscheidende Kriterium. -4°C bei steifer Brise fühlen sich locker wie -25°C an ...
Als wir abreisten, ging die Temperatur leicht nach oben und dann gab es in Calgary auch schon stellenweise Tauwetter. Man muss das mal erlebt haben, weil es dort einen Winter gibt, den man bei uns so gar nicht mehr kennt, und durch die weitläufigen Landschaften ist das alles dort nicht so ein überteuerter und mega-hektischer Skizirkus wie in den Alpen.
Inzwischen bin ich mindestens schon drei mal in der Sommer-Saison dort gewesen. Die Region ist quasi zu jeder Jahreszeit ein Traum. Wenn man richtig viel Zeit mitbringen möchte, z.B. 4 Wochen oder so, dann empfehle ich die Anreise über Calgary. Wird von Lufthansa leider nicht mehr direkt angeflogen, aber von Air Canada als Codeshare. Dort nimmt man sich den Mietwagen und fährt gleich weiter über Canmore nach Banff oder Lake Louise, das sind knappe 2 Stunden auf einer gut ausgebauten Autobahn, auf der es (erwartungsgemäß) sehr gemächlich zu geht. Überall wird entspannter gefahren als in Deutschland *g*
Calgary kann mna wirklich auslassen, nichts Dolles zu sehen dort, zumal eine Betonwüste der anderen sehr gleicht und im Gegensatz dazu so unvergleichliche Naturschönheiten locken, dass es einem leicht fällt, eine Stadtregion zu verlassen. Nachdem man die sehr hässlichen Vorortkonglomerate von Calgary hinter sich gelassen hat, erkennt man am Horizont schon die wundervollen Candian Rockies und es wird immer schöner und lieblicher. Banff ist ein schnuckeliger Ort mit hübschen rustikalen Lodges, Hotels, Herbergen, Restaurants, Bars, Kunst... alles was man braucht. Der Ort liegt im Banff National Park, den man kostenlos durchfahren dürfte, wer aber übernachtet in Banff (oder später auch im Jasper National Park), der zahlt eine Parkgebühr, den Beleg legt man sichtbar innen an die Windschutzscheibe. Diese Parkgebühr hilft die Natur in ihrer überwältigenden Wildheit zu bewahren und ich zahlte sie gern für diesen Zweck.
In Banff gibt es eines der berühmten Fairmont Bahnhotels, die nach der Erschließung des Westens durch die Eisenbahn errichtet wurden, um die wohlhabende Kundschaft in den Bergen adäquat beherbergen zu können. Ein zweiter dieser Paläste liegt in Lake Louise, unweit von Banff. Muss man unbedingt gesehen haben und diese Riesenkästen sind offen für Besucher, haben Bars und Cafés, Souvenirboutiquen.... sind eher eine Mischung als Mall und Touristenshop mit Hotelbetrieb.
Von Banff aus sollte man schöne Wanderungen machen, z.B. an und um den Lake Louise, den Johnston Canyon abgehen bis zum Wasserfall, den irren Bahntunnel besichtigen vom Aussichtspunkt, wo ein Zug in den Berg hinein fährt - wenn man im weiteren Verlauf die Überquerung des Gebirges angeht. (https://de.wikipedia.org/wiki/Spiral_Tunnel). Von Banff aus muss man auch das Columbia Icefield besichtigen, wenn man Richtung Jasper fährt. Den Gletscher kann man erkunden, mit riesigen Fahrzeugen, die mit ebenso riesigen Reifen ausgestattet sind. Oder auch nur gucken an der Gletscherzunge und anhand der Markierungen sehen, wie sehr sich der Gletscher zurück zieht. Klimawandel lässt grüßen. Jasper National Park ist ebenfalls sehenswert und lohnt eine oder zwei Übernachtungen.
Entweder setzt man die Reise mit dem Rückweg nach Banff und über Kamloops nach Vancouver fort, oder: die nördliche und noch wildere Route, Richtung Prince George und Prince Rupert auf dem Highway der Tränen, wo hin und wieder mal eine allein reisende Tramperin auf Nimmerwiedersehen verschwand. Keine Sorge - für Touristen mit Mietwagen ist das ungefährlich! In Prince Rupert endet die Welt quasi, von dort gelangt man mit Fähren Richtung des südlichen Zipfels von Alaska oder man setzt, wie wir es gemacht haben, mit der Autofähre in 16 Stunden über bis Port Hardy auf Vancouver Island. Das sollte man zuvor reserviere, auch den bequemen Ruhesessel in der Bug-Lounge und sich ein Fernglas mitnehmen, denn Walsichtungen sind zu erwarten. Die Fähre ist die größte von BCferries und verfügt über alle Annehmlichkeiten, bietet auch Schlafkabinen an, aber es wäre schade, die Tagesreise zu verschnarchen.
Wie auch immer man reist, wenn man die nördliche Route wählt, sollte man keinesfalls versäumen, den wundervollen historischen Ort http://www.barkerville.ca/ zu besichtigen. Es lohnt sich, vielleicht sogar für eine Übernachtung in einem der wenigen Hotelbetriebe. Der Ort liegt inmitten des Nirgendwo, man fährt locker 1 Stunde von der Hauptstraße ab in die Wälder, und man mag geneigt sein, dieses Highlight zu verpassen wegen der Fahrtstrecke, aber wir fanden es höchst beglückend, dieses Juwel entdeckt zu haben. Die ehrenamtlichen Freunde von Barkerville flanieren in historischen Kostümen herum und verströmen den Flair des 19. Jahrhunderts, sie bemühen sich auch um eine etwas antiquierte Sprache. Die "Lehrerin Mrs. Fields": "Where do you people come from?" in britischem Englisch. Touristin: "We're from Toronto." (in gequäktem Amerika-Englisch) - Fields: "Oh, this is quite a long journey. How do you like our little spot in the wilderness?" - Touristin: "We're having a lot of fun." - Fields: "Fun??? This doesn't seem to be the right description, wouldn't you rather say: it is very informative?" Absolut cool! In Prince Rupert ist "Dolly's Fish Market" ein Muss - der firscheste Fisch in einem winzigen Restaurant, gleichzeitig erfolgt hier die Verarbeitung des Fischs, den die Touristen geangelt haben ("fish processing"), hier wird als Dienstleistung filetiert und tiefgefroren.
Vancouver Island muss natürlich bei so einem Trip auch sein, es ist eine Welt für sich und man sollte nicht meinen, man könnte diese Insel in einem oder zwei Tagen erkunden: 450 km lang, 100 km (breit). Da gibt es viel zu entdecken. Die "wahren Fans von VanIs" schwören auf den Norden. Wie auch immer in Kanada: man sollte sich Zeit nehmen und einen guten Reiseführer zur Hand haben, z.B. Lonely Planet. Nicht den Pacific Rim verpassen, über Port Alberni und auf diesem Wege unbedingt beim Zauberwald "Cathedral Grove" halten. Links und rechts des Highways gibt es nur wenige Parkplätze, und bei Ankunft könnten diese alle belegt sein. Ein bisschen Geduld - hie oder dort wird immer wieder schnell was frei, Touristen auf Durchreise kommen und gehen, und Vorsicht beim Überqueren der Straße, trotz Tempolimits, schwere Holzlaster sind unterwegs. Der Wald befindet sich im Urzustand, keine Bewirtschaftung, keine "Pflege", fällt ein Baum um, dann bleibt er liegen und nährt den Wald, die Tiere und Pflanzen und Pilze. Nur wenn er quer über dem Weg zu liegen kommt, wird ein Stück herausgesägt, damit die Besucher ungehindert auf dem Weg bleiben können. Flechten, Moose, Pilze, Farne - ein echtes Naturerlebnis, der "boreale Regenwald" - hier gehört die Feuchtigkeit dazu, also regenfeste Kleidung nicht vergessen.
Weiter geht's nach Ucluelet und Tofino am Pacific Rim. Zur Übernachtung empfehle ich Ucluelet, z.B. Waters Edge Resort oder Canadian Princess Lodge and Marina oder eine der vielen anderen. Tofino ist ein hipper Ort für Surfer und Kayaker, den man in knapp 40 km von Ucluelet erreichen kann, am Küstenstreifen entlang, der geschützt ist. Hier findet man eine wilde Küste, der Rundwanderweg von Ucluelet, am Leuchtfeuer vorbei und den zwei Bojen, von denen die eine hupt, die andere bimmelt - das ist ein Muss - bei JEDEM Wetter.
Victoria, die Hauptstadt von British Columbia, das ist ein absolutes Muss! Britischer ist es kaum in England irgendwo. Nicht versäumen: High Tea Ceremony im Fairmont Empress Hotel, kann man vorreservieren und kostet für 2 Personen um 100 EUR. Leckere Sandwiches, Küchlein, Pralinen, Scones und edle Teeselektionen aus einem Teebüchlein, mit Beschreibung und Betrachtung der Teeblätter - sehr edel. Rundfahrt mit den kleinen schnuckeligen Wassertaxis und - Whale Watching - am besten mit Eagle Wings - inkl. 100% Walgarantie. Zeigt sich kein Wal, gibt's Gutscheine für eine zweite Tour, ohne Verfallsdatum. Butchart Gardens - fest eher heute ein Vergnügungspark, ist eine der Hauptattraktionen der Gegend - haben wir wir jetzt immer wieder, hüstel, ausgelassen. Die Gartenkunst, ja - interessiert mich brennend, und irgendwann schaffe ich das auch mal, seufz. Wasserflugzeug-Rundflug? Nicht billig, aber von hier aus, oder von Vancouver, über die Gletscher, vielleicht sogar die ganz große Rund mit Lunch, warum nicht - wenn man schon mal hier ist? Chinesisches Restaurant "Ocean Garden" Fisgard Street / Government - wansinnig lecker, wir haben geschwelgt!
Von Vancouver Island nach Vancouver kommt man mit BCferries, von Swartz Bay bay Victoria oder Nanaimo, weiter nördlich, je nachdem, was sich streckentechnisch eher anbietet. Kann man vorreservieren für 10CAD, oder man probiert es spontan, es verkehren die Fähren tagsüber stündlich. Die Fahrt von Swartz Bay nach Tsawwassen südlich von Vancouver ist deutlich spektakulärer, da man einige Schären-Engstellen passiert, während die Nanaimo-Horseshoe-Bay-Strecke weitgehend über inselfreies offenes Wasser geht.
Vancouver. ein Kosmos für sich. Coolster Ort zum Wohnen nahe der Denman Street, sensationell niedrig bebaut, wehrt sich diese Zone offenbar gegen Bebauung durch Hochhäuser. Szenelokale, schrille Leute, nette kleine Unterkünfte wie English Bay Hotel oder der Klassiker Buchan Hotel in der herrlichen Haro Street mit seinen uralten Bäumen. D'oro Gelato Café, bester Eissalon der Region, teuer im Vergleich zu Eisdielen bei uns (aber man muss ehrlicherweise sagen: Deutschland ist ein Lebensmittel-Gastronomie-Billigparadies, denn nicht umsonst sind dieses meistens Betriebe mit Niedringlohnsektor!), aber leeeecker! Kirsch-Eis war eines meiner Favoriten, unglaublich gut.
Spaziergang zum Stanley Park, Fußgängertunnel, am Coal Harbour entlang bis zum Canada Place, Pan Pacific Hotel, Kreuzfahrtterminal. Burrard Street entlang bis Robson, die Robson Street wieder hoch. Compass Card für den Nahrverkehr, Busse, U-Bahnen, alles für nur 10 CAD pro Person, in fast jedem Seven-Eleven zu kaufen. Einkaufen bei Roots - Modemarke, die es nur in Kanada gibt. Mit der U-Bahn nach Main Street / Science World und ein tolles Erlebnis-Mitmach-Museum der Spitzenklasse erleben. Gastown (Touristenfalle) schnell mal besichtigen und die schrille Dampf-Uhr (Steam Clock) sehen, flöt, flöt, mit Big Ben Schlag natürlich, bzw. "Pfiff".
Und, und, und - Kanada ist unvergesslich. Noch Fragen? Losfliegen!
(Ob sich diese ganzen Strecken so im Winter machen lassen, muss man herausfinden. Ich weiß nicht, ob zwischen Prince Rupert und Port Hardy ein Fährverkehr auch im Winter besteht. Barkerville ist dann sicher geschlossen und eingemottet.)