Alle die einmal einen Leihwagen auf der Insel gemietet haben und an irgendeinem Küstenstreifen entlanggefahren sind haben garantiert an verschiedenen Stellen alte Steintürme gesehen. Es handelt sich um alte Wachtürme die systematisch entlang der gesamten, mallorquinischen Küste errichtet wurden.
Anfangs des 16.Jahrhunderts liessen sich die Türken in Algerien nieder und von dort aus verunsicherten berberische Piraten – zusätzlich zu den Korsaren - das gesamte, westliche Mittelmeer. Die bekanntesten und berühmtesten Piraten waren die Brüder Horuky und Chaireddin Barbarossa. Der spanische König Carlos I (Karl I) veranlasste den Bau eines Verteidigungsystems entlang der Festlandküste, aber es war unter der Herrschaft seines Sohns, Felipe II wo eine ganze Reihe von Wachtürmen zum Erspähen von feindlichen Schiffen gebaut wurde, haupsächlich in den Regionen von Murcia und Cartagena.
Es war aber der mallorquinische Pfarrer, Arzt, Historiker, Geographe und Astronom, Joan Binimelis y Garcia, der für das Erschaffen eines kompletten Wachsystems rund um Mallorca (und der vorgelagerten Inseln Cabrera und Dragonera) verantwortlich war. Er plante ein sehr durchdachtes System von Türmen die so errichtet wurden, dass man von einem Turm den nächsten sehen konnte, und somit beim sichten eines feindlichen Schiffes mittels Rauch- (tagsüber) und Feuersignalen (nachts) die gesamte Insel warnen konnte. Die Signale gingen so von Turm zu Turm und innerhalb kürzester Zeit war die Runde der Insel komplett und man konnte sich auf den Angriff feindlicher Schiffe vorbereiten. Das System bestand aus insgesamt 51 Türmen auf Felsvorsprüngen und Inseln. Einige dieser Türme waren von kleinen Festungen umgeben (z. Bs. der auf der Insel Cabrera) um gleichzeitig als Schutz und Verteidigung vor bzw.- gegen die angreifenden Feinde zu dienen. Zur Verteidigung wurden Arkebusen (Vorderlader, Vorgänger der Musketen) genutzt. So wurde auch Puerto Andratx des öfteren erfolgreich gegen einfallende Mauren verteidigt.
Nicht zu beneiden waren die Wächter dieser Türme. Die Türme waren rund und hatten den ‘Eingang’ – eine kleine Öffnung - auf halber Höhe zu dem man mittels einer Seiltreppe kam. Die Wächter, zwischen 1 und 3 pro Turm, verbrachten viele Wochen in diesen Türmen, mit leidiger Verpflegung (die ihnen gebracht werden musste) und schlechter Bezahlung. Oftmals kamen sie bei Belagerungen bzw. bei Angriffen ums Leben.
Diese Wachtürme wurden bis ins 19. Jahrhundert genutzt. Im 20 Jahrhundert, nach dem spanischen Bürgerkrieg, nutzte die Guardia Civil (Zivilgarde, ein Militärskörper) die Türme um nach Schmugglern Ausschau zu halten, normalerweise bei Nacht. Einige der Türme sind seitdem zusammengefallen, aber viele bestehen noch, teilweise sogar renoviert. Einige der bekanntesten davon sind: Cala En Basset (Sant Elm), Es Verger (Banyalbufar), Cala Pi (Llucmajor), Cap Blanc (Llucmajor), S’Estalella (Estanyol/Llucmajor), Torre d’en Matzoc (Artá ), Cabrera (Insel Cabrera) und Albercutx (Formentor).