• Mausebaer120
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    Zielexperte/in für: ZE
    geschrieben 1320399483000

    Die Kläger buchten laut einer Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Anfang 2009 über einen Reiseveranstalter eine Kreuzfahrt, die Anfang 2010 hätte stattfinden sollen. Sie überwiesen, nachdem sie einen "Sicherungsschein für Pauschalreisen gemäß 651k des Bürgerlichen Gesetzbuches" des nunmehr verklagten Hamburger Versicherers erhalten hatten, jeweils über 7.400 EUR an den Reiseveranstalter.

     Anfang August 2009 teilte der Reiseveranstalter den Klägern mit, dass die Reise mangels Nachfrage nicht stattfinde. Bereits einen Monat später wurde durch das Insolvenzgericht die vorläufige Verwaltung des Vermögens des Reiseveranstalters angeordnet, Anfang Dezember 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Zur Rückzahlung des Reisepreises durch den Reiseveranstalter kam es nicht mehr. Der beklagte Versicherer lehnte eine Erstattung jedoch ab. Die Reise sei nicht aufgrund der Insolvenz des Reiseveranstalters ausgefallen, sondern weil sie von diesem mangels Nachfrage abgesagt worden sei. Das Risiko, dass der dadurch ausgelöste Rückzahlungsanspruch wegen Insolvenz des Reiseveranstalters nicht mehr realisiert werden könne, werde vom Wortlaut des Sicherungsscheins, der der gesetzlichen Formulierung in § 651k BGB folge, nicht erfasst. Ferner treffe die Kläger ein Mitverschulden, weil sie den Reisepreis bereits ein Jahr vor Beginn der Reise beglichen hätten, ohne dass sie hierzu verpflichtet gewesen seien. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Versicherung hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Reiserecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat diese Entscheidungen heute bestätigt. Ein Reisender, zu dessen Gunsten ein Reisepreisversicherungsvertrag gemäß § 651k des Bürgerlichen Gesetzbuches abgeschlossen worden ist, ist damit – so der BGH - auch gegen das Risiko absichert, dass nach einer Absage der Reise durch den Reiseveranstalter sein Anspruch auf Rückzahlung des vorausbezahlten Reisepreises aufgrund der Insolvenz des Reiseveranstalters nicht mehr realisiert werden kann.

     § 651k BGB ist auch auf diese Fallgestaltung anzuwenden, weil der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben aus Art. 7 der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen vollständig umsetzen wollte. Art. 7 der Richtlinie erfasst eindeutig auch den vorliegenden Fall, weil die Richtlinie vorschreibt, dass der Reiseveranstalter für den Fall seiner Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz die Erstattung gezahlter Beträge und die Rückreise des Verbrauchers sicherzustellen hat. Eine Kausalität der Insolvenz für den Reiseausfall muss daher weder nach europäischen noch nach deutschem Recht bestehen, es reicht vielmehr aus, dass infolge der Insolvenz dem Reisenden vom Veranstalter der vorausgezahlte Preis für die ausgefallene Reise nicht erstattet werden kann und der insolvente Reiseveranstalter naturgemäß auch zur Durchführung der Reise nicht mehr in der Lage ist. In diesem Sinne sind auch die zu Gunsten der Kläger abgeschlossenen Reisepreisversicherungsverträge zwischen dem Reiseveranstalter und dem beklagten Versicherer auszulegen, weil sie in ihren allgemeinen Versicherungsbedingungen auf die gesetzliche Regelung Bezug nehmen.

     Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Auslegung der Pauschalreise-Richtlinie hat der Senat wegen des klaren Wortlauts des Art. 7 und der bereits ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht für notwendig erachtet.

     

    § 651 k BGB lautet (auszugsweise): "(1)Der Reiseveranstalter hat sicherzustellen, dass dem Reisenden erstattet werden

     1.der gezahlte Reisepreis, soweit Reiseleistungen infolge Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Reiseveranstalters ausfallen, und

     2.notwendige Aufwendungen, die dem Reisenden infolge Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Reiseveranstalters für die Rückreise entstehen.

     Die Verpflichtungen nach Satz 1 kann der Reiseveranstalter nur erfüllen

     1. durch eine Versicherung bei einem im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmen oder

     

    2. durch ein Zahlungsversprechen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.(2) …

     (3) Zur Erfüllung seiner Verpflichtung nach Absatz 1 hat der Reiseveranstalter dem Reisenden einen unmittelbaren Anspruch gegen den Kundengeldabsicherer zu verschaffen und durch Übergabe einer von diesem oder auf dessen Veranlassung ausgestellten Bestätigung (Sicherungsschein) nachzuweisen. …

     (4) Reiseveranstalter und Reisevermittler dürfen Zahlungen des Reisenden auf den Reisepreis vor Beendigung der Reise nur fordern oder annehmen, wenn dem Reisenden ein Sicherungsschein übergeben wurde. …"

     Art. 7 der Richtlinie lautet:

     "Der Veranstalter und/oder Vermittler, der Vertragspartei ist, weist nach, dass im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder des Konkurses die Erstattung gezahlter Beträge und die Rückreise des Verbrauchers sichergestellt sind."

     

    Urteil vom 2. November 2011 – X ZR 43/11LG Hamburg – 334 O 249/09 – Urteil vom 19. August 2010

     

    OLG Hamburg – 9 U 154/10 – Urteil vom 29. März 2011

    und

    Urteil vom 2. November 2011 – X ZR 44/11

    LG Hamburg – 334 O 250/09 – Urteil vom 19. August 2010

    OLG Hamburg – 9 U 155/10 – Urteil vom 29. März 2011Karlsruhe, den 2. November 2011

     

    Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs( http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2011&Sort=3&nr=58025&pos=1&anz=174&Blank=1)

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  • Bulgarienfan
    Dabei seit: 1091923200000
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    geschrieben 1320482051000

    Tja Mausebaer, Grundsatzurteile vom EuGH zur Ausweitung des Schadensersatzanspruches bei Flugverspätungen/-stornierungen oder des BGH zur Erweiterung des Schutzes bei Insolvenz des RV scheinen hier nicht zu interessieren. Wundert mich auch.

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  • Mausebaer120
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    Zielexperte/in für: ZE
    geschrieben 1320482359000

    Guten Morgen Bulgarienfan :D

     

    Ich stelle solche Urteile auch nicht unbedingt zum diskutieren ein, sondern eher zum informieren.

     

    Wenn jemand diskutieren möchte oder ein Problem in dieser Richtung hat - nur zu, dafür ist ein Thread bzw. Forum ja da. Wenn nicht - auch nicht schlimm. Aber die Info ist erfolgt und nur das war mir wichtig ;)

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  • Bulgarienfan
    Dabei seit: 1091923200000
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    geschrieben 1320483799000

    Natürlich ist die Information das Wichtigste. Aber laut "Unterforumstitel" geht es hier um Meinungen.  Nicht dass wir da mit reinen Infos ot geraten und womöglich sogar gelöscht werden!  :p

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  • HC-Mitglied985931
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    gesperrt
    geschrieben 1320500425000

    Mich hat es sehr interessiert, da es für mich bei der ITS-Sache letztes Jahr hätte relevant sein können, aber da hat die R+V "von sich aus" diesen Weg beschritten!

     

    Kurz zur Erklärung, hatte auf Angebot des Reiseveranstalters, wegen Bauarbeiten im Hotel, das Angebot der kostenlosen Stornierung angenommen und kurze Zeit später hat ITS Insolvenz angemeldet. Nach Intervention des Vermittlers hat der Versicherer das Geld relativ zügig,d.h. ohne langatmige Prüfung, überwiesen.

     

    Ist zwar nicht genau dem Urteil entsprechend, aber m.E. schon ähnlich gelagert.

     

    OT:

    Ich wüsste wen, die dazu bestimmt gerne diskutieren würde, aber sie ist ja leider nicht mehr da :(

  • gastwirt
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    geschrieben 1320503180000

    Bist du dir sicher, dass du von ITS sprichst? :frowning:

  • HC-Mitglied985931
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    geschrieben 1320505092000

    Danke für Deine Aufmerksamkeit, Marcel :kuesse:

     

    Natürlich war FTS gemeint! Sorry, wollte hier keinem anderen Veranstalter eine "Pleite" andichten :(

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