Lieber Manfred,
man muss hier zwei Dinge auseinanderhalten:
a) das Pauschalreise-Recht
die Fluggastverordnung
Beiden können unanbhängig voneinander angewendet werden.
Das Urteil musst du daher unter dem Gesichtspunkt sehen, dass der Konsument sein Recht wahrgenommen hat, sich an die Fluglinie zu wenden. Was wir ja beide nicht wissen, ob er nicht paralell auch eine Reklamation an den Veranstalter geschickt hat und dort aus dem Titel Gewährleistung etwas zurück gefordert und erhalten hat.
Dass es für die Fluggesellschaft ungerecht ist, bestreite ich aber nicht. Nur - die kann ja durchaus, wenn diese Angaben zutreffen, sich das Geld vom Veranstalter wieder holen.
Eine fiktive Annahme: der Veranstalter muss aus welchen Gründen auch immer, mit der geplanten Maschine andere Personen als die gebuchten befördern und versucht mit der Aussage: Überbuchung Kunden zur Nutzung eines anderen Fluges zu überreden. Weil: die Fluglinie zwar noch Plätze hat, diese aber nicht zum vereinbarten Preis mehr geben möchte (Vereinbarung könnte heißen: Veranstalter X bekommt Y Plätze auf der Maschine zu Z Preis - weitere Plätze nur teurer).
Soweit so klar. Nun hat aber der Kunde ein gültiges Flugticket (nebenbei: es bedarf keines papierernen Tickets, um die Transportpflicht erfüllen zu müssen: alleine das Vorhandensein der Buchung im Computer der Fluglinie verpflichtet diese zum Transport des Passagiers!). Und er kann ja nicht feststellen, wer nun wirklich den Fehler gemacht hat.
Daher hat aus Kundensicht der Rechtsanwalt richtig entschieden und gesagt: die Transportpflicht wurde verletzt, daher ist die Fluggastverordnung primär anzuwenden.
Hätte er den Veranstalter geklagt, könnte man nur aus dem Titel Gewährleistung Forderungen stellen - im Konkreten maximal erlittenen finanzielle Nachteile (bei 10 Stunden ein paar Euro Essen und Trinken) sowie eine Entschädigung von 5 - 10 Prozent vom anteiligen Tagespreis - aber KEINE € 600.--.
Und das ist nun einmal so: hier die Rechte der Konsumenten - dort die Rechte der Veranstalter.
Ich stehe wirklich auf keiner der beiden Seiten. Aber rein aus der rechtlichen Seite ist das Urteil korrekt und nicht unfair.
Nebenbei: es gibt in vielen gerichtlichen Verfahren Wahlmöglichkeiten, WAS man und WELCHEM Titel einklagt. Erfahrene Rechtsanwälte werden immer so wählen, wie es für seinen Mandanten am besten ausgehen wird - dafür wird er ja auch bezahlt. Man muss das auch so, trocken, sehen.
Macht das der Veranstalter öfters wird sich die Fluglinie überlegen müssen, ob sie überhaupt mit diesem noch zusammenarbeiten möchten. Auch das ist ein natürlich Wirtschaftsprozess. Und ist sie die Schwächere, hat sie Pech. So wie auch oft Kunden Pech mit ihren Forderungen haben.
Meint
Peter