Hallo zusammen
Kürzlich habe ich eine “Hommage” an meine Heimatstadt Bern in dieses Forum gestellt.
Nun bin ich frustriert, habe schlaflose Nächte und frage mich immer wieder, warum?
Was ist passiert? Ein kürzlich gelesener Artikel eines gewissen “Guido Mingels” (Redaktor: “Das Magazin“) und Exilwahlberners hat mich im innersten aufgewühlt und meinen Glauben, in einer lebenswerten Stadt zu wohnen in den Grundfesten erschüttert.
Schweizerinnen und Schweizer, die diese Zeilen lesen, werden je nach Optik meinen Frust teilen oder Guido Mingels zustimmen. Bei Ausländerinnen und Ausländern, die mein Statement verwundert zur Kenntnis nehmen, Bern nur vom Hörensagen kennen und nur noch Bahnhof verstehen, entschuldige ich mich in aller Form. Aber jetzt eins nach dem andern “nume nid jufle!”.
Guido Mingels stellt mal ganz nüchtern fest: Bern ist keine Stadt, sondern ein Zustand, und der ist schwer auszuhalten. Und weiter: Wer aus Bern herausfällt, kehrt nie mehr zurück. Nun, unser guter Guido ist aus Bern herausgefallen und kam zurück, wenn auch nur auf Besuch. Liebevoll beschreibt er die Anfahrt via die Autobahn, vom Grauholz hinunter ins Berner Becken, vergleichbar mit dem Abstieg in den Krater eines erloschenen Vulkans. Die Sandsteinhäuserreihen vergleicht er mit einem Skelett eines gewaltigen, längst ausgestorbenen Tieres. Durch die Gassen stolpern die Bernerinnen und Berner gebeugten Hauptes über die Pflastersteine, die sie hindern an einem aufrechten Gang. Weiter stellt er fest, dass der alternative Dresscode der Stadtjugend nervt. Nur ja nicht chic sein, sagt der Berner, nur ja nicht eitel. Also um das klarzustellen, Guido meint, dass wir das sagen. Und dann geht es weiter, hinunter an die Aare, wo es so schön war, früher, man konnte sich treiben lassen, wie tout Bern es immer noch tut im Sommer. Und dann die erstaunliche Erkenntnis von Guido: Wer sich treiben lässt, muss nicht schwimmen. Hätten die Berner einen See, sie würden ertrinken. Unseren traumhaften Wohlensee hat er glatt unterschlagen!
Jetzt ist aber unser Guido im Element. Bern sei verliebt, verliebt in seinen Sandstein, der Zeugnis gibt von alter Größe. Bern sei verliebt in seinen Dialekt, den süß-singenden urigen. Nicht zu vergessen aber auch die Verliebtheit der Berner in ihre Verlierer: Die kauzigen Altstadt-Kleingewerbler, die Antiquitätenhändler in den feuchten Kellergewölben, das hässliche Verliererquartier Bümpliz und natürlich die Young Boys unsere “Tschütteler”.
Zum Schluss erwähnt Guido noch die 18 000 Beamten und heutigen Bundesangestellten resp. New Public Manager (tönt nicht schlecht!), die in der Bundesverwaltung arbeiten. Selbstverständlich gezwungenermaßen , sei doch die Bundesverwaltung der einzige Grund, warum gutausgebildete Berner in Bern bleiben oder Nicht-Berner wiederwillig nach Bern ziehen. Warum bleiben diese klugen Köpfe ohne jeden positiven Einfluss auf das Leben, auf die Mentalität in dieser Stadt, fragt sich der liebe Guido entnervt und gibt auch gleich die Antwort: Weil den Bernern alles Elitäre fremd ist! So jetzt wissen wir es.
Ja unser Guido Mingels, ein begabtes “Schreiberlein” und ein Name den man sich merken muss, hat sich von Bern gelöst und lebt und arbeitet nun in Zürich, der Stadt des Geldes und der Elite wie er so schön sagt. Und dort soll er auch bleiben!
Gruß
Pesche