Wer eine Reise in einem schrottreifen Train mag und die vermutlich scheußlichsten Abstellplätze die Südafrika zu bieten hat, liebt (angeblich aus Sicherheitsgründen sehr viel wahrscheinlicher aber aus Kostengründen), der ist hier vor allem auch dann richtig, wenn klaustrophobische Erfahrungen die Reise zusätzlich veredeln sollen.
Schon die Ankunft am Standort des Shongololo nach einer 45 minütigen Fahrt im Kleinbus vom Flughafen Johannesburg wurde mit einem Schock-Erlebnis belohnt. Unsäglich diese Anmutung von Schrott und Müll. Dafür aber Hunde, die das Gelände sichererer machen und die so lieb sind (ja nicht streicheln, denn sie sind nicht sauber, wie uns Reiseleiter Jörg einschärfte), dass dieser erst mal gebissen wurde und sich in einem Krankenhaus in Johannesburg mit Tetanus und anderen Spritzen ärztlich versorgen lassen musste.
Dann unser Comodore-Abteil. Es liegt in der Natur der Fotographie einen solchen Unterschied zwischen Foto und Realität zu zaubern. Das erste Hinsetzen auf das mir zustehende „Bett“ wurde von diesem mit wütendem Gequietsche quittiert und so deutlich gemacht, schlafen ist nicht. Wir wussten da ja noch nicht, dass die Zuggeräusche beim Fahren und Stehen ohne Oropax zur Qual werden. Über die Ausstattung unseres Commodore-Abteils bereiten wir gene sen Mantel des Vergessens. Dusche und WC waren jedenfalls vorhanden. Genauer hinsehen- lieber nicht.
Leider suchten wir unter dem Bett mit der Taschenlampe nach einem verirrten Schuh- das Bild das sich bot lies nur noch Fluchtgedanken zu. Nach heftigem Protest wurde sowohl für das quietschende Bett als auch unter dem Bett Erträglichkeit geschaffen. Zur Flucht war es eh schon zu spät. Ach hätten wir dies doch alles vorher gewusst. Good Hope- wie wahr.
Unser Reiseleiter Jörg, ein - ursprünglich - Deutscher, der mit Freude und innerer Überzeugung seinen deutschen Pass an Frau Mertel (so nannte er Angela Merkel hartnäckig trotz entsprechender Hinweise) zurückgegeben hatte. Mit großer Erfahrung, nimmermüdem Einsatz und ebenso deutlichem Sendungsbewusstsein erklärte uns Südafrika, Gott und die Welt, die Religionen und- die Politik („…you`re the Judge…“). Ein großartiger Oberlehrer („…sonst begreift Ihr das nicht…“) ging da bedauernswerterweise verloren („…ich bin nicht der Fahrer, sondern Euer Freund…“). Oft wirklich Kabarett-reif. Aber er machte den Shongololo zumindest erträglich.
Süd-Afrika ist ein großartiges Land und Shongololo-Express ist für abgehärtete Luxusverweigerer und Zivilisationsgegner ideal.
Ach ja, der „Train-Höhepunkt“: Drei Nächte im wunderschönen Kapstadt, aber im Shongololo- „Loch“, wie Jörg – unser Reiseleiter - sich über den Standort im Bahnhof von Kapstadt ausdrückte. Unglaublich. Aber aus Sicherheitsgründen erforderlich. Nun denn.
Apropos Sicherheit: Hier hört dann doch jede Toleranz (November 2012) auf. Der Zug besteht überwiegend aus Eisen, Holz und Stoff-Bezügen. Es gibt kein Notrufsytem, keine Möglichkeit, sich aus den Abteilen bemerkbar zu machen. nur den Hinweis auf Feuerlöscher, und die beruhigende Information, dass sich die ansonsten aus Schutz vor Übergriffen von außen fest verriegelten Türen im Notfall von innen öffnen lassen. Tröstlich bei voller Fahrt in der Nacht und endlos langen Wegen zu den „Gesellschaftswagen“.
So wie er ist, ist der Shongololo im erlebten Zustand einfach nur schrottreif. Dies auch dann, wenn seine Grundkonzeption (Kreuzfahrt mit eigenen Fahrzeugen und Reiseleitern) es durchaus verdient hätte, in die heutige Zeit entwickelt zu werden.
peagri im November 2012