Hallo,
ein Verwandter von mir hat früher als Tourmanager (so nannte er sich) für eine weltweit tätige Reiseagentur mit Sitz in NY deutschsprachige Touristen in den USA betreut. Da er finanziell unabhängig war, hat er diesen Beruf aus reinem „Spaß an der Freude“ ausgeübt, er war also sehr motiviert.
Betreut hat er Touristen, die über bestens bekannte Reiseveranstalter Rundreisen von NY quer durch den Wilden Westen bis nach California oder auch bis nach Florida gebucht hatten.
Ich hatte einige Male die Gelegenheit, ihn für ein, zwei oder drei Tage zu begleiten, wenn er z.B. im Bus mit den Touristen unterwegs war. So in Miami und Orlando, in San Francisco, im Yosemite NP, Las Vegas und am Grand Canyon. Da er sehr engagiert war, hat er meines Erachtens seine Sache wirklich sehr gut gemacht, er hat sehr umfassend informiert, auch ohne dass Fragen gestellt wurden, hat aber auch alle Fragen beantwortet. Dabei war er stets sehr höflich, ruhig und geduldig.
Beim genauen Zuhören sind mir allerdings „Formulierungen“ aufgefallen und als ich ihn später fragte, ob mir diese „Formulierungen“ zu recht aufgefallen seien, hat er mir dann einiges erzählt, was er und auch seine Berufskollegen im Laufe der Jahre mit Touristen erlebt haben. Touristen, die ständig zu spät am Bus erscheinen und so die Abfahrt des bereits vollbesetzten Busses hinauszögern, sind da noch harmlos. Aber auch Touristen, die auch schon mal gegenüber Tour-Guides ausfallend werden, oder auch schon mal lautstark das gesamte amerikanische Volk verunglimpfen. Oder auch Touristen, die mit keinem 4*-Hotelzimmer und mit keinem Restaurant zufrieden sind. Oder Touristen, die während des Info-Vortrages durch den Tour-Guide nicht zuhören, weil sie sich mit anderen Touristen unterhalten und dann anschließend sagen, man hätte ihnen ja gar keine Infos gegeben. Es gab auch Touristen, die auf Rundreisen immer wieder versucht haben, mit Geldzuwendungen zu erreichen, dass mein Verwandter „seine Beziehungen“ spielen lassen würde, um durch ihn an eine GreenCard zu kommen (was natürlich völliger Blödsinn war).
Allerdings hat er ausdrücklich erwähnt, dass die meisten Touristen sehr freundliche Leute sind, die keine Probleme bereiten.
Es gibt also auch bei den Touristen die (vielleicht sogar wenigen) Ausnahmen, über die sich ein Tour-Guide anschließend beklagen könnte. Und vielleicht sind es genau diese Leute, durch deren Verhalten Tour-Guides ihr eigenes Verhalten vielleicht irgendwann auch mal ändern. Was wiederum zur Folge haben könnte, dass Touristen sich eventuell durch das geänderte Verhalten der Tour-Guides sich nicht mehr gut beraten fühlen !?!?
Ich reise individuell, d.h. ich habe vor Ort keinen Tour-Guide, kann also nur auf die wenigen Erfahrungen zurückgreifen, die ich machen konnte, wenn ich mit dem Verwandten mal tageweise unterwegs war. Auf diesen Touren sind mir niemals irgendwelche negativen Dinge aufgefallen und alle mitreisenden Touristen schienen mit dem Tour-Guide zufrieden zu sein – und dass, obwohl er stets auf Distanz blieb. So hat er jedes „Du“ abgelehnt und er war nach seinem Feierabend für die Touristen nicht mehr zu sehen, zum Frühstück ist er bereits erschienen, wenn die Touristen noch im Bett lagen – all das, wie er sagte, aus guten Gründen nach langen Jahren der Erfahrung mit (einigen) Touristen.
LG Hardy