Das ist ein "Kein-Kuba-Kenner-Reisebericht"
Mittwoch, 21.01.2009
Ich fliege nie wieder an einem Mittwoch nach Kuba. Man ist über 20 Stun-den unterwegs, bis man in Santiago de Cuba angekommen ist.
Der Flug war sehr angenehm. Maschine landete pünktlich um 21:15 Uhr in Holguin. Bei der Einreise gab es keine Probleme. Habe jedoch erst einmal kurz meinen Koffer durchgesehen, ob alles noch vorhanden ist. Und siehe da, in Frankfurt hat ein Beauftragter der Fluggesellschaft meinen Koffer geöffnet. Es bestand der Verdacht auf Transport eines Gefahrgutes und es wurden zwei Feuerzeuge entfernt. Die zwei Feuerzeuge die ich in der Hose und zwei weitere im Handgepäck hatte, hat niemanden interessiert. Um 21:30 Uhr konnte ich glücklich den Flughafen von Holguin verlassen. Um 22:00 Uhr ging es dann los mit dem Bus nach Santiago. Kurz nach Mitter-nacht kam ich dann auf dem Plaza de Marte im Hotel "La Libertad" in San-tiago an (klick). Dann noch einen Kaffe mit dem Nachtportier und ich konnte nach ca. 30 Stunden ohne Schlaf, gegen 02:00 Uhr, endlich ins Bett.
Es wird eine schlimme und kurze Nacht werden; die Steckdosen neben dem Bett funktionieren nicht. Sie sind für mich wichtig, da ich für den Schlaf ein Therapiegerät benötige. Der Concierge Fidel verspricht Abhilfe für den kommenden Tag.
Donnerstag, 22.01.2009
Nach fünf Stunden Schlaf weckten mich ein gigantisches Hupkonzert und die "frische" Morgenluft von Santiago mit ihren lieblichen Gerüchen. Lust-lose Gesichter begrüßten mich zum Frühstück im Restaurant. Das kann ja heiter werden.
Nach dem Frühstück kam der Hausmeister und ein Elektriker und nahmen sich dem Problem der Steckdosen an. Es stellte sich heraus, dass die Steckdosen in einer Reihen-Wechsel-Schaltung angeschlossen waren. Es gab an jedem Bett zwei Steckdosen. Für jedes Bett war eine Steckdose mit einer Nachttischlampe belegt. Die zweite Steckdose war frei. Schaltete man nun eine Nachttischlampe an, schaltete sich die andere Nachttisch-lampe auch mit an. Schaltete man dann eine der beiden Lampen wieder aus, waren auch alle anderen drei Steckdosen an den Betten ohne Strom. Somit konnte also mein Therapiegerät nicht funktionieren. Das Problem war nach einer halben Stunde gelöst. Die Steckdosen wurden umge-klemmt. Keiner konnte sich erklären, was da für ein Fusch gemacht wur-de.
Am Vormittag fahre ich ins Hotel "Melia Santiago" (klick) um kurz zu Hause anzurufen und Geld zu tauschen. Kurs: 1 € = 1,1716 CUC.
Am frühen Nachmittag fahre mit einem Taxi in einen Stadtteil von Santia-go: Chicharrones (klick). Dort besuche ich Freunde eines Forums-Mitgliedes, für die ich etwas mitbringen sollte. Chi-charrones ist ein Stadtteil von Santiago, vor dem ich gewarnt wurde, ihn allein zu betreten. Es wäre dort für einen einzelnen Touristen nicht unbe-dingt sicher. Mein Taxifahrer Angel (klick)brachte mich aber sicher nach und durch Chicharrones. Ich wurde von der Familie herzlich begrüßt. Bei Rum und Smalltalk warteten wir auf den Hausherren. Nach einer Weile begaben wir uns mit der Flasche Rum vor das Haus. Dort beo-bachtete ich das Leben auf der Straße und studierte die unmittelbare Nachbarschaft (klick). Der spielende Jun-ge mit seinem selbstgebastelten Drachen (klick) erinnerte mich an meine eigene Kindheit. Damals bastelte ich mir meinen Drachen auch aus dem Parteiorgan. Die Flasche Rum neigte sich dem Ende zu – aber ich ha-be ja Zeit. Der Hausherr kam und ich überreichte ihm die Mitbringsel. Noch etwas Smalltalk und Rum und Angel fuhr mich zum Hotel zurück. Es war ein schöner Start in meinen vierwöchigen Urlaub.
Am späten Nachmittag bekam ich im Hotel Besuch. Die nächsten Mitbring-sel eines Forums-Mitgliedes wollten überreicht werden. Anschließend ging ich auf Einkaufstour. Wasser und Zigarren standen auf meiner Einkaufslis-te. Der Taxifahrer Angel organisierte drei "Pack El Credito". Dieses Mal ge-fielen mir diese Zigarren ganz und gar nicht. Ich fahre zur Zigarrenfabrik am Hafen (klick) u. (klick) u. (klick). Dort wartete ich in einer Ecke auf eine Kontaktaufnahme. Dauerte auch nicht lange. Ich wur-de heran gewunken und ein Mitarbeiter fing rein Zufällig eine nichtssagen-de Unterhaltung mit mir an. Dabei zog ich meinen schwarzen Einkaufsbeu-tel aus meiner Hosentasche und reichte ihm diesen. Jener Mitarbeiter gab den Beutel an eine Kollegin weiter und fünf Minuten später gab er mir den Beutel gefüllt zurück. Der Preis für die 50 Zigarren betrug 15 CUC. Es wa-ren Zigarren ohne Namen. Ich nehme meinen Beutel und gehe neben an in die "Casa de Habana". Dort probiere ich eine wahllose Zigarre aus mei-nem Beutel bei Rum und Wasser. Der Mitarbeiter aus der Zigarrenfabrik möchte gerne ein Bier trinken. Er bekommt es. Ich bin zufrieden mit der Zigarre und gebe dem Mann die vereinbarten 15 CUC. Man verabschiedet sich bis zum nächsten Mal.
Anschließend ging ich ins "Melia Santiago" zur Happy Hours. Dort traf ich den Koch vom letzten mal wieder. Ihm hatte ich versprochen Wörterbü-cher und Grammatikkurse mitzubringen. Bei Rum und Zigarren nahm der ungesunde Lebenswandel seien weiteren Lauf.
Abends geht es dann in die "Casa Artex". Das "Artex" ist meine Lieblings-Musik-Casa. Durch den schönen Innenhof (klick) u. (klick) hat man auch bei höheren Temperaturen immer eine angenehme Kühle sowie ein schattiges Plätzchen. Ein herzliches Willkommen wird mir entgegengebracht. Man er-innert sich noch nach zwei Jahren an mich. Was muss ich wohl für einen Eindruck hinterlassen haben? Im Artex treffe ich meinen alten Freund Ru-dy. Er war der Bassgitarrist von "Portela y su Tipico Oriental". Jedoch ist der Bandleader letztes Jahr an Krebs gestorben und die Band hat sich wei-testgehend aufgelöst. Rudy möchte sich ein Stimmgerät für seine Bassgi-tarre kaufen. Sein Musikerkollege hat das Gerät dabei. Es wird von allen Anwesenden begutachtet – auch von mir. Das Gerät solle 20 CUC kosten. Rudy fragt mich, ob ich mich mit 10 CUC an seinem Wohle beteiligen wür-de. Ich gebe ihm die ganzen 20 CUC. Und er ist überglücklich. Schließlich helfen sich doch Musiker gegenseitig.
Freitag, 23.01.2009
Die Rache des vielen Rauchens schlägt heute zu. Gepaart mit den liebli-chen Abgasen der Autos habe ich seit Ewigkeiten mal wieder richtige Asthmaprobleme. Meine Lungenärztin wir Freudensprünge machen.
Im Restaurant bedient eine bekloppte Pute die mehr mit der Pflege ihren Fingernägeln beschäftigt war als mir ungeteilte Aufmerksamkeit zu schen-ken. Aber nach geduldigen 15 Minuten war sie dann vollends für mich da. Geht doch! Anschließend setzte ich mich auf den Plaza de Marte und kämpfe mit meiner Atemnot und meiner Morgenzigarre, während ein ein-samer Jogger seine Runden um den Platz macht. Immer schön hinter der Abgaswolken der LKWs und Busse her.
Am Vormittag besuche ich eine Sportschule für Fechten und Gewichthe-ben. Es ist sehr beeindruckend, unter welchen Bedingungen und mit wel-chen Gerätschaften dort Trainiert wird (klick). Und wieder schlägt mir eine Herzlichkeit entgegen. Was der doofen Pute im Restaurant fehlt, gibt es anderweitig vermehrt. Welch ein Glück! Auf meinem Rückweg ent-decke ich eine Druckerei (klick), in der mit histori-schen Maschinen aus Heidelberg (klick) gearbeitet wir (klick). Und wieder schlägt mir eine Herzlichkeit entgegen. Bereitwillig erklärt man mir die Arbeitswei-se an den Maschinen. Es wird viel gelacht und ich fotografier die alten Ma-schinen. Warum gelacht wird weiß ich nicht wirklich – vielleicht über den dicken Yuma, der sich unerklärlicherweise für so alte Maschinen interes-siert.
Ein Jinetero, der permanent vor meinem Hotel in Santiago herumlungerte, verfolgte mich über den Plaza de Marte bis zum Supermercado (klick) und kam hinter mir mit in den Supermercado hinein. Er wollte mir da drinnen einen rosa-violett gefärbten 50-Euro-Schein andrehen. Ich sollte ihm dafür 50 CUC geben, da er angeblich auf der Bank keine Euros in CUC umtauschen darf. Ein kurzer Blick hatte gereicht um zu erkennen, dass es ein saumäßig ko-pierter Geldschein war. Ich habe ihm nur kurz einen Vogel gezeigt.
Heute Abend besuche ich zum ersten Mal die Dachterrasse mit der Bar "Cachita". Es waren nur Einheimische anwesend – dafür waren alle besof-fen. Sie saufen zwar viel, können aber leider nichts vertragen. Eigenartig, wie viel Kubaner eine Menge CUC besitzen und mit vollen Händen ausge-ben. Wahrscheinlich wird mir dieses Geheimnis auf Immer und Ewig ver-schlossen bleiben. Es wird wohl nicht das einzige kubanische Geheimnis bleiben, welches ich ungelöst mit nach Hause nehmen werde.
Dann lernte ich "Papa" kennen. Papa ist alt und selbstverständlich total voll. Er bat mich ihm für 220 CUP 10 CUC zu geben. Das habe ich natür-lich gemacht. Als Dank gab es gegrillte Schweineschwarte und salziges Keksgebäck. Dann wollte er mir noch eine Tüte kubanischen Kaffee ge-mahlen schenken, welche ich jedoch ablehnte. Der Kaffe-Mangel ist ja wohl bekannt. Ansonsten gab es vier Stunden Spanischunterricht, wobei ich, kaum ein Wort verstand. Jedenfalls haben wir alle schön gelacht. Bei Reggeaton, traditioneller Musik, Boxen, Basketball und Baseball verließ ich die Bar nach zwölf Mojitos. Die Bar-Crew machte große Augen, wo das al-les hingegangen ist; immerhin waren da ca. drei Doppelte drin. Ich wie-derum machte große Augen, dass die Rumflasche nie leer wurde. War nur noch einviertel Rum in der Flasche, wurde sie in einem Hinterzimmer wie-der aufgefüllt. Was soll’s! Gute Nacht!
Samstag, 24.01.2009
Das allmorgendliche Hupkonzert lässt mich nicht lange schlafen. Ohje, mein Zimmerschlüssel ist weg. Panikattacken machen sich breit. Wo ist bloß der Schlüssel??? Er steckt von außen an der Tür...Puh!...Und der Schädel tut weh. Ich werte es als Rache der vielen Mojitos.
Nehme mein zweites Frühstück an der Lobbybar (klick). Eine Zigarre, drei Cafe con Leche und jeweils einen Rum dazu. Dabei beobachtete ich die Toilettenreinemachfrau. Sie trinkt ein Glas Wasser voller Eiswürfel. Als das Glas leer war, warf sie aus pflichtbewusster Sparsamkeit die Eiswürfel zu-rück in den Eisbehälter. Einfach nur Genial. Dem Kellner aus der Lobbybar schenke ich zwei Magnetschilder mit Havana-Club-Motiven. Er heftet sie an den Kühlschrank. Wenige Zeit später werden die zwei Magnetschilder auf immer und ewig in der eigenen Tasche verschwunden sein. Beim Zweitfrühstück lerne ich einen Grazer kennen; einen recht angenehmer Zeitgeist. Wir werden uns in den nächsten Tagen noch recht angenehm und angeregt unterhalten. Er ist Bayern-München-Fan. Was es doch alles so gibt!?
Am Nachmittag bekomme ich Besuch. Für einen Bekannten habe ich Me-dikamente mitgenommen, die nun seine Familie aus Guantánamo bei mir im Hotel abholen möchte. Kurzer Smalltalk und ich habe nun alle meine Kurier-Verpflichtungen gegenüber anderen erfüllt.
Anschließend besuche ich eine klassische Tanzschule für Ballet "Casa del Estudiante – Josue Pais Garcia" in der Calle Heredia (klick). Sie wird gerade restauriert. Bereitwillig wird mir über die Arbeiten berichtet. Da es an Al-lem mangelt, sitzen die Mitarbeiter da und verlieren sich in Langeweile (klick). Wenn dann mal al-les wieder fertig ist wird in dieser Casa getanzt und auch wieder Theater-stücke aufgeführt.
Auf meinem weiteren Weg entdecke ich zwei Schnitzhandwerker (klick) bei der Arbeit. Ich gebe eine Schnitzplastik für meine Freundin in Auftrag. Anfänglich über-legte ich, ob ich selber Modell stehe sollte, dann entschied ich mich aber für etwas Schlimmeres. Der eine Schnitzer zeigt mir eine Bleistiftskizze und ich entschied mich für diese Plastik. Weiter möchte ich nicht darauf eingehen, um was es sich für eine Plastik handelt. Die Arbeit würde jedoch mehrere Tage in Anspruch nehmen – aber ich habe ja noch fast eineinhalb Wochen in Santiago de Cuba. Dann gab man mir zu verstehen, dass ich gerne ein Bild von den Zweien machen darf und sie sich über einen CUC freuen würden – natürlich für jeden der beiden einen CUC.
Am Abend, gegen achtzehn Uhr, war ich glücklicherweise rechtzeitig im Hotel, als der Himmel seine Schleusen öffnete und ein gigantischer Wol-kenbruch sich über Santiago erströmte. Zum Glück hatte ich meine Tau-cherflossen mit in den Urlaub genommen. Somit konnte ich mühelos durch die Lobby und durch mein Zimmer schwimmen (ist natürlich übertrieben). Aber der Regen war so heftig und es ging ein starker Wind, dass das Re-genwasser durch das undichte Fenster in meinem Zimmer gedrückt wur-de. Es war wirklich alles pitschenass. Zum Glück war zwei Stunden später der Spuk vorbei.
Auf geht’s ins "Casa Artex". Heute spielt "Morena Son" (klick). Nicht bekannt durch Rundfunk und Fernsehen, sonder von meine Letzten Aufenthalt im Jahre 2006/2007. Ein riesengroßes "hola-buenas tardes-hola" mit Bussi links und Bussi rechts beginnt. Ich hole die Fotos von 2006 hervor. Jubel und Freude dringt durch das "Artex". Man bedankt sich höflich und widmet sich einem Schluck Rum zur Freundschaftsbekundung. Aus regenwasser-technischen Gründen wird das Konzert vom Innenhof in das innere der Casa verlegt, was natürlich für die Stimmung kein Hindernis darstellt. In der ersten Pause beginnt dann das große Fotoshooting der Damen – inklu-sive Bussi links und Bussi rechts.
Nach dem ich nun dank Adi Dassler es geschafft habe halb Santiago mit Schlüsselbändern ausstaffiert zu haben (klick), sowie drei Kilo-gramm Süßigkeiten an das Kindervolk eines Kindergarten und einer Schu-le ausgeliefert habe, bekam ich auch ein Gastgeschenk. Als Dank erfolgt die kollektive Aufnahme in das "Colectivo Vanguardia Nacional" (klick) im "Casa Artex". Begossen wurde es mit einer Flasche Rum (klick). Wie sollte es auch anders sein.
Pünktlich um Mitternacht ist sozialistischer Feierabend im "Artex". Man kann betteln, bitten und flehen – es gibt keine Zugabe. 2006/2007 war das meines Erachtens noch anders gewesen. Da ging es bei weitem bis nach Mitternacht.
Nun dann – dann geht es eben zurück ins Hotel, wo auf der Dachterrasse Mojito, Reggaeton auf mich warten. Diverse Gäste aus dem "Artex" haben sich auch schon bereits auf der Dachterrasse eingefunden. Jedoch ist um zwei Uhr dort auch alles aus und vorbei. Zum Tagesabschlusssaft und zum Tagesabschluss-Smalltalk gehe ich in eine 24-Stunden-Bar am Plaza de Marte (klick). Die drei Angestell-ten und die zwei weiteren Gäste erzählen mir mit Sicherheit etwas über ihre Alltagsprobleme – ich verstehe jedoch kein einziges Wort. Trotzdem haben wir viel gelacht, geraucht und lecker Saft getrunken. Nun musste ich mir auch keine Sorgen mehr machen, was ich mit meinen 220 CUP an-fangen soll. Gegen vier Uhr erteile ich mir dann die selbstverordnete Nachtruhe.
Sonntag, 25.01.2009
Der Tag an dem die Höflichkeit und Freund-lichkeit ausgerottet wurde
Kein Hupkonzert weckte mich heute Früh. Ich gönnte mir den Schlaf bis neun Uhr in der Früh. Die Sonne scheint und es verspricht ein schöner Tag zu werfen. Aber ich sollte mich bald gewaltig irren.
Dann begann die Ausrottung:
Die blöde Kuh ist wieder im Restaurant und serviert kein Frühstück. Ir-gendwann bringt mir eine andere Dame lustlos meine Spiegeleier und eine Tasse Cafe con Leche. Da ich ein höflicher Mensch bin, sage ich immer "gracias" und "por favor". Doch die Beiden Damen zogen ein Gesicht wie zwei "Bullenbeißer".
Die endgültige Ausrottung erströmte sich in einem grandiosen Finale:
Ich bestellte eine zweite Tasse Kaffee. Aber aus unerklärlichen Gründen gab es keine zweite Tasse Kaffe. Irgendwie wäre wohl kein Kaffe mehr da. Höchst unglaubwürdig!! Nach fünf Minuten kommt doch die blöde Kuh mit zwei großen Kannen an: Links mit heißer Milch und Rechts mit frischen Kaffee. Auf meine wiederholte höfliche Bitte: "Un café con leche, por fa-vor." Man gestikulierte mir, dass ich keine zweite Tasse Kaffee bekomme. Aus!! Basta!!
Das war’s!!!:
Ich klatsche wutentbrannt das Besteck auf den Tisch und verlasse frust-riert das Lokal. Am liebsten hätte ich den zwei Damen aus den Spiegelei-ern und den Melonenstücken, sowie aus dem Geschirr und dem Besteck eine Mütze gebastelt. Die zwei Damen erhalten von mir nie wieder ein "Bitte", "Danke", "Guten Morgen", "Guten Tag", "Auf Wiedersehen" etc. pp. Am Boden zerstört widme ich mich an der Lobbybar bei Ron, Cafe con Leche und Spiegeleiern meinen Tagebuchaufzeichnungen. Die nette Lady an der Bar bemerkte meine Trübsal und gab mir eine Bussi links und einen Bussi rechts. Ausrottung vorerst beendet!!!
Da das mit dem Kaffe nicht reichte, verschlechterte sich nun auch noch das Wetter. Eigentlich wollte ich heute nach Siboney zum baden fahren. Diese fällt nun auch noch aus. Schade!
Man sollte ja sowieso den Sonntag heilig halten und einfach nichts tun. Ich beobachte bei eins, zwei, drei, vier, vielen Mojitos das gesellschaftliche Leben auf dem Plaza de Marte. Es lebe das süße Nichtstun! Ich bin faszi-niert, mit was für uns einfachen Dingen sich die kubanischen Kinder ver-gnügen, beschäftigen bzw. spielen. Mit einem alten klapprigen Fahrrad, mit einer Toilettenpapierpapprolle oder mit einem selbstgebastelten Pa-pierdrachen aus der "Oma" können sich diese Kinder noch gegenseitig be-geistern. Schön!
Der Saft von letzter Nacht wirkt sich heute mit einem lieblichen Durchfall aus. Da kommt doch die Ruhe zur Auskurierung bestens gelegen.
Am Abend finden sich auf dem Plaza de Marte viele Familien mit ihren kleinen Kindern ein. So eine Art "Vergnügungspark-Stimmung" entsteht. Mit Tretrollern, kleinen Karren zum ziehen und schieben und putzigen Zie-genkutschen wurde jedem Kind das laute Kinderlachen entlockt. Ich fand es so was von schön – kein Kind hat mit einem anderen Kind gestänkert oder einen Streit angefangen. Ach ja... ...wo findet man heutzutage noch so etwas?
Die Dachterrasse des Hotel "Libertad" wird wie jeden Abend mit lauter Musik und heißen Tanzeinlagen der Einheimischen okkupiert; was für mich jedoch eine angenehme Okkupation darstellte. Ein angeblicher Gynäkolo-ge erzählt mir zum wiederholten Male, dass er angeblich Gynäkologe wä-re, und dass alle Frauen, die mit auf der Dachterrasse sind, seine Patien-tinnen wären. Wie lustig – da er mir das nun seit mehreren Tagen zum dritten Male erzählt. Zum Feierabend erkannte ich, wie einige Einheimi-sche ihre Rechnung bezahlten: Sie besaßen eine Art von Gutschein in Hö-he von 12 CUC. Damit haben sie ihre Rechnung beglichen. Außer der Gy-näkologe – der bezahlten in Bar. Werweiß, was das für Patientinnen wa-ren; so wie sie sich der Männerwelt anboten...
Gegen zwei Uhr zog es mich dann noch einmal zu einem "Nachtgetränk" in die Lobby. Bei eigener Musik schlief ich friedlich im Sessel neben dem schlafenden Empfangschef und der schlafenden Security ein. Ich habe mir vorgenommen, ab sofort meinen Alkoholkonsum auf die Abende zu be-schränken. Ob ich wohl die guten Vorsätze einhalten werde? Keine Ah-nung!
Montag, 26.01.2009
Der Himmel ist bedeckt und das "liebgewonnene" Frühstückspersonal ser-viert mit eiskalter Miene. Die Worte "gracias" und "por favor" sind ja so-wieso schon aus meinem bescheidenen spanischen Wortschatz gelöscht wurden.
Ab zehn Uhr in der früh beginnt eine Ohrenbetäubende Brigadefeier. Bei aufkommendem Sonnenschein ist die Dachterrasse brechend voll. Pro Tisch mit vier Personen gibt es zwei Flaschen weißen Havanna Club. Alle meine guten Vorsätze sind über den Haufen geworfen. Bei so leckeren Aus- und Ansichten bestelle ich mir auch einen Rum und etwas Wasser. Da mein Durchfall immer schlimmer wird und ich nicht gerne zu viele Me-dikamente einnehme, dachte ich mir, dass die medikamentösen Abwehr-stoffe doch eigentlich auch durch orale Anwendung von Ron y agua mine-ral sin gas zu ersetzen sein müssten. Oder? Jedenfalls lasse ich mal die Finger von Eiswürfeln – oder kommt es doch von der nächtlichen Frucht-saft-Aktion in der Pesobar?
Zum Mittag gibt es für die Brigadefeier Nudelsalat in Plastikbechern. Da ich doch so gerne Nudelsalat esse bat ich auch um einen Becher. Leider wurde mir offenbart, dass der Nudelsalat nicht für Hotelgäste gedacht ist. Nun saß ich da mit einer Träne im Auge, lauschte der Musik und beobach-tete im Rum versunken die anwesenden Gäste, als man sich erbarmte, dem armen Yuma doch zwei Becher Nudelsalat zu geben, besser gesagt, zu schenken. Welch eine Ehre!
Gegen vierzehn Uhr droht vor lauter Tanzerei das Hotel in sich einzustür-zen. Auch müssen sich die ersten brechendvollen Partygäste alkoholbe-dingt verabschieden. Und ich gehe auch und mache Ferien auf mein Zim-mer um mich endlich auszukurieren. Bis zehn Uhr abends studiere ich das kubanische Fernsehen. Es ist gigantisch und faszinierend, was da so alles für ein Müll geboten wird. Ich schließe meine Augen und träume von schöneren Dingen.
Dienstag, 27.01.2009
Da ich gestern zeitig ins Bett bin, bin ich ab fünf Uhr munter. Ich setzte mich auf den Plaza de Marte und schau zu, wie das Leben in Santiago er-wacht. Die letzten Besoffenen, oder vielleicht auch die ersten Besoffenen des Tages, torkeln durch die Morgendämmerung. Es verspricht, ein schö-ner Tag zu werden. Die Rache des Montezuma hat sich verabschiedet. Hoffentlich! Vielleicht wird es heute auch was mit Siboney. Schaun mer Mal.
Welche Wunder heut geschieht: Das Frühstückspersonal läuft mit freudi-gen Gesichtsaudrücken herum; begrüßt mich freundlich zum Frühstück. Ich krame die Worte "Danke" und "Bitte" aus den tiefsten Analen wieder hervor.
Bei einem angenehmen Frühstück lerne ich einen der interessantesten Menschen kennen, die ich jemals kenne lernen durfte:
Jean Simon. Er ist Franzose. Jean macht eine private PKW-Rundreise. Von Santiago aus geht es nach Havanna. Er ist Schriftsteller, Komponist und Musiker (à la Leonard Cohen). Er leibt den Blues und mag Jazz und klassi-sche Musik. Er ist ein Freund der Philosophie und der schöngeistigen Lite-ratur. Jean gibt in ein paar Tagen in Havanna im Rahmen einer Veranstal-tung der kubanisch-französischen Kulturgesellschaft ein Konzert mit ein-heimischen Musikern.
Nach dem Frühstück und dem netten Gespräch mit Jean gehe ich zum Barbería (klick). Die Dame am Ein-gang gibt zu verstehen: "Yuma, no cubano". Komme daraufhin sofort als nächster dran, was mir offensichtlich peinlich ich. Ich bitte darum mich auch auf eine der Bänke setzen zu dürfen und wie die anderen geduldig zu warten. Leider habe ich keine Chance – ich muss wohl oder übel sofort auf den nächsten freien Stuhl. Meine Güte... ...das ist mir aber peinlich! Zahle für komplette Schädelrasur (Haare und Bart) einen CUC. "Bis nächst Wo-che!": Mit verwunderten Blicken und leisem Gekicher werde ich von den anderen Gästen verabschiedet.
Da es wieder nix wird mit Siboney, mache ich einen Badetag im Hotel "Meliá Satntiago". Eintritt kosten 10 CUC. Angeblich ist im Eintritt ein Ver-zehrguthaben von 5 CUC für die Bar oder das Restaurant enthalten. Mein Mittagessen nehme ich im dortigen Grillrestaurant ein. Bei Zahlen erkann-te ich, warum man doch etwas Spanisch sprechen sollte: Ich hatte keine Chance meine 5 CUC Verzehrguthaben bei der Bezahlung geltend zu ma-chen. Was soll's! Sie hat mein Geld und ich habe meine Ruhe.
Am Nachmittag mache ich meine obligatorischen Souvenireinkäufe und besuche die Holzschnitzerei in der kleinen Seitenstraße der Calle Heredia. Meine Holzschnitzplastik hat erste erkennbare Formen angenommen. Sie wird mir wohl, wenn sie dann fertig ist, gefallen werden – und meine Freundin wird mir eine Ohrfeige dafür schenken... In der "Casa Artex" fin-de ich ein paar schöne Kunstdrucke auf Stoff, die mir ausgesprochen gut gefallen. Dort nehme ich noch etwas Rum und Wasser zu mir, während-dessen ein Straßenmusikant aus dem "Museo el Canrnaval" mir ein Ständ-chen durch das Fenster zum Besten gibt (klick). Das einzige was er verlangt, ist ein Schluck Wasser für sein Mundstück. Zu dieser Zeit betritt ein Mann in güldenem Zwirn das "Artex". Es ist Beny Villy, ein exzentrisch ausschauender Musiker. Nicht nur der Anzug war gülden auch sein Hut. Je näher Beny mit seinem Gehstock auf mich zuschritt, umso deutlicher er-kannte ich die vielen Zigarettenbrandlöcher auf seinem Gehrock. Da ich von dieser Erscheinung so perplex war, habe ich ganz und gar vergessen, ein Foto von ihm zu machen. Jedenfalls habe ich mir später dann noch ei-ne CD von ihm gekauft.
Am Abend gibt es im "Artex" wieder gute Musik. Der Koch freut sich, dass er wieder für mich etwas Kochen darf. Es ist lecker und mit dem Essen im Hotel nicht zu vergleichen. Fisch, Reis und gebackenen Bananen sind mei-nes Gaumens Freude. Zwischendurch gibt es immer wieder kleinen Small-talk, von dem ich so gut wie gar nichts verstehe. Es wird aber trotzdem wieder viel gelacht. Der eine oder andere wollte mich zu verstehen geben, dass er für die Zeit, die ich in Santiago bin, mein Freund sein will. (Na, na, na... ...was soll denn wohl damit gemeint sein!?) Da ist es doch manchmal gut, wenn man der spanischen Sprache nicht Herr ist. Somit werden dann unangenehme und/oder aufdringliche Gespräche geblockt bzw. verhindert.
Um Mitternacht ist selbstverständlich Feierabend mit der Musik. Ich gehe zurück zum Hotel und setzte mich noch auf den Plaza de Marte. Dort lerne ich einen alten Revolutionär und seinen Freund (klick) kennen. Ich spen-diere eine Zigarre und der alte Mann erzählt mir von Karl Marx, Willi Stoph, Karel Gott, Toronto, China, Leipzig, Granma, Sierra Maestra, Zu-sammenbruch des Kommunismus, Ich bin ein feiner Mensch, cuba libre, viva revolucion, Erich Honecker in Chile, Stärkung des Kapitalismus, Zer-fall der Demokratie und des Friedens auf Erden... ..."¡Buenas noches, amigo!"
Mittwoch, 28.01.2009
Gegen acht Uhr beginnen die Feierlichkeiten zum 156. Geburtstag von Jo-sé Martí auf dem Plaza de Marte mit hunderten von Kindern (klick) u. (klick) und lautem Tamm-taramm. Eigentlich wollte ich auf den Friedhof von Santiago und mir dort die Feierlichkeiten anschauen. Jedoch schreckten mich die Temperaturen davor ab. Am Vormittag zeigte mein Thermometer schon 30° Celsius im Schatten an. In der Sonne waren es 45° Celsius (weiter geht mein Reise-thermometer nicht). Da frag ich mich, wie man sich da voll in die Sonne zum sonnen legen kann... ...oh Mann, das gibt doch Spiegeleier mit Son-nenstich...
Am Nachmittag fahre ich mit meinem neuen französischen Freund zur Festung El Morro (klick). An diesem Tag ler-ne ich einen neuen Satz auf Französisch kennen: "Magnifique!" – "Wun-derschön!". Dabei funkeln immer seine blauen Augen aus dem voll be-haarten Gesicht. Die frische Meeresluft tat unseren abgasverwöhnten Lun-gen richtig gut. Während unseren interessanten Gesprächen erfuhren wir gegenseitig, dass wir einen gemeinsamen Bekannten haben, mit dem je-der von uns beiden schon musiziert hat: Es ist der melancholische Folksänger und Songwriter Leonard Cohen aus Kanada (klick). Postwendend folgte eine Einladung an mich, Jean zu Hause, an der Côte d’Azur, zu besuchen, damit wir zusammen Musizieren können.
Wie gewohnt versuchten die weiblichen Arbeitsschwadronen auf El Morro zu betteln und zu betteln und zu betteln... ...aber dieses Mal haben sie von mir nichts bekommen. Vor zwei Jahren gab ich schon das Trinkgeld für dieses Jahr. Das sollte eigentlich voll und ganz ausgereicht haben...
Obwohl Jean schon einigen Tagen in Santiago verweilte, war er noch nicht in einer Music-Casa. Somit beschlossen wir, an seinem letzen Abend in Santiago, ins "Artex" zu gehen. Dort angekommen war er einfach nur ver-zückt. "Magnifique!" – "Magnifique!" Heute spielen "Septeto Luz" (klick) auf. Dann kam die Sensation des Abends: Jean singt kubanische Lieder auf Französisch. Den Applaus dafür hatte er auf seiner Seite und seine Augen waren nur noch am funkeln. Sein Dankeschön für diesen Abend an mich wird ein Chanson sein, welches er für mich komponieren und texten wird. Er sagte zu mir, dass der letzte Tag in Santiago der schönste Tag in Santiago für ihn war. Sein poetischen Lied für mich wird den Titel tragen: "The First Day Is The Last Day". Welche Ehre... Was für ein interessanter Mensch...
Zum Ausklang des Tages gibt es auf der Dachterrasse meines Hotels noch etwas Musik von Beny Villy. Der Barkeeper erzählte mir, dass er angeblich die beste Stimme von Kuba sei. Ansonsten bietet sich auf der Dachterras-se das gewohnte Bild: Chicas, Chicas, Chicas... ...und total besoffene Iren. Einer der Iren reicht mir für meine Zigarre eine Schachtel Streichhölzer. Laut schreiend und schimpfend reist mir eine der Chicas die Streichholz-schachtel aus der Hand: "Die hast Du mir geschenkt!!!" Einfach nur pein-lich!
"Prost! Tschüß und gute Nacht!"
Donnerstag, 29.01.2009
Der Morgen beginnt mit der Verabschiedung von Jean. Er begibt sich nun auf den Weg nach Bayamo. In gedanklichen Erinnerungen versunken finde ich zufällig an der Lobbybar eine per PC ausgedruckte Getränkeliste vom 28.01.2009. Darauf las ich nun, dass 4,5 cl "Havana Club Especial" an der Bar nur 0,50 CUC kosten. Warum zahlte ich dann immer 1 CUC? Dieses ist und wird wohl eines der vielen kleinen Geheimnisse von Kuba sein und bleiben, welches ich mit nach Hause nehmen werde. "C'est la vie. – So ist das Leben eben." Als ich jedoch beim bezahlen darauf hingewiesen habe, musste ich auch nur noch 0,50 CUC bezahlten. Geht doch! Man hat sich für die überhöhten Preise in der Vergangenheit entschuldigt und mir noch einen großen Rum eingeschenkt.
Heute muss ich noch neue Zigarren kaufen. Also mache ich mich auf den Weg zur Fábrica Tabaco Torcido am Hafen. Der Kontakt zum "Dealer" war schnell hergestellt. Zwei Bund zu a. 50 Stück für insgesamt 30 CUC wur-den wieder vereinbart. Auf einmal ertönten die Warnrufe "Policía! Policía! Policía!". Ab geht es um die Ecke: Ein Mann und eine Frau laufen voran. Die Frau zaubert unter ihren Klamotten zwei Bündel Zigarren hervor. Nur gut, dass ich immer meinen schwarzen Stoffbeutel einstecken habe und ihn schnell gezückt habe. Somit verschwand in Blitzeseile der Schatz in jenem Einkaufsbeutel. Zur Zigarrenprobe ging es wieder in die "Casa del Habano" (klick) bei Wasser und Rum. Die guten Vorsätze von vor ein paar Tagen, dass ich meinen Alko-holkonsum auf den Abend beschränken werde, wurden typischerweisen über den Haufen geworfen. Und das ist gut so! Die Zigarren sind in Ord-nung und es werden nochmals drei Bündel Zigarren für 40 CUC für den nächsten Tag geordert.
Zurück zum Hotel nehme ich eine Fahrradkutsche. Nach kurzer Zeit ist mir das richtig peinlich. Ich, hinten in der Kutsche und da vorne der Fahrrad-fahrer mit einem drittel meines Lebengewichtes kam mächtig beim Strampeln ins schwitzen. Irgendwie war es auch für die Passanten wie ein Bild für die Götter. Mir war das aber wirklich richtig peinlich. Zu Beginn der Fahrt wusste ich nicht, dass der Gute Mann mit mir gleich eine Sizing-tour durch halb Santiago machen würde. Vorbei an der Rumfabrik, entlang der Straße des Karnevals über den Plaza de la Revolución (klick) und dem Teatro Heredia (klick) zur Moncada-Kaserne (klick) zum Hotel "Liber-tad". Zwischendurch stoppen wir am Rum-Museum. Dort finde ich endlich meinen "Ron Caney". Der Fahrradfahrer tut mir wirklich leid. Die Lacher der Passanten haben wir auf unserer Seite. Da es in Santiago oft Bergauf und Bergab geht, musste ich mehrere Male aussteigen, da die Beinkraft des Mannes (klick) für insgesamt ca. 200 kg nicht ausreichte. Natürlich habe ich geholfen zu schieben! Ab und zu überholte uns eine Pferdekutsche (klick) an der wir uns fest-halten durften und mit gezogen wurden. Diese Fahrt war mir wirklich pein-lich – ich habe den guten Mann wirklich ordentlich entlöhnt. Zwischen-durch gab es aber auch reichlich Erfrischungsgetränke für ihn und auch für mich. Für den nächsten Tag bot er mir an, mich vom Hotel abzuholen und mich zur Zigarrenfabrik zu fahren. Auf der Rückfahrt wollte er mit mir dann zum Baseball-Training.
Am frühen Abend treffe ich meine kleine Freundin von meinem letzten Santiago-Besuch wieder. Ihr hatte ich damals versprochen Notenhefte und Schreib- und Malstifte mitzubringen. Sie lernt und spielt Klavier. Somit war es für mich eine Verpflichtung, und habe ihr diverse Notenhefte mit-gebracht.
Abends erfolgt der obligatorische Aufenthalt im "Artex". Wie immer gute Musik. Diese Mal spielt eine Damenband (klick) auf, die ich noch nicht kannte. Leider habe ich den Namen vergessen. Da ich ja im sozialis-tischen Kollektiv "Vanguardia Nacional" aufgenommen wurde, musste ich nicht mehr die 2 CUC Eintritt bezahlen. Ich denke mal, dass hat das Per-sonal schon irgendwie wettgemacht...
Zum Tagesabschluss gab es noch einige Drinks bei guter Konservenmusik auf der Dachterrasse meines Hotels. Wie immer die gleichen Gäste und wie immer erzählt mir zum hundertsten Mal der Typ, dass er Doktor für Gynäkologie ist. Scheiß Alzheimer...!
Freitag, 30.01.2009
Heute gönne ich mir, den Tag erst später zu beginnen. Und siehe da, um 10:05 Uhr gibt es kein Frühstück mehr. "Na gut" denke ich mir, dann machst Du halt Frühstück an der Lobbybar "Lao" und zahlst. Das Frühs-tück an der Bar schmeckt besser als im Restaurant und der Café con leche hat auch besser geschmeckt. Als ich bezahlen wollte, sagte man mir, dass doch mein Frühstück inklusive sei. Mein Gesicht erhellte sich und es ver-sprach ein schöner Tag zu werden.
Kurz nach Mittag kam der gute Mann mit seiner Fahrradkutsche. Wir fuh-ren zum Hafen in die Zigarrenfabrik. In einer Seitenstraße wurden wir schon in einem Privathaus erwartet. Die drei Bündel tauschten ihren Besit-zer und als Bonus gab es noch fünfzig Zigarillos dazu. Nach dem obligato-rischen Test in der "Casa del Habano" wechselte auch das Geld seinen Be-sitzer. Nun sollten doch die Rauchwaren (klick) bis Urlaubende rei-chen. Obwohl es sich zum Ende des Urlaubs herausstellen wird, dass mei-ne Zigarrensucht überkalkuliert war – ich werde nicht alle Zigarren schaf-fen.
Mit der Fahrradkutsche ging es dann zum Baseballstadion "Guillermon Moncada" (klick). Leider durfte man außerhalb der Spiele das Stadion nicht betreten. Schade! Somit gingen wir dann in ein kleineres Nachbarstadion (klick), wo, wie gestern versprochen, gerade die Baseballmannschaft aus Santiago trainierte (klick). Nach etwas Small-talk und einer spendierten Runde Bier (für mich Wasser) machte ich noch ein Gruppenfoto (klick) und ich bekam ei-nen signierten Baseball (klick) der Mannschaft ge-schenkt. Toll!
Auf der Rückfahrt zum Hotel, habe ich nochmals im Hotel "Meliá" Geld ge-tauscht. Dieses Mal stand der Kurs nur noch 1€ zu 1,1521 CUC. Also sage und schreibe 0,0195 CUC als eine Woche zuvor... ...ich werde es überle-ben...
Der abendliche Artex-Besuch fiel heute sehr bescheiden aus. Es war wenig Publikum anwesend – ca. 10 Personen. Trotz alledem gab es aber wieder gute Musik.
Samstag, 31.01.2009
Der Vormittag gibt es im kleinen Baseballstadion ein Spiel der Nach-wuchsmannschaften zwischen Santiago und Holguin. Ich werde wohl nie so richtig die Spielregel und den Sinn dieser Sportart verstehen. Jedoch die Stimmung der einheimischen Zaunsgäste (klick) erinnert mich an deutschen Fußball in der Kreisliga. Da man mich ja sofort als Ausländer erkannte, musste ich mit den Santiago- und Holguin-Fans kräftig in die Rumflasche schauen. Es war eine Bombenstimmung.
Im Artex begannen an diesem Abend die ersten Abschiedsfeiern. Morena Sun spielte wieder auf und eine Glückseligkeit stellte sich bei mir ein. Es gibt natürlich wieder viel zuviel von den hartgebrannten Destillen (ich denke, die Rache wird am nächsten Tag folgen). Es gibt soviel Spaß, dass sogar ich heute mal das Tanzbein schwinge bzw. die Körperproportionen schwingen lasse.
Was für ein schöner Tag!
Sonntag, 01.02.2009
Die Rache wurde vollzogen. Die Nachtruhe endete um 10 Uhr. Als Strafe musste ich wieder mal ein Mini-Buffet an der Lobbybar einnehmen. Für 1,80 CUC gab es Toast mit Butter, 2 Sandwichs mit Schinken und Käse, dazu extra noch zweimal Schinken und Käse, Gewürzgurken und Pommes, und einen leckeren Apfel aus Virginia/USA. Am teuersten waren eigentlich die drei Tassen Café con leche mit 3 CUC. Als ich dann meine 4,80 CUC zahlen wollte (ich wollte 5 CUC geben), erklärte man mir ganz erstaunt, dass das doch im Übernachtungspreis mit inbegriffen sei. Währe mir das doch bloß schon am ersten Tag richtig bewusst gewesen, dann hätte ich mir die lustlosen Gesichter des Frühstückpersonals im Restaurant auf im-mer und ewig ersparen könne. Somit war es also eine angenehme Strafe.
Im Artex spielte am Nachmittag eine Percussion-A Cappella-Band mit Na-men "Folkloyumas" (klick). Das war mal ein ganz anderer Musikstil, der mir auch sehr gut gefallen hat. Als erstes woll-ten die Damen (klick) von mir 10 CUC ha-ben, als sie meine Fotokamera auf dem Tisch liegen sahen. Sie dachten, ich würde damit filmen wollen. Als sich aber klärte, dass ich nur damit fo-tografiere und die Fotos in nächster Zeit im Artex hinterlegt werden, lä-chelten die Damen und alles war paletti. Zum Schluss gab es noch ein Pri-vatständchen (klick).
Dann begann die große Abschiedsfeier im Artex. Mit der Gruppe "Septeto Luz" (klick), die ich schon vor einigen Tagen gesehen und gehört hatte, wurde es der teuerste Abend al-ler Zeiten. Nach fünf Flaschen Rum für alle wurden Adressen notiert und Wünsche geäußert. Und was wurde sich da so alles gewünscht: 'ne kleine Digitalkamera, Adidias-Tennisschuhe, 'ne Jeanshose inklusive Adidas-Turnschuhe usw. usf.
"Wann kommst Du wieder?"
Montag, 02.02.2009
Irgendwie klappt es nicht, die Kathedrale (Kathedrale) auf dem Parque Cespedes von innen zu besichtigen. Vielleicht war ich auch nur zu blöd da-zu... ...Schade! Dann besichtige ich eben das "Casa de Velazquez" (klick), das älteste, noch existierende Haus auf Kuba, in dem der ersten Gouverneur Kubas, Diego Velázquez, von 1516 bis 1522 lebte. Das Kolonialmuseum, welches dieses historische Gebäude beinhaltet, bietet ganz interessante Ausstellungsstü-cke, wie zum Beispiel ein historisches Kaffee-Service aus Meißner Porzel-lan (klick). Auch die histori-sche Bauarchitektur im andalusischen Mudéja-Stil (klick), ist ein lohnenswer-ter Besuch dieses Hauses.
Am Nachmittag ist Stromausfall in Santiago. Also fahre ich heute bei herr-lichem Sonnenschein nach Siboney an den Strand. Gefahren werde ich mit einem uralten Chevrolet (klick), Baujahr 54, dem ein Mitarbeiter des Artex gehört. Zum Starten des Wagens benötigt man ein paar kräftige Männer und eine abfallende Straße. Endlich mal ein Auto, in dem ich richtig Platz habe. Es war ein schöner Nachmittag mit herrli-chen Wassertemperaturen. Nur die Einheimischen fühlten sich bei diesen kalten Wassertemperaturen im Wasser nicht wohl. Ich war einer der weni-gen Touristen, die sich das erfrischende Nass gefallen ließen.
Der Abend gestaltete sich heute mal wieder ruhig. Bei eigener mp3-Musik sitze ich auf dem Palza de Marte und lasse bei einigen Zigarren diesen wunderschönen Tag ausklingen. Ungewohnt viel Polizei auf Motorrädern konnte ich um den herum Plaza beobachten. Außerdem war auch viel, mit Schlagstöcken bestücktes Militär zu Fuß zu sehen. Die Soldaten machten Streife auf dem Plaza. Keine Ahnung, was da los war.
Dienstag, 03.02.2009
Der Morgen beginnt mit einem genialen Frühstück. Heinz aus Österreich und der alte Claude aus Kanada gesellen sich mit an meinen Tisch. Claude ist sehr oft auf Kuba; dann hält er sich mehrere Wochen am Stück in San-tiago und Bucanao auf. Es gibt mal wieder Kaffee-Probleme. Eine Tasse – und das war’s! Claude hat mit der Polizei gedroht, wenn es keinen Kaffee mehr geben sollte. Die Bedienung wiederum hat Claude mit der Inmigra-ción gedroht. Wortgefechte durchfegten das Restaurant. Zehn Minuten später betraten vier kräftig gebaute Herren das Restaurant. Claude flüs-terte leise zu mir, das sei eine Art Zivilpolizei. Die Herren setzten sich an einen Nachbartisch und bestellten Kaffe. Und siehe da, der Kaffee quoll wieder wie aus einer nie zu versiegenden Quelle. Claude erklärte uns, dass das alles was mit dem "Kaffeeschmuggel" zu tun habe.
Heute lerne noch einen sehr interessanten Menschen kennen. Es ist eine Violinistin aus der Schweiz. Sie sah mich schon einige Male in der Stadt und erkannte mich nun in der Lobbybar. Sie sprach mich einfach aus Neu-gier an. Es kam zu einem netten Gespräch.
Diese Dame gibt Violinunterricht in Santiago und ist dadurch oft auf Kuba, speziell in Santiago. Sie organisiert unter anderem auch für kubanische Musiker klassische Konzerte in der Schweiz, Österreich und Deutschland. Um ca. acht kubanische Musiker für sechs bis acht Monate in die Schweiz zu bekommen, muss sie dem kubanischen Staat 10'000 Schweizer Fran-ken zahlen. Jener Betrag ist für die kubanische Krankenversicherung der Musiker und zum Teil als Vorabgabe der Gage. Sind jedoch die Musiker wieder zurück, müssen sie nochmals 50% ihrer Einnahmen an den kuba-nischen Staat abführen. Im Vorfeld muss die gute Dame vorweisen, dass sie eine private Krankenversicherung für die Musiker in der Schweiz abge-schlossen hat. Auch muss sie die Höhe der Gage angeben, obwohl noch keine konkreten Konzerttermine festgelegt sind und sie noch gar nicht weiß, wie hoch die Gage ausfallen wird. Des Weiteren muss sie für die Vollverpflegung der Musiker garantieren. Die Übernachtungen müssen ausschließlich in einem mindest Drei-Sterne-Hotel geboten werden – unter dem ist nicht möglich. Die Einnahmen haben noch nie die Ausgaben, in-klusive Vorinvestierung, gedeckt. Meist bleibt es bei einem privaten Defizit von 20'000 CHF. Durch ihre eigene Tantieme kann sie aber dieses Defizit verkraften. Was für eine sozial und kulturell engagierte Dame! Meine Hochachtung!
Ein Highlight meines Aufenthaltes in Santiago gab es auch noch an diesem Abend. Bevor Abschied im Hotel gefeiert wird, gehe ich noch zu einem Baseballspiel der Superlative ins Estadio "Guillermon Moncada" (klick). Santiago gegen Holguin wird spielen.
Als ehrlicher Bürger stelle ich mich mit in der Schlange am Stadion an, um meine Eintrittskarte zu kaufen. Warum schauen mich die Leute nur so staunend an? Ach ja, ich bin ja ein Yuma. 3 CUP kostet der Eintritt. Mich einem verschmitzen Lächeln gebe ich der Kassiererin 3 CUP. Mit einem verschmitzten Lächeln zeigt sie auf ein Kassenhäuschen weiter, wo ich mit CUC zahlen darf. 3 CUC werden von der anderen verschmitzt lächelden Dame verlangt. Leider habe ich nur einen 5-CUC-Schein im Portemonnaie und kein Kleingeld. Alles klar, denke ich mir, die 2 CUC Wechselgeld wirst Du Deiner Lebtage nicht bekommen. Als ob meine Gebete erhört wurden, gab mir die verschmitzt lächelnde Dame zu verstehen. Dass sie kein Wechselgeld habe und ob sie die 2 CUC behalten dürfe. Natürlich durfte sie das Wechselgeld behalten. Was sollte ich schon machen?
Das Stadion füllte sich mit der Zeit (klick) und die Stimmung stieg. Die erste Rumflasche kreise vor meinen Augen herum und landete schließlich vor meinem Mund. Ein Schluck in selbigen – und weiter ging die Flasche...
Dann erfolgte der erste Wurf (klick). Wie in jeder Sport-art, musste gleich erst einmal ein gegnerischer Spieler "ausgeknocked" werden. Der Werfer der Mannschaft aus Santiago traf mit dem ersten Wurf den Schläger der Mannschaft aus Holguin volle Lotte in den Schritt. Der arme Mann aus Holguin ging sofort zu Boden (klick). "Aua! Das tut doch weh!" Die Stimmung war am brodeln und die Geräuschkulisse war grandi-os. Ansonsten verlief das Spiel normal (klick). Ob überhaupt so richtig da jemand das Spiel verfolgt hat oder ob alle nur dort zu einem großen Volksfest waren, kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls war es geil!
Nach zwei Stunden musste ich wegen Drinkschwäche das Stadion verlas-sen. Ich wollte ja im Hotel auf der Dachterrasse auch noch ein bisschen feiern. Solange wie ich vor dem Stadion auf meine vereinbarte Taxe war-tete, hatte ich einen neuen Freund gefunden. Ein Junge von vielleicht zehn Jahren versuchte mir einen Baseball zu verkaufen, den er während des Spiels vor Stadion aufgelesen hat. Das sind die geschlagenen Bälle, die über das Stadion hinaus fliegen. Da ich aber schon einen Baseball mit Ori-ginalautogrammen habe, konnte ich den Jungen nicht glücklich machen. Er wollte sich doch so gerne ein Paar Fußballschuhe kaufen, da er doch Fußballer ist. Wenn ich ihm schon keinen Baseball abkaufe, dann könnte ich ihm do so etwas Geld geben. Nachdem er mich nun mehrere Male um-armt und gedrückt hatte (in Deutschland hätte das zu einer Kinderschän-der-Verdacht führen können) und ich mich verlegen umschaute, gab ich ihm ein paar CUC. Er freute sich, hüpfte und trippelte mir seine Fußball-schritte vor und mein Taxi kam.
Auf der Dachterrasse sich schon alle da. Alle wollen mit mir trinken. "Na dann: Prost!" Und dann gibt es für alle Nudelsalat, den ich doch so liebe. Ich hatte ihn mir gewünscht – jedoch mit dem Ungewissen, ob mir dieser exzentrische Wunsch überhaupt erfüllt wird.
Santiago, Du bist genial!
Mittwoch, 04.02.2009
Pünktlich um 10 Uhr holt mich mein Taxifahrer im Hotel "Libertad" ab. Nun geht es zum zweiwöchigen Badeurlaub nach Guardalavaca. Die Fahrt ist sehr angenehm. Die Straßen sind relativ gut befahrbar. Bis auf wenige Ausnahmen sind vereinzelt Schlaglöcher und tief ausgefräste Stellen zu umfahren. Ein Wettertief hat sich von Norden bis Osten breitgemacht. Endlich mal angenehme Temperaturen für mich. Dieses Wetter wird sich in etwa die nächsten zwei Wochen so halten. Sonnenanbeter werden schimp-fen – ich werde mich freuen.
Im Hotel "Paradisus Rio de Oro" angekommen, werde ich sofort wiederer-kannt. Man fragt mich, ob ich immer noch den guten "Santiago" und "Ca-ney" trinke; dazu ein Glas "Agua mineral sin gaz" und ein "Cafe con Le-che" ohne Zucker "oder doch lieber eine Schwarzen Tee und ob ich auch wieder meine Musik dabei habe?".
Die saubere Meeresluft tut meinen "santiagoverwöhnten" Lungen sehr gut. Ich finde mein ruhiges Plätzchen von früher wieder, wo es reicht, wenn einmal pro Stunde jemand nach meinem Wohlbefinden schaut und wo sich auch kein Gast großartig hinverirrt. Das Plätzchen werde ich nicht verra-ten.
Ansonsten: "Kulturschock!"
Ich werde für die nächsten zwei Wochen der dicke lesende Mann mit sei-ner Zigarre und seinem Rum sein. Ab nun gibt es für mich nur noch Ruhe, das Meer, mein Buch, meine Musik, mein Rum und meine Zigarren...
...und nichts mehr zu berichten.
Ich möchte mich bei allen hier im Kubaforum bedanken, dass ich mich so gut auf meine Kubareisen vorbereiten konnte, und, dass mir viele Mitglie-der hilfreiche Tipps für meine Aufenthalte geboten habe. Ich möchte mich auch für die vielen privaten und persönlichen Kontakte bedanken, die ich mit Mitgliedern dieses Forums in Deutschland und auf Kuba hatte.
Natürlich werde ich dem Forum treu bleiben – aber >hier< geht es nun das nächste Mal hin.
"Und ich habe Sünde getan.
Und siehe da, das Sündige war voller Schönheit und Süße."