Skurril: Geister, die ich rief, werd ich nun nicht mehr los - Fluglinien-Geschichte

  • mosaik
    Dabei seit: 1082419200000
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    geschrieben 1236254423000

    Vor einigen Jahren bestanden Fluglinien, unter ihnen Federführend die LUFTHANSA, darauf, dass Reisebüros und alle sonstigen Vertriebsstellen ihrer Flugtickets nicht mehr Handelsvertreterstatus hätten, sondern nur mehr Maklerstatus. Damit ersparten sie sich nämlich die Zahlung einer Vermittlungsprovision, zumindest einer gesetzlich fixierten Zahlung.

    Klingt für den Laien unverständlich. Macht aber einen großen Unterschied.

    Als Handelsvertreter waren die Vertriebsstellen verpflichtet, Tarifvorschriften von Fluglinien als deren Vertreter auf Punkt und Komma einzuhalten.

    Als Makler können sie sich aber auf den Standpunkt stellen, sie müssten das günstiges Angebot für ihren Kunden finden und sind nicht an irgendwelche "internen" Tarifbestimmungen gebunden. Das ist es sehr einfach erklärt.

    Nun hat - wie im vorliegenden Fall - ein Reisebüro Flugtickets verkauft, bei denen der Kunde entweder den Rückflug verfallen ließ oder den Hinflug nicht angetreten ist, nur den Rückflug. Die Fluglinie verlangte vom Reisebüro den "entstandenen Schaden" zwischen günstigem, verkauftem Hin- und Rückflug und dem teuren nur einfachen Flug und ähnliche Fälle.

    Pech für die Fluglinie: der Richter urteilte im vorliegenden Fall (LG Frankfurt a. M. vom 31.10.2008 - 2/1 S 105/08, dass das Reisebüro seinen Pflichten als Makler - Tickets nach den Wünschen des Kunden ausgestellt, Geld kassiert und an die Fluglinie bezahlt - nachgekommen wäre. Da es aber nicht "weisungsgebunden" an andere Bestimmungen wäre und auch kein Schaden nachgewiesen werden konnte, ist die Nachbelastung des Reisebüros nichtig. Somit wurde die von Fluglinienseite selbst gewünschte Änderung des Verkäuferstatus zum Boomerang für sie...

    Heißt für die Reisebüros: unter gewissen Umständen dürfen sie nun Tickets so verkaufen, wie es der freie Markt wünscht, ohne damit rechnen zu müssen, von Fluglinien nachbelastet zu werden.

    Allerdings - und das ist wichtig - gilt dies nicht für alle Reisebüros oder Stellen, die Tickets ausstellen!

    Dies ist vielleicht mehr eine Info für meine Reisebürokollegen als für den Konsumenten...

    meint

    Peter

  • privacy
    Dabei seit: 1171238400000
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    geschrieben 1236256508000

    Denke schon, auch für Konsumenten. Denn nur so ist ja zu erwarten, daß

    Reisebüros nicht abblocken, sondern sich ernsthaft um den Verkauf

    günstiger Tickets bemühen - ohne Repressalien befürchten zu müssen.

    Die meisten jedenfalls, um bei der Einschränkung von Mosaik zu bleiben.

    Woran sind denn die anderen noch gebunden - und warum ?

    Gruß privacy

    Wenn alle Experten sich einig sind, ist Vorsicht geboten. Bertrand Russell (1872-1970)
  • mosaik
    Dabei seit: 1082419200000
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    geschrieben 1236257145000

    Es gibt nämlich nach wie vor Vertriebsstellen, die Handelsvertreterstatus haben (können) und diese müssen dann beispielsweise die Vorschrift einhalten, dass es verboten ist, wissentlich Tickets zu verkaufen, bei denen der Abflug nicht in der Reihenfolge der Flugcoupons erfolgt.

    Dies lässt sich beispielsweise sehr einfach beweisen bei Fallbeispiel:

    Ticket 1 für Meier

    München Abflug 13.9. nach Paris

    Paris Abflug 29.9. (um beispielsweise eine Sonntagsregelung sicher einzuhalten)

    Ticket 2 für Meier

    Paris Abflug 13.9. nach München

    München Abflug 29.9. nach Paris

    In diesem Beispiel könnte jede Fluglinie ihrem Handelsvertreter nachweisen, dass er wider den Bestimmungen zwei Tickets ausgestellt hätte.

    Beim Maklerstatus muss das ausstellende Büro dies aber, so das Urteil, nicht beachten!

    Erklärt

    Peter

  • mosaik
    Dabei seit: 1082419200000
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    geschrieben 1236258433000

    noch zur Frage - warum?

    Nun, des Rätsels Lösung liegt in der genauen juristischen Betrachtung des § 280 BGB und der IATA-Bestimmungen (nach denen Verkäufer von Flugtickets handeln und abrechnen müssen).

    Eine richtige Auslegung dieser Paragraphen ermöglichte dieses Urteil.

    Dies ist übrigens wieder ein gutes Beispiel: man denkt, im Recht zu sein. Und - Schnecken - ein Paragraph richtig (oder eben... anders) interpretiert, und das vermeintliche Recht geht den Bach hinunter.

    Genau das ist es, was ich oft hier versuche zu erklären: Richtig, der Konsument hat empfunden... , aber leider sieht es das Recht eben anders (oder auch Gott-sei-Dank mal umgekehrt)

    meint

    Peter

  • Lilian1507
    Dabei seit: 1173916800000
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    geschrieben 1236261564000

    Nach wie vor habe ich nicht begriffen, warum es manchmal günstiger ist, zwei Flüge zu buchen und jeweils eine Tour verfallen zu lassen als wenn man gleich den "richtigen" Flug bucht. Die Logik dahinter ist mir einfach zu hoch...

    Allerdings wurde das von unserem Firmenreisebüro schon immer so praktiziert - wenn auch mit dem Hinweis, dass die Fluggesellschaften das gar nicht gerne sehen. ;)

    Vielleicht kommen die Fluggesellschaften, die dieses undurchsichtige Preisgestaltungsverfahren betreiben, ja auch irgendwann dahinter, dass man klarere Flugkonditionen anbietet.

    Flug von A nach B kostet am 10.01. eben 50,- Euro, am 11.01. 80,- Euro. Und die Strecke von B nach A kostet am 11.01. 100,- Euro, am Folgetag nur 80,- Euro. Basta! Geht doch bei einigen Airlines schon ganz wunderbar - ganz ohne Kungelei.

  • gabriela_maier
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    gesperrt
    geschrieben 1236265769000

    Das müssen sich die Fluggesellschaften aber hallo anrechnen lassen und dürfen sich nicht beklagen. Den Tarifdschungel haben sie selbst kreiert.

    Ich glaube, das heist "cross border", und wenn ich eine Doppelbuchung über das Wochenende vergleiche mit einem Linienflug -morgens hin/ abends zurück-, na da stimmt doch ihre Tarifpolitik nicht.

    Dann soll man doch gleich verschiedene Komponenten anbieten, aus denen sich der Kunde was raussuchen kann.

    Gruss Gabriela

  • ADEgi
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    geschrieben 1236266052000

    Hallo,

    wenn ich einen Flug der Swiss habe, der von Zürich nach Athen und zurück, weit über 800,- € pro Person kosten soll und den identischen Flug ab Stuttgart mit einem Swiss/LH Zubringer nach Zürich zum Preis von 20,- € pro Person zzgl. Tax bekomme, dann ist das Cross Border noch das kleinste Problem!

    Gruß

    Berthold

  • CaptainJarek
    Dabei seit: 1178755200000
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    geschrieben 1236266244000

    @gabriela_maier sagte:

    Dann soll man doch gleich verschiedene Komponenten anbieten, aus denen sich der Kunde was raussuchen kann.

    Das ist ja die Krücke! Bei vielen Airlines ( das Billigsegment mit den Onewayflügen jetzt mal ausgenommen ) ist es bewußte Absicht seitens der Airline, dass der Kunde nach Möglichkeit nicht in der Lage ist, sich günstigere/günstigste Flugtarife aus dem Tarifdschungel herauszusuchen.

    Aber dafür gibt´s ja kompetente Leute ... in guten Reisebüros!

    Viele Grüße.

    Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele; Freuden, Schönheit und Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist´s! Reise, Reise! ( Wilhelm Busch )
  • mosaik
    Dabei seit: 1082419200000
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    geschrieben 1236331284000

    @Lilian1507 sagte:

    Nach wie vor habe ich nicht begriffen, warum es manchmal günstiger ist, zwei Flüge zu buchen und jeweils eine Tour verfallen zu lassen als wenn man gleich den "richtigen" Flug bucht. Die Logik dahinter ist mir einfach zu hoch...

    Also, du musst am Mittwoch beispielsweise in einer europäischen Stadt einen Geschäftstermin wahrnehmen und möchtest in der Früh hinfliegen und abends wieder zurück. Nehmen wir an, von München.

    Nun kann es sein, dass für diesen Termin und Ziel Tickets angeboten werden, die z. B. € 500.-- je Hin- und Rückflug am selben Tag kosten. Daher überprüft man, ob es nicht günstiger wäre, ein Ticket zu buchen, an dem der Hinflug zwar schon am Samstag vorher gebucht wird - nicht verwendet wird - aber der Rückflug dieses Tickets dann der gewünschte Abend-Rückflug ist. Ein zweites Ticket wird nun noch gebucht für den eigentlich gewünschten Hinflug in der Früh - der auch geflogen wird - und ein Rückflug erst am Sonntag - der ebenfalls wieder verfällt. Und beide Tickets sind aber günstiger, als das Ticket für Hin- und Rückflug am Mittwoch.

    Das ist natürlich jetzt nicht für jedes Reiseziel so. Beispielsweise habe ich mir angeschaut: München - Paris, da gibt es schon auch so günstige Tagestickets, dass man obige Konstruktion nicht anwenden muss. Aber dann gibt es eben andere Ziele, bei denen man sehr wohl günstiger fliegt.

    Und noch etwas kommt dazu: Geschäftsreisende sind meist an Termine gebunden. Das heißt, selbst wenn es am Reisetag eine solche günstige Hin- und Rückflugvariante gäbe, kann es ja vorkommen, dass man diese Verbindung aufgrund des Termins aber nicht buchen kann. Und andere Verbindungen am selben Tag sind dann teurer.

    Aber für alle diese Überlegungen hat man dann eben einen IATA-Flugspezialisten, der da die optimale Lösung für Firmen findet.

    Ich hoffe, es ist halbwegs verständlich, wie ich es hier erklärte

    meint

    Peter

  • mosaik
    Dabei seit: 1082419200000
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    geschrieben 1236331507000

    Noch ergänzend dazu: Die unterschiedlichen Ticketpreise kommen daher, weil jeder Tarif an bestimmte Bedingungen geknüpft sein kann. Und da könnte z. B. ein Ticket, das am selben Tag für Hin- und Rückflug berechtigt, zwar teurer sein, aber dafür jederzeit und ohne Gebühr umbuchbar bzw. zu stornieren ohne Gebühren.

    Je günstiger die Tarife werden, desto mehr Bedingungen können daran geknüpft sein:

    ... z. B. kann man es nur bis spätestens 14 Tage vor dem gewünschten Termin buchen - also nicht heute vor morgen

    ... z. B. kann man es nur stornieren, wenn man 100 % Stornogebühr bezahlt

    ... z. B. kann man es nicht mehr umbuchen, das Ticket

    Peter

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