BILLIG-REISEANBIETER
"Es wird nicht entschieden genug gewarnt"
Für möglichst wenig Geld möglichst weit weg: Viele Pauschalurlauber achten beim eiligen Buchen von Reiseschnäppchen nicht auf den Ruf der Fluggesellschaften und Veranstaltern, mit denen sie unterwegs sind. Allerdings warnen Verbraucherschützer auch nicht ausdrücklich genug, meint ein Experte.
Hamburg - "Schon wieder die Türkei" wird der eine oder andere gedacht haben: Nach dem Streit um die Landeerlaubnis für die türkische Fluggesellschaft Onur Air saßen in den vergangenen Tagen rund tausend deutsche Urlauber in der Türkei fest, weil ihr Reiseveranstalter Interflug offenbar zahlungsunfähig ist. Die Schlagzeilen über die Türkei sind zurzeit also wenig positiv. Dass der Türkei-Tourismus dadurch langfristig Schaden nimmt, glauben Experten aber nicht. Reisende können stattdessen aus dem Geschehenen lernen.´
"Vielleicht werden durch diese Fälle einige Urlauber abgeschreckt. Aber das wird sicher dadurch kompensiert, dass die Türkei als Reiseland so extrem beliebt ist", sagt Karl Born, Tourismusexperte an der Hochschule Harz in Wernigerode. Auch Birgit Quandt, Redakteurin und Türkei-Expertin beim Touristikmagazin "fvw international" in Hamburg, sieht keine generelle Gefahr für den Türkei-Tourismus: "Die Masse der Urlauber reist mit großen oder etablierten Veranstaltern, da sind Probleme wie bei Onur Air und Interflug nicht denkbar."
Urlauber können aber ihre eigenen Lehren ziehen: "Vielleicht schauen die Kunden genauer, mit welcher Airline sie fliegen. Viele Pauschalurlauber wissen das vorher gar nicht", sagt Quandt. Der Ausfall von Interflug zeigt außerdem, dass es sinnvoll ist, bei den Reiseunterlagen auf den Sicherungsschein zu achten. Dazu rät auch der Deutsche Reisebüro und Reiseveranstalterverband (DRV) in Berlin. Bei einer Insolvenz des Veranstalters tritt dann die Versicherung ein. Eine Rückreise auf eigene Kosten lässt sich so ausschließen.
Sparen steht zur sehr im Vordergrund
Auch Born rät, bei der Reiseplanung auf den Ruf von Airline und Veranstalter zu achten: "Man kann nicht bei der Buchung noch die letzten zehn Euro sparen wollen und sich hinterher über mangelnde Leistungen beschweren." Manchmal lägen bei Verbraucherschützern auch bereits Beschwerden über Anbieter vor, die Touristen dann meiden sollten. "Hier wird aber auch oft nicht entschieden genug gewarnt", kritisiert Born. Zu sehr stehe das Sparen beim Reisen im Vordergrund.
Selbst wenn die Experten die Probleme von Onur und Interflug für Einzelfälle halten, ganz zufällig sind sie nicht: "Wenn eine Region so sehr boomt wie die Türkei, dann tummeln sich dort viele Veranstalter - auch schlechte", sagt Born. Und auch Birgit Quandt spricht von einem kleinen Gründungsboom, bei dem auch unsolide Anbieter auf den Markt kommen könnten. "Es wäre aber absolut falsch, alle neuen, kleinen Veranstalter für unseriös zu halten."
Obwohl der Tourismus in der Türkei in der Vergangenheit immer wieder wegen Qualitätsproblemen ins Gerede gekommen ist, sei das Preis-Leistungs-Verhältnis für Urlauber sehr gut: "Die Zahl hochwertiger Angebote steigt", beobachtet die "fvw"-Redakteurin.
Doch auch hier können sich Touristen mit Eigeninitiative vor bösen Überraschungen schützen: Weil vier Sterne an der Hotelwand nicht immer den in Deutschland üblichen Standard garantieren, rät Prof. Born zum ausführlichen Blick in die Kataloge: "Die großen Reiseveranstalter haben ihre eigenen Bewertungen, an denen ich mich orientieren kann - egal bei wem ich dann später buche."
Quelle: www.spiegel.de