@'wolf-dieter' sagte:
Kaufen denn die RV die Hotelzimmer für eine ganze Saison oder sind die Anzahl an Kontingente immer fest?
Mal eines vorweg: Deine Fragen könnten die Eckpunkte einer Doktorarbeit sein, so vielschichtig ist die Tourismusbranche. Wenn Du dich wirklich fürs "Eingemachte" interessierst, dann kann ich Dir die Werke von Prof. Dr. Walter Freyer (z. B. "Tourismus - Einführung in die Fremdenverkehrsökonomie" oder "Tourismus - Marketing" oder "Tourismus - Management" ) empfehlen.
Zur Frage, die ich mir herausgepickt habe (kleiner Exkurs in mein Studium zur Tourismusfachwirtin):
In der Regel werden die Kontingente mindestens für eine ganze Saison eingekauft. Teilweise werden auch langfristige Verträge (z. B. mit 5 Jahren Laufzeit) abgeschlossen. Bei derart langfristigen Verträgen ist es einem VA auch nicht möglich, ein Hotel z. B. wegen Qualitätsmängeln einfach aus dem Programm zu nehmen. Diese Vertragsform ist jedoch aufgrund des stetigen Wandels in der Reisewelt rückläufig. Dabei gibt es unzählige Vertragssformen. Ich erläutere kurz die beiden gängigsten:
Garantievertrag:
Der VA bezahlt eine bestimmte Anzahl von Zimmern (z. B. 50%) in einem Hotel mit einer Einmalzahlung oder in monatlichen Raten. D. h., das Hotel bekommt sein zugesichertes Geld in voller Höhe, auch wenn der Veranstalter seine Kontingente nicht auslasten kann und eventuell Zimmer leer stehen. Vorteil fürs Hotel: geringes Risiko, feste und kontinuierliche Zahlungseingänge.
Der VA bleibt auf den Kosten für nicht belegte Zimmer sitzen und muß ggf. durch Werbemaßnahmen das Hotel im Verkauf besonders "pushen", um das bezahlte Kontingent auszulasten und die Kosten zu decken. Andererseits hat der VA einen Wettbewerbsvorteil, weil der überwiegende Teil der Zimmer ihm uneingeschränkt und ohne Rücksicht auf Release - Zeiten zu Verfügung stellt. In der Regel lassen sich auf der Basis eines Garantievertrages auch günstigere Einkaufspreise verhandeln als bei einem reinen Kontingentsvertrag. Außerdem kann der Veranstalter dadurch auch die günstigsten Verkaufspreise am Markt anbieten.
Eine Überbuchung ist bei einem Garantievertrag theoretisch ausgeschlossen - allerdings nur theoretisch. Es kann durchaus passieren, daß ein Hotelier einem Veranstalter, der gerade einmal 60% seines per Garantievertrag zugesicherten Kontingentes ausgelastet hat, einen Stopsale (=Verkaufsstop) beschert, weil angeblich keine Zimmer mehr frei sind. Grund: Das Hotel hat die Zimmer doppelt verkauft. Garantiezahlungen von VA A eingestrichen, wesentlich mehr Zimmer verkauft, als im Kontingent des VA B gewesen wären... Logisch, daß VA A diesen Verkaufsstop nicht akzeptiert (die Zimmer sind ja schon im Voraus bezahlt) und dann der Kampf beginnt.
Kontingents- oder Allotmentvertrag:
Ein gewisses Kontingent der Zimmer wird dem Veranstalter zur Verfügung gestellt. Sind die Zimmer innerhalb der Release - Zeit (z. B. 14 Tage vor Anreise) gebucht und bestätigt, stehen sie den Gästen des Veranstalters zu. Die noch nicht reservierten Zimmer können anderweitig vergeben werden, auch wenn das Kontingent des Veranstalters noch nicht ausgelastet ist. Besteht eine kurzfristige Buchungsanfrage, müssen die Zimmer separat beim Hotel angefragt werden - unabhängig davon, ob das Kontingent des Veranstalters ausgelastet ist oder nicht. Der VA bezahlt nur die Zimmer, die auch tatsächlich belegt werden. Eine flexible Sache für beide Seiten. Im Bedarfsfall können die Kontingente auch während der Saison erhöht oder reduziert werden - je nach Bedarf.
Beide Vertragsarten lassen sich übrigens auch auf Fluggesellschaften übertragen.