Welche "Verhandlungstaktik" und worauf zielt er Deiner Meinung nach ab?
M.E. sind seine "Verhandlungen" mit und Äußerungen zu Europa rein taktischer Natur und alles, was er tut, dient erstmal nur dazu, sich innenpolitisch zu stärken und eine von großen Teilen des Volkes gestützte Alleinherrschaft zu errichten, wobei er leider ziemlich erfolgreich ist bisher. Die Position der Stärke, welche er demonstriert und sich in seinen Äußerungen widerspiegelt, beruht auf dem Wissen, daß die Türkei für den Westen immer noch als Brückenkopf sehr wichtig ist. Ist seine Macht erstmal innertürkisch so gefestigt, wie er sich das vorstellt, wird er auf Beitrittsverhandlungen auch öffentlich nen großen Haufen setzen und das anstreben, was ihm m.M.n. wirklich vorschwebt, nämlich der entscheidende Staat in der muslimischen Welt zu werden und damit ein Global Player.
So lange er sich in der Türkei an der Macht hält und seine Position weiterhin stärkt, sollte man nicht allzuviel auf irgendeine wie auch immer gelagerte Einflußnahme Europa`s in der Türkei geben, für mich ist das alles nur taktisches Geplänkel und wird unter seiner Führung auf keine diplomatischen Lösungen mehr hinauslaufen. Unterschätzen sollte man auch nicht die in Deutschland lebenden gut 3 Millionen Türkischstämmigen, die während des Votums schon deutlich Flagge gezeigt haben, ein weiteres Ass in seinem Ärmel. Da sollte man nicht erwarten, daß Erdogan so einfach einen Rückzieher macht wie bei Putin, in dessen Land sich übrigens nur 1/20(!) der bei uns lebenden Anzahl befindet. Daneben weiß Erdogan genau, daß Deutschland erstmal innereuropäischen Konsens erreichen muß und aus geschichtlichen Gründen schon gar nicht so resolut auftreten kann wie Rußland. Deshalb ist es m.E. eher blauäugig, die jetzige Situation mit der seinerzeitigen zu Rußland zu vergleichen, oder gar davon auszugehen, daß der Möchtegernkalif den Schwanz einzieht, nur weil "wir" mit Abbruch der Beitrittsverhandlungen oder Reisewarnung drohen!