Reisetippbewertung Blaue Reise
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Alter: 56-60
Reisezeit: im August 13
Weiterempfehlung: Nein
Ø dieser Bewertung: 3.0
Bewertung: "Blaue Reisen" Türkei
Liebe Leute,
ich konnte vor Beginn meiner "Blauen Reisen" mit Motorseglern im Mittelmeer bei Holiday-Check wenig über diese Art der Reisen finden. Deshalb bitte ich Euch: SCHREIBT MAL über eure Erfahrungen!!
ICH MACHE SELBST DEN ANFANG... und berichte über meine 'Blauen Reisen' in der Türkei (sehr ausführlich, weil kurze Statements mir zu meiner Information auch wenig bringen, und es zu diesem Thema wenig Erfahrungsberichte gibt). Ich hoffe, das ist in Eurem Sinne.
Nach 2 Wochen 'Blaue Reise' in Kroatien führte uns die nächste Reise auf einem Motorsegler durch die türkisch-griechische Ägäis. Hier mein sehr persönlicher und somit subjektiver Bericht und der Vergleich mit einer Blauen-Reise alio loco (hier am Beispiel Kroatiens):
Die Wochentrips ub der Türkei wurden beim lokalen Veranstalter »ROTA-Yachting« über den hiesigen Veranstalter »FTI« direkt im Reisebüro in Deutschland gebucht.
Erste Reise in die griechische Ägäis:
Ausgehend von Mamaris ging die Schiffsfahrt westwärts Richtung Datca und von dort zu den griechischen Inseln. Das Schiff war etwa 25m lang u. hatte ca. 10 Kabinen mit Doppelbetten. Das Essen (Vollpension) bestand mittags u. abends jeweils aus zwei Gängen, war landestypisch (vorwiegend vegetarisch) und machte leider den Eindruck, dass man beim Essen die Kosten drücken wollte. Ob das individuelle Unterschiede von Schiff zu Schiff sind lässt sich nicht beurteilen, aber man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass bei allem gespart wurde. Das ist eigentlich erstaunlich, da die Reise keineswegs billig war. Fleisch gab's kaum (mittags nur vegetarisch, abends kaum Fleisch, und Fisch leider nur ein Mal). Das Frühstück bestand jeden Morgen aus tollen Tomaten, Oliven, Honig ...allerdings immer mit dem gleichen Käse. Kaffee gab's nur als löslichen Pulverkaffee. Alkoholische Getränke waren (auch für türkische Verhältnisse) eher teuer (0,3 L f. € 3,30)!
Die Landschaft entschädigte andererseits für die eher ungastliche und zu beanstandende Unterbringung: blaues bzw. türkisfarbenes Wasser mit glücklicherweise wenig Wellengang, eine Steilküste aus hellem Kalkstein, die etwa 3m oberhalb der Wasserlinie mehr oder weniger mit niedrigen Büschen oder Pinien bewachsen in ein tiefes Grün übergeht. Der erste Abschnitt bis Datca war ausgesprochen schön ...Erst in der griechischen Ägäis änderte sich das Bild langsam: Die Landschaft wurde sehr karg. Das Auge wurde weniger verwöhnt. Außerdem ist es in Griechenland nicht so gut möglich auf dem Wasser außerhalb der Häfen oder gar in Buchten zu ankern. Schön, architektonisch ungewöhnlich und gemütlich war der Hafenort Simi ...aber das war's dann schon. Und dann kam die Hafenstadt Rhodos: Hier mündet die beschauliche Reise gnadenlos im Massentourismus. Tausende Menschen gleichzeitig ankommender Kreuzfahrtschiffe (Aida, Costa) entleeren sich in die eher überschaubar große/kleine Stadt und überschwemmen Gassen und Plätze. Hier geht man nicht mehr, hier wird man geschoben. Und wenn man sich die Preise dort anschaut: Ein Bier kostet hier mehr als doppelt so viel wie an anderen 'Stätten des Weltkulturerbes' (ich komme nämlich selbst aus einer solchen) oder z.B. im 'Billigland' Bayern. Von wegen: Griechenland als derzeit günstiges Reiseland. Wenn man nach den Preisen geht, so wäre anzunehmen, dass Griechenlands Wirtschaft brummt und die Steuereinnahmen dort gigantisch wachsen (...was mir dann entgangen wäre). Oder sind die Touristen, die man hier aufdringlichst in Kneipen und Restaurants zu zerren versucht, vielleicht die dringend benötigte 'Griechenland-Rettung" um sich aus der Finanzmisere zu befreien? Jedenfalls kein Vergnügen, wenn man sich gegen aufdringliche "Schlepper" ständig wehren muss wie gegen eine Horde Fliegen. Kein Ort, wo wir uns wohlfühlten. Bedauerlcherweise nahm dieser Aufenthalt uns einen ganzen Urlaubstag.
Da man in der Türkei nicht -wie in Kroatien- schon am Anreisetag zur Schiffsfahrt ablegt, man einen Tag zur Rückfahrt von Rhodos verliert, schon kurz nach Mittag am Vortag der Abreise unverständlicher Weise wieder zurück in Mamaris ist und in Griechenland keine Badestops in Buchten einlegen darf, verkürzt sich der gemütliche Badeurlaub auf lediglich 4 Tage.
Fazit für diese Route: Insgesamt nicht empfehlenswert!
Vorteilhaft war, dass wir wenig Häfen anliefen, und für die Übernachtungen nachts ruhige Buchten aufsuchten, wo man ungestörter schlafen konnte als in den Häfen.
Vielleicht hatten wir nur Pech, aber unser Captain in der Türkei sparte eindeutig am Diesel, denn wir fuhren nur kurze Stücke zwischen den verschiedenen Buchten, und er war nicht mal bereit zu wenden, als das teure Handtuch einer jungen Mitreisenden über Bord ging. Dieses Beispiel gibt vielleicht die fehlende Service-Freundlichkeit ganz gut wieder.
Die Reise war insgesamt zu anderen bereits erlebten 'Blauen Reisen' weniger abwechslungsreich und langweiliger. Die Besatzung gab sich kaum Mühe schöne Stellen in den ohnehin meist völlig überfüllten Buchten aufzusuchen ...was unseren Badespass im Vergleich zu anderen Reisen schon deutlich schmälerte! Der Gipfel des Sparwahns war, dass es vorkam, dass der Kapitän oder sein Gehilfe während eines Duschvorgangs das Wasser reduzierte oder gar abstellte: Blöd wenn man mit einshamponierten Haaren im Bad steht und nicht ausspülen kann. Sowas habe ich auf meinen Reisen alio loco in anderen Schiffen nie erlebt! ...aber vielleicht sind das landestypische Spassvögel (denn Wasser gab's in jedem Hafen ausreichend zum Nachfüllen)? Protest gab's dann aber doch (und zwar heftig), als der Kapitän einem mit Hitzestau kollabierten Reisenden die Abkühlung verwehrte und ihm schließlich das Wasser abstellte. Unglaublich!
Die Schiffe in der Türkei machten insgesamt einen etwas abgenutzten, ungepflegten und schmuddeligen Eindruck, rochen moderig im Kabinenteil und Bad und verströmten von Zeit zu Zeit Fäkalgeruch in Kabine und Gängen. Wohl nicht ganz dicht? Nichts für Menschen mit empfindlichen Nasen. Muss aber auch nicht sein, denn wenige Wochen zuvor haben wir auf zwei Reisen in Kroatien das nicht erlebt. Zudem hatte ich in den ersten drei Tagen keine richtig funktionierende Toilettenspülung.
Schatten gab's auf dem Schiff durch die aufgespannte Persenning (da man sich im Inneren des Schiffes -anders als auf unseren Motorseglern in Kroatien- kaum aufhalten konnte). Also: Gutes Wetter ist dringend erforderlich, sonst bekommt man auf einem solchen Schiff den 'Koller'!! Und man sollte die Glut der Sonne hier nicht unterschätzen: Im Juli/August und bei 30-35 Grad im Schatten ist daher völlig unverständlich und sogar fahrlässig, dass der Kapitän -selbst auf ausdrückliche Bitte- die Persenning nicht aufspannen wollte, weil im Hafen von Rhodos, wo wir einen ganzen Tag ankerten, ein wenig Wind ging. Ich habe bei mir selbst und anderen erlebt, wie "Hitzestau" auf dem Schiff zum Kollaps führte. Übrigens: Je nach Kabinenlage ist Schlaf nur unter freiem Himmel möglich, weil es in den Kabinen unerträglich heiß ist und die Luft dort steht. Aber das macht Spass! Sowas sollte man berücksichtigen, wenn man eine solche Blaue Reise plant und nicht vor Ort übel überrascht werden will. Das Schiff unserer Reise hieß übrigens »AKIF«.
Bei der Buchung vermeidet es der Veranstalter dem Kunden das Schiff und weitere Details zu benennen. Man sollte aber trotzdem nachhaken und versuchen Details zu erfahren - sonst kann man böse Überraschungen erleben. Für Singles ist wichtig, dass man einen Einzelaufschlag bezahlt, und der liegt etwa bei 150% des normalen Kabinenpreises. Dafür bekommt man dann allerdings möglicherweise die schlechteste und engste Kabine an Bord und nur mit einem kleinen Fenster im Bad: Da kriegst du keine Luft und schwitzt dich kaputt. So geschehen auf der nächsten Reise.
Zweite Reise entlang der türkischen Küste:
Diese Reise erfolgte auf einem anderen Schiff ...war aber von den o.g. Voraussetzungen her nicht besser. Ich kann ähnliche Bewertungen, die ich diesbezüglich in anderen Foren fand, nur bestätigen. Da diese Beschreibungen so klingen, als wären wir auf den gleichen Schiffen gewesen, bestätigt dies den Verdacht, das unsere Erfahrungen keineswegs unglückliche Einzelerfahrungen sind. Nun zu diesen Trip: Besser waren auf diesem Trip nur die Mitreisenden. Es waren Engländer im Vorruhestand, Sportsfreunde einer Rugby-Mannschaft und deren Frauen. Die älteste Mitreisende war eine 87-jährige Witwe. Eine wunderbare Reisegesellschaft mit viel Lebensfreude, Humor und Benehmen, was über die Defizite der Rahmenbedingungen hinwegtröstete. Die Engländer hatten sich ihr eigenes Unterhaltungsprogramm vorbereitet und luden nicht nur zum Begrüßungsbier ein sondern am nächsten Tag auch zum Angeln und abends zum Musikhören (back to the 70th and 80th). Da sieht man, wie eine gute, rücksichtsvolle und lockere Gesellschaft viel zum Gelingen einer solchen Reise beiträgt. Auch den Engländern fiel sofort die ausgesprochene Unhöflichkeit der Crew (Vater mit seinen beiden Söhnen) auf. Der Vater und Kapitän arbeitete nur bei der Fahrt durch Steuern des Schiffes (höchstens 1-2 Stunden) ...und den Rest des Tages und der Nacht lag er auf unseren Liegen oder im Salon faul und schlafend rum (sodass man sich als gut erzogener Mensch kaum traute laut zu sprechen). Bei Reiseantritt stellte sich uns auch niemand vor, man wurde über Abfahrtzeit u.ä. nicht informiert, musste jede Info mühsam aus der Nase ziehen, bekam sein Fresschen wortlos hingestellt (selbst seinen Hund behandeln die meisten besser), und man wurde arroganter Weise kaum eines Blickes gewürdigt. Die morgendliche Begrüßung der Crew wurde nur knurrend erwidert. Da kommst du dir irgendwie störend vor! Wenn man meint, das habe an den Gästen gelegen, dann hat man diese Engländer nicht erlebt. Man musste einfach den Eindruck gewinnen, dass diese Türken Fremde überhaupt nicht mögen. Hat mit offengestanden überrascht, da ich von der Türkei und den Einwohnern bisher ein besseres Bild hatte. Wie hörte ich einen Türken hinter einem Gast hersagen (als er sich unbeobachtet fühlte): "We need your money!" Ich denke, das erklärt die Verhältnisse vielleicht besser als viele weitere Beispiele. Aber auch hierzulande gibt's regionale Mentalitäten und vielleicht ist der Türke dieser Region sehr speziell?! Die Engländer (und wir) ließen sich nichts anmerken und hatten miteinander eine tolle Zeit!! Bessere Rahmenbedingungen seitens des Veranstalters und deren Crew hätten die Sache angenehmer gemacht. Aber: Never mind!
Der Name des Schiffes war übrigens »GAZI CAPTAIN«.
Insgesamt sind die 'Blauen Reisen' in der Türkei nicht nur (über)teuer(t) und überlaufener als in Kroatien, sie sind auch weniger zum Wohlfühlen. Da geben sich die Kroaten viel mehr Mühe und vermitteln ein deutlich größeres Willkommens- und Wohlgefühl. In der Türkei wirkt alles viel abgegriffener und irgendwie abgezockter und vergleichsweise sehr unangenehm.
Noch was zu den Schiffen: die heißen zwar "Motorsegler", haben auch Segel und sogar zwei Masten, aber innerhalb von 4 Wochen habe ich nur 1mal ein Segel zu sehen bekommen. Sollte daher eher "Kutterfahrt" heißen (nur um falsche Erwartungen zu bremsen). Ein wesentlicher Unterschied zwischen den Schiffen in Kroatien und in der Türkei ist, dass bei letzteren das Platzangebot und die Liegemöglichkeiten an Deck größer ist. Bei einigen Mitreisenden in Kroatien führte das häufige Sitzen und Stehen und die fehlenden Liegemöglichkeiten zu Ödemen in den Beinen. Also Vorsicht bei Herz/Kreislauf-Beschwerden!
Insgesamt kann man sagen, dass diese Reisen für alle einen hohen Erholung-Charakter haben können, weil man ungezwungen von morgens bis abends in der Badehose lebt. Direkt nach oder vor dem Frühstück schon ein Bad im blauen bzw. türkisfarbenen Meer, Schnorcheln, Relaxen — kein Garderoben- oder Styling-Drang ...einfach entspannend!
Man muss sich allerdings darüber im Klaren sein, dass man mit fremden Leuten über mehrere Tage zusammengepfercht auf einem Schiff lebt und nur schwer ausweichen kann. Das erfordert von allen Beteiligten ein hohes Maß an Rücksichtnahme, Toleranz und Freundlichkeit.
Bei den Schiffen, wo sich die Kabinen im Unterdeck befinden (besonders in der Türkei), ist die Belüftung schlecht und nicht für empfindliche Nasen geeignet (nachts schlecht zum Schlafen und häufig mal süßlicher Geruch aus dem Abwassertank). Was die Sauberkeit und den Service betrifft so kann man feststellen: In der Türkei wurden die Toiletten jeden Tag gereinigt, schon aufgrund der Tatsache, dass Toilettenpapier nicht ins WC geworfen werden darf und schön gesammelt wird — das kennt mancher auch von griechischen Hotels. Dafür war das Personal wenig freundlich und nicht so kundenorientiert wie zuvor in Kroatien. Müde und hungrig von vielen Stunden Anreise schließlich auf dem Schiff angekommen, muss man -wie wir- den Kapitän darauf aufmerksam machen, dass Vollpension auch am Abend des Anreisetages gilt ...und man musste sich sein Essen geradezu einfordern. Das war in Kroatien ganz anders. Aber das können individuelle Unterschiede gewesen sein, die andere Gäste auf anderen Schiffen möglicherweise nicht so krass erleben.
Noch ein Wort zum Badespass und dem Betrieb in den Buchten: In Kroatien herrscht in den Buchten viel weniger Betrieb als in der Türkei, wo man vor lauter Schiffen manchmal weit draußen ankern muss und somit teils nur im Tiefwasser (von 30 m und mehr) baden musste. Das machte dem einen oder anderen Gast schon auch Angst!
Unser Fazit: Kroatien immer wieder -> ist deutlich besser, freundlicher und individueller als die Türkei ...und auch das Essen sowie die Preise deutlich besser! — Wenn man den Gesamtpreis für eine solche Reise sieht (etwa € 1'800 für 2 Wochen Einzelkabine), dann ist eine komfortable Reise auf der Aida™ mit Vollpension und allem Luxus sowie zweifelsfreier Sauberkeit preislich nicht mehr weit! Aber vielleicht ist mein Bericht auch zu kritisch und das Ganze für Anspruchslosere völlig okay.
Abschließend noch ein Wort zu den Veranstaltern:
Unsere nicht so guten Erfahrungen in der Türkei können natürlich auch teilweise am Veranstalter gelegen haben. Die Buchung über FTI für die Türkei war nicht nur vergleichsweise umständlicher, sondern offenbarte auch, dass die Scouts wenig treffsicher bei der Auswahl ihrer Bootsflotte sind. Ob diese Scouts anderswo schon mal Reisen unternommen haben? Da könnten sie sich viel abgucken und das auf ihre Schiffs- und Besatzungsauswahl in der Türkei übertragen. Ihr merkt schon: Insgesamt waren wir in Kroatien viel, viel zufriedener!!
Praktischer Hinweis: Unbedingt ausreichend €-Bargeld mitnehmen und vor Ort in Lira wechseln. Man sollte nämlich zum Bezahlen aller Rechnungen entsprechend türkische Lira besitzen, weil das preislich meist deutlich günstiger ist und außerdem in der Türkei € nicht überall akzeptiert wird. So wird zudem das Wechseln in den Banken und Wechselstätten günstiger. Auf den Schiffen ist die Bezahlung mit Plastikgeld ohnehin nicht möglich und Kreditkarten werden auch sonst nicht überall akzeptiert.