Hallo Salvamor,
wirklich klasse, dass Du nicht im Raum stehen lässt, was unser Experte Marc hier verbreitet, sondern dieses "Wissen" hinterfragst.
Ich möchte hier gerne einige Bemerkungen hinzufügen:
In der Tat war die technische Entwicklung des A-320 bei Indienststellung der DAMALS aktuellen Version der Boeing 737-300 überlegen. Richtig ist ebenfalls, dass alle Airbusflugzeuge, die vom KONZEPT her auf dem A-320 basieren, also auch die Typenfamilien A-330 und A-340 in sämtlichen Versionen mit Sidestick gesteuert werden.
Natürlich werden die Steuerimpulse zwischen Impulsgeber und Steuereinheit nicht über Funksignale übertragen (um Himmels Willen!), sondern über eine Datenleitung. Die Steuerung nennt sich "fly by wire" und fand soweit ich weiß ihre erste serienmässige Anwendung im Kampfjet F-16.
Richtig ist ebenfalls, dass Airbus mit dem A-320 das "Glascockpit" in die zivile Luftfahrt brachte. Das System nennt sich EFIS (electronic flight information system), dessen Bildschirme variabel verschiedenste Informationen darstellen können, die früher stationär mittels Analoguhren in den recht unübersichtlichen Cockpits abzurufen waren.
Falsch ist, dass Boeing dieses System nicht verwendet. ALLE aktuellen Versionen von B-737, B-757, B-767, B-747 haben EFIS-Cockpits. Übrigens fast alle anderen Airliner, auch kleine Commuter sind ebenfalls damit ausgerüstet. Boeing beharrt aber auf dem herkömmlichen "Yoke" (Steuerhorn), das ist außerhalb der Platz- nur eine Glaubens- und Geschmacksfrage.
Die technische Überlegenheit bei Indienststellung des A-320 gegenüber B-737 war vor allem in folgenden Dingen begründet: Airbus verwendete ein völlig anderes Profil für die Tragflächen, damals nannte man das "superkritischen Flügel". In der Tat hatte der A-320 eine höhere stallspeed (Abreißgeschwindigkeit) und höhere Flächenbelastung, flog insgesamt aber mit weniger Widerstand, schneller und damit wirtschaftlicher. Die Winglets, die den Interferenzwiderstand minimieren sollten, waren ebenfalls ein Novum des A-320, sind aber trotz ihrer Verbreitung eigentlich immer noch eine Glaubensfrage.
Auch das "Glascockpit" brachte seine Vorteile: Jede Uhr, die es einsparte, musste nicht mehr gewartet werden und konnte (nehmerseitig) nicht mehr ausfallen. Auch die "fly by wire" Steuerung brachte Wartungserleichterungen, da umfangreiche mechanische Steuerungen eingespart werden konnte, was sich auch auf das Gewicht, somit natürlich auch auf die "Payload" auswirkte. Auf die Flugsteuerungsprogramme möchte ich jetzt nicht eingehen, das wird sonst zu lang...
Das aber WAR die Situation zu der Zeit, als der A-320 auf den Markt kam. Boeing hat lange nachgezogen und wer sich die 737-800 anschaut, um die geht es ja hier in diesem Thread, wird im Vergleich zur Version -300 schon von außen ein ganz anderes Flugzeug sehen, was schon lange nicht mehr von Airbus belächelt wird.
Das viele europäische Airlines (u.a. Hapag) gerade aktuell Produkte von Boeing kaufen, liegt vielleicht an der Tatsache, dass eine Boeing mit Dollars bezahlt wird (vgl. EUR ./. Dollarkurs), vielleicht aber auch daran, dass es nunmehr auch hier eine Glaubensfrage ist, welchem Produkt man den Vorzug gibt. Ganz unterschiedlich sind sie jedenfalls nicht mehr.
Beste Grüße
von Lutz