Guten Tag, liebe user!
In den letzten Wochen und Tagen wird uns immer so viel von angeblichen Fehlern oder Problemen mit der Schubumkehr oder auch dem Umkehrschub, was das Gleiche ist, an den großen Urlauberjets unterschiedlicher Typen berichtet. Das muß zwangsläufig zu Verwirrungen und Missverständnissen führen bei denjenigen, die doch mit der damit verbundenen Technik nicht ganz so vertraut sind. Das ist keinem übel zu nehmen, dass Unwissenheit eben deshalb zu Verunsicherungen führt! Meistens beschränken sich auch die Medien auf Andeutungen und, was das Schlimmste ist, sie stellen Vermutungen an ohne sachkundigen Hintergrund.
Vielleicht könnte man hier mit ein paar Sätzen etwas mehr Klarheit in dieses Mysterium Triebwerk und Schubumkehr bringen. Erlaubt mir, dass ich einmal den Versuch wage?! Ich werde auch die tausende von anderen Dingen weglassen, die zwar mit dazugehören, aber uns hier nur verwirren würden!
Was ist das, wozu dient das, wie funktioniert das ganze und welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit alles gut und richtig und vor allen Dingen sicher abläuft?
Fangen wir mal an:
Heutzutage benutzen alle großen Flugzeuge mit Reisegeschwindigkeiten oberhalb etwa 650 Km/h, davon ausgenommen Militärmaschinen und solche die im Überschallbereich zu fliegen in der Lage sind, ausnahmslos Mantelstromtriebwerke neuester Generation, also spezielle Gasturbinen, denn nichts weiter sind sie! Egal von welchem Hersteller auch immer, das Prinzip ist und bleibt gleich!
Im Längsschnitt durch eine solche Turbine gliedern sich mehrere funktionelle Baugruppen auf einer oder manchmal auch mehreren konzentrischen Wellen. Vom Einlass gesehen kommen sichtbar zunächst die großen Propellerschaufeln, die erste Baugruppe, auch fans genannt. Es ist nichts weiter als ein riesiger Niederdruckkompressor, der die Luft ansaugt ung etwas komprimiert und an die nächsten Kompressorstufen weitergibt, die zweite Baugruppe. Wegen der Größe und der damit verbundenen Umfangsgeschwindigkeit und radialen Kräfte darf hier eine Grenzdrehzahl nicht überschritten werden. Dabei wird der Schaufeldurchmesser immer kleiner und die Form der Schaufeln ändert sich. Aber das hat andere Gründe! Viele Stufen sind so hintereinander geschaltet und nach jedem Schaufelkranz steigt der Druck, die Dichte der Luft, und die Temperatur an. Aber mittlerweile auf diesem Weg wird der überwiegende Anteil der angesaugten Luft schon an den Hochdruckverdichtern vorbeigeleitet. Er wird also nicht mehr mit komprimiert. Das hat andere Gründe, die ich etwas später noch ganz kurz erklären will. Nur 1/5 bis 1/8 des Luftstromes verlässt nur noch den letzten Hochdruckkompressor in Richtung Brennraum, dem eigentlichen Antriebsaggregat, das letztendlich für den Schub sorgt. Das soll unsere 3. Baugruppe sein! Der überwiegende Teil des Luftstromes geht hieran vorbei wie ein kühlender „Mantel“. Deswegen wird er auch als Mantelstrom bezeichnet. Und er befördert, wie schon gesagt, das 5 bis 8 –fache Volumen aus der angesaugten Luftmenge.
Die eigentliche „Brennkammer“, also das Aggregat, in welchem durch Einspritzung von vortemperiertem Brennstoff (Kerosin), chemisch betrachtet ein modifiziertes Zwischenprodukt zwischen Petroleum und Dieselbrennstoff mit sehr hohem Flammpunkt, Explosionsgrenze und Klopffestigkeit, schließt sich hinter der letzten Hochdruckstufe an. Dabei, durch die fortwährende Kompression, ist die Luft durch die Kompressionswärme, schon erheblich erhitzt worden. (Das kennt man von der Temperatur einer Fahrradpumpe mit der man gerade hastig einen Reifen aufgepumpt hat! Sie wird warm!) Die Elemente der Brennkammer (Gleichstrombrennkammer mit axialer Einspritzung in Stömungsrichtung.) legen sich wie eine beidseitig offene Flasche um die Welle herum. Vorne eine relativ große Öffnung und am Ausgang eine wesentlich kleinere. Die einströmende Luft wird nun mit dem Brennstoff innig vermischt, durch Hochdruckzerstäuberdüsen, und gezündet. Dabei verbrennt das Gemisch unter Erzeugung von sehr hoher Temperatur und großem Gasvolumen. Ebenso wie bei jedem Auto im Zylinder! Nur mit dem Unterschied, dass es sich hier um einen dynamisch-kontinuierlichen Prozess handelt.
Das verbrannte Gemisch verlässt die Brennkammer mit hohem Druck und sehr hoher kinetischer Energie (Bewegungsenergie) und Geschwindigkeit.
Die kinetische Gesamtenergie ist dabei mit guter Näherung:
E(kin) = ½ x m x v^2 wobei m = die Masse des Gases, v = die Ausströmgeschwindigkeit ist.
Das war unser eigentliches Antriebsaggregat! Die Baugruppe 3.
Danach kommt noch eine Schaufelgruppe, die die Welle mit allen anderen rotierenden Elementen antreibt. Sie frißt also Energie um alles Vordere in Bewegung zu halten.
Steht man nun hinter dem Triebwerk, dann sieht man im Zentrum des Auslasses einen konisch geformten Rohrstutzen, der aus zwei oder mehreren schalenförmigen Elementen besteht, und normalerweise als Rohr geschossen ist. Bis auf eben diesen einen Sonderfall, nämlich bei der Aktivierung der Schubumkehr!
Dieser Rohrstutzen, der Auslass der Brennkammer, ist konzentrisch umgeben von einem viel größerem Rohr. Und aus diesem Zwischenraum zwischen beiden Rohren strömt der Gasanteil, der weiter vorne schon vom Antriebsstrom abgezweigt wurde, der Mantelstrom mit seinem großen Volumen aber nicht oder kaum erhitzt, jedenfalls nicht zwangsweise. Und nun kommt der „Knalleffekt“!
Dieser Mantelstrom kühlt durch Umströmung die Brennkammer. Und es ist bei jeder Gasturbine so, dass je besser sie gekühlt wird, umso mehr Leistung und Wirkungsgrad erbringt sie! Also eine sehr wirkungsvolle Leistungssteigerung mit dem großen Effekt der Geräuschdämpfung und Verwirbelung des Antriebsstromes.
Die Antriebs“leistung“ einer solchen Turbine ist im physikalischen Sinne keine echte Leistung, sondern der Schub ist eine Einheit der Kraft! Ich könnte also nicht hergehen und sagen: Dieses Triebwerk hat soundsoviel PS Leistung. Das wäre falsch, denn:
Schubkraft x Geschwindigkeit = Leistung
Und die Zeit ist noch nicht mit im Spiel solange sich das Flugzeug nicht bewegt. Also hätten alle voll arbeitenden Turbinen bei einem stehenden Flugzeug den Wirkungsgrad NULL! Denn es bewegt sich ja nicht!
Für Flugzeugfans: Die Wirkleistung eines Triebwerkes bei Reisegeschwindigkeit berechnet sich zu:
N(MW) = P(KN) x v (m/sec) ................... P = Schub in KN
Das VIERTE Aggregat: Der Schubumkehrmechanismus!
Es wäre nicht gerade ratsam und materialfördernd wollte man ein landendes Flugzeug nur mit den konventionellen Bremsvorrichtungen an den Fahrwerken mit den großen Scheibenbremsen abbremsen. Schon gar nicht bei regennasser, vereister oder sonst wie glatter Landebahn.
Wenn ein Flugzeug landet, und das sind immerhin einige –zig Tonnen mit ihrer trägen Masse, dann aktiviert man die Schubumkehr bzw. den Umkehrschub. Am Aufsetzpunkt liefen die Turbinen praktisch im Leerlauf. Nach dem Aufsetzen – ich vermeide hier möglichst Fachchinesisch! – erheben sich sofort die Stör- oder Bremsklappen aus ihrer Ruhestellung am hinteren Ende der Tragflächen um ein „Hopsen“ der Maschine zu verhindern, also sie wie Spoiler am Boden zu halten. Denn in diesem Zustand unmittelbar nach dem Aufsetzen befindet sich das Flugzeug einen kurzen Augenblick in einem aerodynamisch labilen Zustand! Die Geschwindigkeit ist gerade so an dem Punkt wo sich der „Vogel“ fragt: Soll ich nun unten bleiben oder nicht? Eine kleine Böe von seitlich oder vorne erzeugt Auftrieb und hebt ihn wieder an. Deshalb ist oftmals etwas polteriges Aufsetzen viel besser und sicherer. Gleichzeit schieben sich seitlich der Triebwerksverkleidung große schalenförmige Elemente nach hinten und geben, gut sichtbar, muschelförmige Kammreihen frei. Diese sind hydraulisch in einem Winkel schräg nach vorne in Rollrichtung der Maschine gerichtet. Ebenso gleichzeitig werden die Elemente der weiter oben beschriebenen Ausströmstutzen hydraulisch in den Abgasstrahl geschwenkt und bewegt und dadurch der Antriebsstrahl auf die Umlenkschaufeln geleitet, so dass nun der Schub schräg nach vorne wirkt. Es ist sehr gut zu hören und die Maschine fängt an sich leicht zu schütteln und zu vibrieren, wenn jetzt wieder der Schub per Einstellknebel vorne im Cockpit erhöht wird. Oftmals ist diese Hebelgruppe auf der Mittelkonsole gekoppelt mit der Auslösung der Schubumkehr.
Die Maschine bremst stark ab, um ein Vielfaches mehr als mit den Scheibenbremsen!
Alle diese Aktionen – ich betone alle – sind mehrfach überwacht und angezeigt mit vielen bunten Lämpchen und akustischen Alarmen!
Es geht nicht einfach so, dass ich nach Belieben diese Prozedur ausführen kann, sondern nur bei fest vorgegebenen Zuständen des Flugzeuges.
Bei der Maschine damals von Lauda-Air war das noch ganz anders und überhaupt nicht mehr mit heute vergleichbar! Heute ist dieser ganze Ablauf gegeneinander abgesichert und verblockt.
Hauptkriterien und ganz besonders überwachte Funktionen:
Hydraulik zum Positionieren der Gegenschubelemente
Arbeiten die dafür vorgesehenen Hydraulikpumpen und Zylinder? (Mit Stellungsrückmelder)
Wie hoch ist die momentane Abgastemperatur?
Hat das Hauptfahrwerk Bodenkontakt und ist es über einen definierten Zeitraum mit großer Last (Gewicht) beaufschlagt. – Also Ist das Flugzeug sicher am Boden? –
Stellung der Landeklappen?
Wie hoch ist die Geschwindigkeit?
Sind die Schubhebel in Leerlaufstellung?
Wie hoch ist die momentane Bremsbeschleunigung?
Das sind grob die allerwichtigsten Dinge.
Und für alles gibt es Anzeigen und notfalls Lämpchen, die einen abgeschlossenen oder ablaufenden Zustand anzeigen oder warnen. Es gibt kein kaputtes Lämpchen! Denn das ganze System ist selbstsicher. D. h. alle Regler, Steller, Positionierer, Endlagenschalter uvm. Werden mit einem Stromsignal von 4 – 20 mA gespeist, das auch gleichzeitig das Regel- oder das Messsignal ist und die Funktionstüchtigkeit des elektronischen Kreises mit überwacht. Natürlich wird es zur Auswertung in ein äquivalentes Gleichspannungssignal per Strom- Spannungswandlung transformiert um es digital verwertbar zu machen.
Hier ist auch die mögliche Gefährdung durch Störstahlungen/Modulationen aus elektronischen Geräten zu sehen! Weil alles doch bis auf die Messeingänge so niederohmig ist und die Signale so klein sind! Aber Übertragungen durch frequenzmodulierte Signale wären da noch viel schlimmer und empfindlicher!
Das ist eigentlich ganz simpel! Beispielsweise sollen 4 mA als unterer Messwert 0 Volt entsprechen. Ist das Lämpchen kaputt oder ein Kabel lose o. Ä. , dann fließen keine 4 Milliampere und somit ist die Strecke unterbrochen und es liegt ein Fehler vor. Deswegen nimmt man 4 und nicht 0 mA als Nullpunkt, denn Null ist undefiniert!
Das ist gängige Mess- und Regeltechnik!
Selbstverständlich schließt das kein menschliches Versagen aus; es vermindert nur das Risiko!
So funktioniert das Ganze! Und nicht mit kaputten Lämpchen und ähnlichem Paperlapap!
Alles Andere sind reine Spekulationen und Phantastereien von Leuten, die noch weniger Ahnung als ich haben! Und davon hab’ ich schon sehr viel!
Übrigens die leistungsstarken Triebwerke der modernen Fluggeneration erreichen bei Reisegeschwindigkeiten von ca. 900 Km/h und 30 - 35 % Maximalschub, mehr braucht man da oben nicht, schon gute 65 000 W oder 65 MW. Das sind immerhin gute 80.000 PS!!!!!!
Nur mal so über den Daumen gepeilt! Und das ist bei Weitem noch nicht das leistungsstärkste Strahltriebwerk.
Es ist lang geworden, aber in drei Sätzen kann man das nicht erklären, wenn man den Zusammenhang erkennen will!
Entschuldigung!
Grüße Dieter
In mir hat es schon lange diesbezüglich gegärt und rumort und ich habe mich oftmals geärgert und gefragt wie man solchen nachgeplapperten Unsinn zu allem Übel auch noch hier ins Forum setzen und verbreiten kann?
Es gibt einige hier, die sind ganz versessen darauf sich mit Fachausdrücken zu besudeln, oder mit deren Abkürzungen um sich zu werfen ohne deren Bedeutung zu kennen! Leider ist das so!
Man merkt das sofort und auf Anhieb dass sie gar nicht wissen worüber sie schreiben und nur Aufgeschnapptes weiterverbreiten in der Annahme sie hätten verstanden was andere gesagt haben.
Da gibt es ein spezielles "Expertenforum" in dem auch solch haaresträubender Unfug verbreitet und sogar diskutiert wird.
Was man damit anrichten kann, darüber wird nicht nachgedacht.
Bohrt man dann mal nach bis auf den Punkt, dann winden sie sich wie die Aale. Es ist schon manchmal peinlich! Aber so geht es hier mit fast allen technischen Fragen, egal um was es sich handelt; man muß ja was geschrieben haben, sonst denken die anderen man ist technisch nicht mehr in und fangen an zu zweifeln!
Als ich hier einmal beschrieb und schilderte wie ein Triebwerk gestartet, gezündet und angelassen wird, da hat mich jemand hier beschimpft wie ich solchen Blödsinn schreiben könnte davon hätte er noch nie was gehört dass eine Turbine gezündet wird. Na ja, er fährt wohl kein Dieselfahrzeug, denn sonst hätte er es gewußt