Wir leben in Deutschland normalerweise seit Jahren in einer Gesellschaft mit Sorglos-Vollkasko Mentalität.
Alles und jedes ist geregelt, versichert, abgesichert.
Man muss sich um nichts mehr kümmern - für jedes Problem gibt es zuständige Dienstleister, die einem alle Arbeit abnehmen, Versicherungen und andere Institutionen, die bestehende Risiken absichern oder minimieren.
Bei uns explodieren nicht täglich Autobomben in den Innenstädten oder es schlagen Raketen aus feindlichen Nachbarländern ein, wie es in anderen Teilen unsere Erde seit Jahrzehnten der Fall ist.
Unsere Sozial- und Gesundheitssysteme gehören zu den besten der Welt - auch hier gibt es fast für jeden Notfall eine Absicherung.
Wir haben also alle Zeit und Ruhe, uns mit den "wirklich wichtigen" Dingen des Lebens zu beschäftigen, wie z.B. mit den Fragen, wohin der nächste Urlaub gehen soll, welches Smartphone als nächstes dringend angeschafft werden muss, oder ob vegane Ernährung tatsächlich besser ist, als Fleisch zu essen.
Und jetzt kommt plötzlich so ein Virus daher, zeigt uns ganz schnell die Grenzen unserer Sicherheit und die Verletzlichkeit unseres Systems auf und führt uns vor Augen, mit was für unwichtigen Dingen wir uns sonst eigentlich im Alltag stundenlang beschäftigen.
Krankheit und erst recht der Tod werden da normalerweise ausgeblendet, so gut es geht; die Zerbrechlichkeit unseres Wirtschaftssystems (d.h. unseres Wohlstandes) ebenso.
Nun muss man sich aber damit sehr intensiv beschäftigen - ob man will oder nicht. Entgehen kann diesem Thema zur Zeit niemand.
Ich nehmen mich da selbst gar nicht aus und muss feststellen, dass auch ich normalerweise einen Großteil meiner Energie und Zeit für vergleichsweise unwichtige "Probleme" aufwende, und dass ich die Beschäftigung mit diesen aktuellen Themen zur Zeit äußerst unangenehm finde.
Ich sehe die derzeitige Situation aber genau aus diesem Grund nicht nur als eine große Krise sondern vielleicht auch als eine Chance, sich mal wieder darauf zu besinnen, was im Leben wirklich wichtig ist. Und das ist sicher nicht grenzenloses Wirtschaftswachstum und Konsum sondern vor allem gesellschaftlicher Zusammenhalt, Gesundheit und auch das Bewusstsein, dass wir trotz aller technischer Fortschritte angreifbar sind und vor allem, dass wir nicht endlos leben.
Euch allen wünsche ich trotzdem, dass ihr gut durch diese schwierigen Tage kommt und gesund bleibt.