Vielleicht liegt es an fehlender Liebe / Aufmerksamkkeit oder an seinen Depressionen und den Computerspielen:
Amokläufer kündigte Tat im Internet an
Waiblingen - Der Amokläufer von Winnenden hat das Blutbad in der Nacht zuvor im Internet angekündigt. Der Hinweis sei aber nicht ernst genommen worden, gab Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech (CDU) am Donnerstag in Waiblingen bei Stuttgart bekannt.
Der 17- Jährige Tim K., der eine psychiatrische Behandlung wegen Depressionen abgebrochen hatte, beschäftigte sich in seiner Freizeit nach neuesten Erkenntnissen mit Killerspielen und Horrorfilmen. Am Mittwoch machte er Ernst und erschoss an seiner früheren Schule und auf der Flucht 15 Menschen und sich selbst.
«Ich meine es ernst, Bernd - ich habe Waffen hier, und ich werde morgen früh an meine frühere Schule gehen und mal so richtig gepflegt grillen»: Diese Worte habe der 17-jährige Schüler gegen 2.45 Uhr in einem Internetportal geschrieben, sagte Rech. Weiter hieß es: «Merkt Euch nur den Namen des Orts: Winnenden.» Auf den Eintrag hatte ein Jugendlicher in Bayern seinen Vater hingewiesen, den inzwischen gelöschten Text aber nicht ernst genommen.
Rech sagte bei einer Pressekonferenz, Tim K. sei seit 2008 wegen Depressionen in psychiatrischer Behandlung gewesen. Die Therapie sollte in einer Klinik in Winnenden fortgesetzt werden, wurde vom Täter aber abgebrochen. Der 17-Jährige hatte auf seiner Flucht auch einen Mann vor der Klinik erschossen.
Der Täter hatte mehr als 200 Schuss Munition bei sich und wollte möglicherweise noch mehr Menschen umbringen. In der Schule gab er 60 Schüsse ab und tötete acht Schülerinnen, einen Schüler und drei Lehrerinnen. Auf der Flucht tötete er drei weitere Menschen und sich selbst im 40 Kilometer entfernten Wendlingen (Kreis Esslingen). Als Gastschütze im Schützenverein seines Vaters sei er im Umgang mit Schusswaffen sehr geübt gewesen, sagte Rech.
Der Vater des Jungen muss sich möglicherweise wegen fahrlässiger Tötung verantworten, weil die vom Sohn verwendete Tatwaffe vorschriftswidrig im Elternschlafzimmer lag. In seinem Waffenschrank hatte der Vater 4600 Schuss Munition verwahrt. Die Eltern haben ihren Wohnort Leutenbach verlassen. Sie wollten in Ruhe gelassen werden und «werden nicht von der Polizei geschützt», sagte ein Polizeisprecher.
Nach dem Amoklauf haben mehrere Trittbrettfahrer die Polizei in Atem gehalten. Seit der Tat gab es allein in Baden-Württemberg sechs Amokdrohungen. Die Schulen wurden verstärkt von der Polizei beobachtet.
Das im vergangenen Herbst vorgestellte neue Amoktraining der baden-württembergischen Polizei wurde in Winnenden erstmals angewendet. Dies habe ein größeres Blutbad in der Albertville- Realschule verhindert, sagte Landespolizeipräsident Erwin Hetger. 14 500 Polizeibeamte seien geschult, um zur «Erstbekämpfung des Täters» ohne zu zögern in ein Gebäude zu gehen. Früher hatte die Polizei bei solchen Einsätzen erst die Lage analysiert und dadurch wertvolle Zeit verloren. «Das Konzept hat gegriffen», sagte auch Innenminister Rech.
Am Tatort legten Trauernde am Donnerstag hunderte Blumen nieder. Tausende besorgte Eltern, Schüler, Angehörige und Lehrer riefen bei der Krisenhotline des Regierungspräsidiums Stuttgart an. Unter der Nummer 0711/904-40149 stehen Schulpsychologen für Fragen zur Verfügung. Auch an vielen Schulen wurde das schreckliche Geschehen im Unterricht aufgearbeitet.
«Allein heute werden bis zu 50 ausgebildete Schulpsychologen in der Schule, aber auch in den umliegenden Schulen für die Betreuung und Beratungsgespräche vor Ort sein», sagte der Stuttgarter Regierungspräsident Johannes Schmalzl. Die psychologische Betreuung wird unterstützt durch Experten aus anderen Bundesländern.
Als Konsequenz aus dem Massaker forderte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) technische Zugangskontrollen an Schulen. Baden- Württembergs Kultusminister Helmut Rau (CDU) hielt dagegen, die Schulen sollten nicht mit Metalldetektoren oder Wachmannschaften zu Festungen ausgebaut werden: «Wenn wir die Schule zu einem Hochsicherheitstrakt machen, ist das eine Botschaft, die für die Schule und die Gesellschaft nur schwer zu verkraften ist.» Innenminister Rech wandte sich gegen ein schärferes Waffenrecht: Dies nütze nichts, wenn wie im aktuellen Fall die Vorschriften nicht eingehalten würden.
Papst Benedikt XVI. sprach den Opfern des Amoklaufes seine Anteilnahme aus. Mit Betroffenheit und Trauer habe der Heilige Vater von dem Amoklauf mit 16 Toten erfahren, heißt es in einem Schreiben an den Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst.
Quelle: Hamburger Morgenpost (mopo.de)