Hallo zusammen,
knappe 12 Stunden sind es nun her, dass meine Familie und ich wieder das Festland Europas erreicht haben und dem Chaos auf Gran Canaria entkommen sind. Vorweg schicken möchte ich, dass mir sehr wohl bewusst ist, dass diese Naturkatastrophe schwer vorhersehbar war und sicherlich auch nichts ist, mit dem sich die Menschen vor Ort täglich beschäftigen - und demnach gewisse Routinen fehlen mögen. Was aber seit Samstag Nachmittag am Flughafen von Gran Canaria abgelaufen ist, war eine Bankrotterklärung.
Wem es entgangen ist: Am Nachmittag musste wegen des Sandsturms der Flughafen geschlossen werden. Das hatte zur Folge, dass bis gestern zum späten Abend, als wir endlich eine Maschine Richtung Deutschland besteigen konnten, tausende Urlauber festsaßen und vielleicht teilweise auch heute noch dort auf Flüge warten müssen. Was am Samstagnachmittag noch einigermaßen friedlich begann, spitzte sich in den Stunden danach immer weiter zu, denn der Flughafenbetreiber war mit der Situation hoffnungslos überfordert und die Airlines glänzten durch Abwesenheit - verschanzen sich hinter irgendwelchen allgemeinen Schaltern, die nie was sagen können, nie Kenntnis über irgendwas haben und einen einfach nur wie dumme Schulkinder vertrösten. Das geht mal einige Stunden gut, da lassen sich das die Urlauber gefallen, aber irgendwann kippt das, wenn ich die Menschen nicht informiere und sie sich selbst überlasse.
Allgemein verständliche Durchsagen? Fehlanzeige. Nach zwei Stunden gab es Samstag eine letzte Durchsage, dass man einfach auf die Flugtafeln schauen solle, man spare sich weitere Durchsagen. Versorgung der Gäste mit Wasser? Auf die Idee kam man in Einzelfällen nach über zwölf Stunden, die die Leute schon auf dem kalten Boden ausharrten. Decken? Neeeeee... Wer braucht schon Decken?! Mitten in der Nacht von Samstag auf Sonntag gab es Decken vom Roten Kreuz, die aber in der Anzahl ein Tropfen auf den heißen Stein waren und nicht mal für alle Kinder reichten. Ach ja... Kinder... Kinder sind natürlich jede Menge auf dem Flughafen gewesen. Mal eine kleine Aufmerksamkeit für die Kinder oder irgendwo eine Beschäftigung? Nix. Dabei ist es doch ganz einfach, Kindern für einen Moment ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Süßigkeiten oder irgendwas mal unter den Kindern verteilen, um sie bei Laune zu halten - nicht im Entferntesten dran zu denken. Aber, ganz wichtig: Als gegen Mitternacht die Menschen auf dem Boden versuchten zu schlafen, kamen die Wischmaschinen, um den Boden zu wischen. Ist selbstverständlich enorm wichtig, wenn im Terminal die Menschen am Boden liegen und versuchen, Ruhe zu finden, dass man um sie herum wischt mit lauten Maschinen bzw. sie sogar bittet aufzustehen. Genial...
Ach ja... Und die Airlines... Niemand da, der sich für seine Passagiere zuständig gefühlt hätte. Ganz vorne dabei Corendon Airlines - mit denen sind wir zum ersten und sicherlich letzten Mal geflogen. Null Informationen - Nada - Niente. Keine Email. Einfach nichts. Am Flughafen? Nichts. An der Hotline dann der sensationelle Vorschlag "am liebsten wäre es uns, sie treten von ihrem Flug zurück, wir erstatten ihnen dann den Preis und wir beide sind das Problem los" - aha... Und dann beantrage ich **** auf Gran Canaria und bleibe ganz dort oder was soll so ein dämlicher Vorschlag? Am Schalter immer die Info "die Airline meldet sich bestimmt bald und gibt Infos".
Irgendwann war die Nacht mit zwei kleinen Kindern auf dem Boden (der Tatsachen) dann zu Ende. "Geschlafen" zwischen hunderten oder tausenden anderen. Inzwischen Verpflegung nicht mehr möglich auf dem Flughafen, alles leer - Nachschub ganz spärlich. Getränkenachschub in den Shops wurde auch immer zäher. Und am Schalter der Corendon immer noch dieselben dämlichen Antworten, die man dann nach 24 Stunden irgendwann nicht mehr hören kann. Inzwischen stand man, um an diesen Schalter überhaupt ran zu kommen, mehr als drei Stunden an, so viele Menschen waren da, die einfach nur Hilfe und mal eine Ansage brauchten, was ist, was man überlegt usw.
So verging dann auch der Sonntag, ohne dass es eine Möglichkeit gegeben hätte, dieser Katastrophe zu entkommen. Und: Die Veranstalter brachten weiterhin fleißig abreisewillige Urlauber zum Terminal. Dort war zwar schon alles rappelvoll, aber trotzdem kamen weitere Busse, Passagiere der AIDA usw. Sonntag waren dann auch die Getränke zur Neige gegangen. Wer noch irgendwo was fand, konnte sich glücklich schätzen. Die 15 Euro, die einem von Corendon als Verpflegungsgutschein nach vielem Betteln gegeben wurden, waren bei den Preisen, die aufgerufen wurden für das knappe Gut leider auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein und reichen ja nicht mal ansatzweise, um mehr als 48 Stunden da auszuhalten. Die zweite Nacht, die die Menschen auf dem Flughafen ausharrten - immer in der Hoffnung, es erbarmt sich jemand und fängt mal an, Ordnung in das Chaos zu bringen. Beispielsweise Bereiche für die Reiseveranstalter und ihre Gäste zu schaffen. Oder geordnet nach Zielorten. Nein, das blanke Durcheinander. Manchmal suchte irgendein Angestellter des Flughafens dann irgendwelche Menschen.... Unter tausenden von Leuten... Vollkommen hilflos das Vorgehen.
Und dann kam am gestrigen Tag zu allem Überfluss noch TUI mit AIDA ins Spiel. Deren Losung war es, ihre Gäste sofort raus zu holen - auch auf Kosten der anderen Urlauber. Das endete dann darin, dass die Gäste von TUI und AIDA an Schalter geschickt wurden, aber es faktisch für sie gar keine Maschinen gab, die sie hätten raus fliegen können. Gleichzeitig wurden dadurch aber für die Gäste anderer Airlines und Veranstalter die Schalter sinnlos blockiert. Und der Flughafenbetreiber? Wusste nicht, wie er dieser Situation Herr werden sollte. Touristen, deren Nerven nach über 48 Stunden blank lagen - dazu die elitäre Maßgabe von TUI und AIDA, die aber nicht mal eine Basis hatte - und der Betreiber ohne Sicherheitspersonal, Bodenpersonal oder sonst was. Endet damit, dass unter den Urlaubern natürlich auch die Stimmung zunehmend kippte und man auch den Geist unserer Zeit "erst ich und dann nochmal ich und irgendwann dann jemand nach mir" so schonungslos vor Augen geführt bekommt.
Das Ende des Lieds? Die Corendon Maschine stand irgendwann da, die Passagiere mussten sich regelrecht einen Schalter erkämpfen und besetzen, damit man sich einchecken konnte, dann war natürlich erstmal noch der Drucker am Schalter defekt und auch keine Lösung für da und nach weiteren Stunden in der Abfertigung ging es kurz vor Mitternacht dann heimwärts. Da angekommen dann die nächste Überraschung: Die Maschine hatte nicht einen einzigen Koffer von über 200 Passagieren mit an Bord. Auskunft: Das Verladen hätte zu lange gedauert und man versuche, sie irgendwann aus Gran Canaria nach Deutschland zu schaffen.
Der traurige und letzte Höhepunkt einer katastrophalen Abreise aus Gran Canaria.
Wie gesagt: Ich billige allen dort zu, dass man nicht von jetzt auf gleich einen perfekt durchdachten Plan für so einen Ausnahmefall in der Schublade hat. Aber auch nach 48 Stunden gab es nicht den Ansatz eines Plans, sondern nur blankes Chaos. Man muss sich nur mal vorstellen: In diesem Terminal standen Menschen so dicht an dicht, dass man nicht mehr umfallen konnte, weil einfach alles rammelvoll war. Dann aber noch mehrfach die Check-In Schalter der Leute zu wechseln und dann müssen sich wieder 200 Leute von A nach B mit ihrem Gepäck zwängen... Um dann dort auch wieder zu warten und am Ende wieder falsch zu stehen... Was denkt man da, wie lange Menschen so etwas klaglos hinnehmen? Wie gesagt, es wurde zu keinem Zeitpunkt ein Plan entwickelt, sondern man hat die Urlauber sich selbst überlassen. Ganz viele kleine Kinder darunter, nicht wenige Senioren, die aufgrund der sprachlichen Barrieren auch keine Chance hatten, gehört zu werden. Von Service darf man da nicht im Ansatz sprechen, es reichte leider nicht mal für einen Notfallplan.
Am Ende sind wir froh, wieder zuhause zu sein. Ob das Gepäck noch kommt? Keine Ahnung. Und eigentlich braucht man direkt wieder Urlaub.