• privacy
    Dabei seit: 1171238400000
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    geschrieben 1241824810000

    Über den Reisepreis-Sicherungschein, der bei Buchung einer Pauschalreise (nahezu) immer den Kunden zur Verfügung gestellt werden muß, ist ja hier schon vielfach berichtet und diskutiert worden.

    Im Zusammenhang mit Anzahlungen/Zahlungen des Reisepreis gibt es in Deutschland eine gesetzlich festgelegte und vom BGH begrenzte Anzahlungs- höhe von 20 Prozent auf den Reisepreis. Soweit die Reise zu einem Zeitpunkt stattfindet, der nicht in den nächsten 30 Tagen liegt.

    Nun berichten einige User in einem anderen Thread, daß es ihnen egal sei, ob sie

    20 oder auch 40 Prozent Anzahlung leisten müssen, weil sie ja letztendlich sowieso zahlen müßten. Ein Forenteilnehmer schrieb sogar, gleich den kompletten Rechnungsbetrag direkt an den Veranstalter gezahlt zu haben.

    Hierbei blieb es aber offen, ob es sich vielleicht um eine kurzfristig statt-

    findende Reise handelte.

    In allen anderen Fällen sehe ich hier ein großes, teils von den Reiseteilnehmern unwissentlich und selbst herbeigeführtes finanzielles Risiko.

    Nach meiner Kenntnis ist die Versicherungsgesellschaft, welche für den Reise- veranstalter die Haftung bei einer Insolvenz übernimmt, nicht verpflichtet, im Fall des Falles über den gesetzlichen Anzahlungsbetrag von 20 Prozent Leistungen zu erbringen. Und den Schutz des vollen Reisepreises (für die weiteren 80 Prozent) eben erst ab 30 Tage bzw. 4 Wochen vor Reisedatum. Nur ab diesem Zeitpunkt ist der Reisepreis seitens der Versicherung über 100% abgedeckt.

    Dies ist auch im Innenverhältnis zwischen Reiseveranstalter und den Versicherungsgesellschaften geregelt, indem es dort heißt:

    Voraussetzungen für die Übernahme

    Der Versicherungsnehmer (=Reiseveranstalter) wird Zahlungen auf den Reisepreis, mit Ausnahme einer Anzahlung, nicht früher als 1 Monat vor Reisebeginn fordern oder annehmen.

    Was im Klartext bedeutet:

    Alle geforderten oder freiwilligen Zahlungen des Kunden, die mehr als 30 Tage vor Reiseantrittsdatum beim Reiseveranstalter eingehen und den Anzahlungsbetrag von 20 Prozent übersteigen, sind bei einer eventuellen Insolvenz des Reiseveranstalters nicht versichert und werden von den Versicherungen, die den Reisepreis-Sicherungsschein ausgeben, nur mit max. 20 Prozent eingelöst.

    Jeder Euro, der darüberhinaus an den Reiseveranstalter vorzeitig gezahlt

    wurde / werden mußte, also bis zu 80 Prozent des Reisepreises, ist demnach bei einer Insolvenz des Reiseveranstalters das persönliche Risiko des Einzelnen.

    Trotz vorliegendem, ausgestellten und gültigen Reisepreis-Sicherungsschein.

    Sollte ich das falsch interpretiert haben, gerne Infos hier.

    Gruß privacy

    Wenn alle Experten sich einig sind, ist Vorsicht geboten. Bertrand Russell (1872-1970)
  • panguitch
    Dabei seit: 1163980800000
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    geschrieben 1241881503000

    Dankeschön!

    Schöne Reise!
  • curiosus
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    gesperrt
    geschrieben 1241883085000

    ...ich möchte kurz ergänzen, daß die Höhe der Deckung nicht bei 20% liegen muß, sondern auch anders gezogen werden kann.

    Hier ein Beispiel von Reisegarant (Volksführsorge) als Versicherer von Sicherungsscheinen:

    Allgemeine Bedingungen zur Insolvenzversicherung für Reiseveranstalter (AVB IfR 1998)

    § 3 – Voraussetzungen für die Übernahme der Sicherstellung

    1. Der Versicherungsnehmer wird

    .

    .

    .

    g) Anzahlungen über 10% des Reisepreises bzw. über 260 Euro nicht

    fordern oder annehmen;

    h) Zahlungen auf den Reisepreis, mit Ausnahme einer Anzahlung, nicht

    früher als 1 Monat vor Reisebeginn fordern oder annehmen.

  • chepri
    Dabei seit: 1148342400000
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    gesperrt
    geschrieben 1241884574000

    Vorab zur Klarstellung, ich bin kein Freund der RV sondern überzeugter Individualreisender. Insofern involviert mich das angesprochene Problem eigentlich nicht. Aber etwas würde mich noch interessieren:

    @'privacy' sagte:

    Im Zusammenhang mit Anzahlungen/Zahlungen des Reisepreis gibt es in Deutschland eine gesetzlich festgelegte und vom BGH begrenzte Anzahlungs- höhe von 20 Prozent auf den Reisepreis.

    Die angesprochene gesetzliche Regelung kann ich leider nirgendwo finden. Und was die Begrenzung durch den BGH angeht, lese ich in dem Urteil, dass eine Anzahlung von 20% zulässig ist denn bis zu diesem Verfahren waren 10% üblich. Die zugelassene Erhöhung wird u.a. auch mit der Änderung des BGB in punkto "Reisevertrag" (§§651 a ff) begründet. Ob eine noch höhere Anzahlung zulässig ist, bleibt offen, ein Verbot jedenfalls konnte ich nicht finden. Es müßte sich also jemand finden, der gegen AGB`s, in denen eine höhere Anzahlung als 20% gefordert wird, den Rechtsweg beschreitet.

    LG chepri

  • ADEgi
    Dabei seit: 1180828800000
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    geschrieben 1241890851000

    Hallo,

    wenn ich mich richtig erinnere war das Urteil auf eine Jugendreise mit dem Bus bezogen. Also eine Geschichte mit relativ geringem Risiko für den Veranstalter.

    Auch bei der Begrenzung des Sicherungsscheins auf 20 % dürfte es sich um einen Veranstalter handeln, der auch nur 20% Anzahlung verlangt. Ich gehe davon aus, daß bei einer höheren Anzahlung diese auch über den Sicherungsschein abgedeckt sein muß. Die Sicherungsscheine werden ja pro Veranstalter individuell ausgestellt. Je höher die Anzahlung des Veranstalters, um so höher durfte auch der zu zahlende Preis für den Sicherungsschei, für den Veranstalter, sein.

    Per Gelegenheit werde ich mich einmal danach erkundigen.

    Gruß

    Berthold

  • privacy
    Dabei seit: 1171238400000
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    geschrieben 1241891556000

    @chepri

    Hier noch zusätzliche Informationen, wie ADEgi ja schon meinte, war ein Reiseveranstalter für Jugendreisen neulich betroffen.

    Entscheidend ist aber der Passus, der sich auf das BGH-Urteil bezieht:

    "Bereits am 20.06.2006 stellte der Bundesgerichtshof unmissverständlich klar, dass bei Aushändigung eines gültigen Reisesicherungsscheins Anzahlungen bis zur Höhe von 20 Prozent des Reisepreises angemessen sind." (AZ: X ZR 59/05). Außerdem hätten die Richter ausdrücklich Vertragsregelungen als unwirksam bewertet, nach denen Verbraucher auch bei bestehender Insolvenzabsicherung bereits weit vor Reiseantritt einen über 20 Prozent hinausgehenden und damit wesentlichen Teil des Reisepreises zahlen sollen."

    Insofern gibt es keine Herumdeuterei mehr. Alles über 20 Prozent unter den

    genannten Bedingungen ist rechtlich äußerst bedenklich, wenn nicht illegal.

    Und kein Versicherer dürfte im Insolvenzfall mehr zurückzahlen, wozu er rechtlich nicht verpflichtet ist. Also Anzahlung, also max. 20 Prozent (bei mehr als 30 Tagen vor Reisebeginn.) Und somit bleibt das Risiko dann am Reisenden hängen, wenn er freiwillig oder gesetzwidrig mehr als 20 Prozent anzahlt.

    Gruß privacy

    Wenn alle Experten sich einig sind, ist Vorsicht geboten. Bertrand Russell (1872-1970)
  • chepri
    Dabei seit: 1148342400000
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    gesperrt
    geschrieben 1241901932000

    Ich geb dir im Grundastz ja vollkommen recht, wollte nur darauf hinweisen, dass es leider (noch) keine gesetzliche Regelung für die Höhe der Anzahlung gibt. Dabei wäre es doch so leicht, irgendwo bei 651a ff. den Satz "Anzahlungen auf den Reisepreis sind bis max. 20% des Reisepreises zulässig". Nach der alten Fassung des § 651 k Abs. 4 durften bis 1.1.97 max. 10% bzw. 500DM verlangt werden. Mit der Novellierung dieses Abschnitts im BGB und der Einführung des Reisesicherungsscheins entfiel eine genaue Festlegung. Vielleicht glaubte der Gesetzgeber ja an das Gute im Menschen bzw. bei den RV. Weil dann die RV die Anzahlung von den bisher gesetzlich festgelegten 10% auf 20% schraubten, kam es ja erst zu diesem Rechtsstreit, an dessen Ende das vielzitierte Urteil mit der Zulässigkeit von 20% stand.

    Nochmal: Es gibt keine gesetzliche Regelung zur Höhe der Anzahlung. Steht in den AGB eine höhere als die 20% sind die Chancen gut, dagegen rechtliche Schritte zu unternehmen (siehe oben dein link). Nicht raten möchte ich aber, wenn in den AGB 40% Anzahlung stehen, nur 20% zu leisten. Es könnte durchaus sein, dass man zunächst mal erhebliche Probleme bekommt. Und bis man dann sein gutes Recht möglicherweise bis zur letzten Instanz erstritten hat, sind vermutlich einige Urlaubsjahre dahin.

    Mein Rat: Solche Veranstalter meiden, aber ich fürchte, wenn die Reise 17,45Euro billiger ist als bei der korrekt arbeitenden Konkurrenz ist dieser Rat in den Wind gesprochen.

    Denkbar wäre natürlich auch, dass betroffene Kunden an ihren Bundestagsabgeordneten herantreten und ihn auffordern, eine Gesetzesiniative zu starten. Aber das ist sicher noch mehr in den Wind gesprochen.

    Schönen Abend

    chepri

  • privacy
    Dabei seit: 1171238400000
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    geschrieben 1241903384000

    Die Kernfrage dieses Threads bleibt damit immer noch aktuell. Zahlt jemand

    mehr als 20 Prozent als Anzahlung, wie vorstehend beschrieben, kann er durchaus mit finanzieller Benachteiligung rechnen.

    Und das heutzutage viele "sichere" Firmen nicht vor Insolvenzen geschützt sind,

    zeigen auch Beispiele der Reisebranche oder im Umfeld:

    Heute hat Budget Deutschland als fünftgrößte hiesige Autovermietung Insolvenz angemeldet ...

    Gruß privacy, der auch zu solchen Bedingungen nicht bucht, deren Vertragsregelungen Richter in höchster Instanz als unwirksam bewerten.

    Wenn alle Experten sich einig sind, ist Vorsicht geboten. Bertrand Russell (1872-1970)
  • privacy
    Dabei seit: 1171238400000
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    geschrieben 1241909412000

    Eine der führenden Reiseversicherer, die Europäische, warnt aktuell vor frühzeitiger Zahlung des Reisepreises. Scheint also offensichtlich in der Branche ein bekanntes Phänomen zu sein.

    "Gesetzlich dürfen heimische Veranstalter von Pauschalreisen überhaupt bis zu zwei Wochen vor Reiseantritt nur eine Anzahlung von höchstens 20 Prozent verlangen. "Die Restzahlung darf erst frühestens zwei Wochen vor Reiseantritt angenommen werden", erklärt Martin Sturzlbaum, Vorstandsvorsitzender der Europäischen Reiseversicherung."

    Die 2 Wochen ergeben sich dadurch, daß der Artikel den österreichischen Urlaubsmarkt betrifft.

    Wäre also wünschenswert, Kunden bei Reisebuchung über diese Regelung zu informieren. Der 1. Schritt ist ja jetzt gemacht.

    Gruß privacy

    Wenn alle Experten sich einig sind, ist Vorsicht geboten. Bertrand Russell (1872-1970)
  • soedergren
    Dabei seit: 1209945600000
    Beiträge: 679
    geschrieben 1242293903000

    Guten Morgen zusammen,

    ich habe jetzt zwar leider nicht die Fundstelle parat, aber ich meine einmal ein (BGH-?) Urteil gelesen zu haben, nach denen grundsätzlich zwar 20% als allgemeine angemessene Obergrenze angesehen wurden, jedoch in Einzelfällen auch durchaus höhere Anzahlungen erlaubt seien, etwa bei besonderen Dschungelsafaris von Kleinveranstaltern, bei denen allein durch die Linienflugtickets schon höhere Anfangskosten entstehen. Aber wie gesagt, ich habe die Fundstelle nicht parat und es ist durchaus möglich, dass sich an dieser Rechtslage schon wieder etwas geändert hat.

    Bei normalen Pauschalreisen ist spätestens nach dem aktuellen BHG-Urteil jedoch klar, dass mehr als 20% nicht rechtens sind.

    Wie ADEgi weiter oben schon geschrieben hat, ging es hier jedoch um eine Jugendreise mit dem Bus und damit um eine normale Pauschalreise mit relativ geringem Risiko für den Veranstalter. Man kann dieses Urteil deshalb nicht auf alle Reisearten ausdehnen.

    Das Problem dabei ist beispielsweise, dass die Dynamic Packaging Angebote zumindest von Veranstalterseite meistens nicht als normale Pauschalreise angesehen werden. Viele dieser "40%-Anzahlungs-Veranstalter" operieren ja gerade in diesem Bereich. Und ich denke, dass ich mich da nicht all zu weit aus dem Fenster lehne, wenn ich behaupte, dass sich daran bis zu einem weiteren Verfahren nicht viel ändern wird.

    Dazu muss man nur mal nach "Reisepreis Höhe der Anzahlung 40%" zu googlen und man wird seitenweise AGB-Treffer mit 40% Anzahlung finden. Zur Zeit sind diese 40% offensichtlich alles andere als unüblich.

    Problematisch finde ich in diesem Zusammenhang übrigens auch, dass ausgerechnet die Fluggesellschaften zur Zeit machen können, was sie wollen und in der Regel bei bezahlbaren Tarifen 100% des Ticketpreises sofort fällig sind. Das heisst unter dem Strich nichts anderes, als dass man sich aufregt, wenn ein Hobby-Ferienhausvermieter für eine Ferienhausvermietung im August eine Anzahlung von 40% verlangt, es aber vollkommen okay ist, wenn die Lufthansa sofort 100% für einen Flug ebenfalls im August verlangt. Womit wir dann auch wieder gleich beim Problem Dynamic Packaging sind...

    Unter dem Strich bleibt nur, dass da wohl noch einige Verfahren auf uns zukommen werden, bis die Sache in allen Einzelheiten und für alle Einzelfälle geklärt ist. Für die Reisenden bleibt bis dahin nur, bei der Buchung nicht nur auf den Preis und schöne Katalogfotos zu achten, sondern etwas genauer hinzuschauen.

    Gruß,

    soedergren

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