Als ich am 2. Weihnachtstag von den Ereignissen hörte, bin ich gegen nachmittag in die Agentur gefahren um zu schauen, ob ich der Notbesetzung ein wenig helfen kann. Was dann folgte waren stündlich neue schreckliche Erkenntnisse und Bilder und ein "Marathon" der erst Donnerstag Nachmittag endete - ich muß gestehen, das ich einfach am Schreibtisch eingeschlafen bin.
Ich denke, das ich in diesen Tagen einen kleinen(!) Einblick in das Chaos bekommen habe - zumindest aus Sicht einiger Veranstalter, aber auch einiger Behörden und natürlich vieler (mehr oder weniger) betroffener Urlauber (es ist immer wieder unglaublich, welche "Anliegen" einige Menschen(?) in solchen Krisenfällen haben).
Mir ist beim schreiben dieses Beitrages bewußt, das ich u.U. einigen Leuten gealtig auf die Füße treten werde und evtl. nicht wenige meine Sicht der Dinge nicht verstehen können. Mir liegt es absolut fern, irgendjemand "nicht ernst zu nehmen" oder gar zu verhöhnen, aber bestimmte Dinge brennen nun nach diesen vielen Stunden recht dicht dabei einfach auf der Seele.
In Bezug auf einige Reiseveranstalter muß man sicherlich zugeben, das leider wieder einmal nicht alles in Bezug auf Krisenmanagement funktioniert hat. Trotzdem denke ich, sollte man einige Dinge auch differenziert(-er) sehen.
Einfach zu sagen: "Für uns war niemand da, keiner hat sich um uns gekümmert" ist m.E. a) falsch und sehr ungerecht ge(ver-?)urteilt.
Richtig ist eher: Es waren zuwenige (gesunde!) Mitarbeiter vor Ort um alle Urlauber in dieser Katastrophe zu betreuen. Aber auch hier relativiert: Die Zahl der Mitarbeiter in den Destinationen ist auf einen "normalen" Urlaubsbetrieb innerhalb fester, geregelter und durchorganisierter Zeitschemata ausgelegt. Die Schulung der Mitarbeiter ist ebenfalls i.d.R. auf den Normalfall ausgerichtet (wie will man solche Fälle auch ernsthaft trainieren?)...und nicht auf Katastrophen - schon gar nicht dieses Ausmaßes.
Eine höhere (wieviele?) Anzahl, besserer(?) -wer will diese Maßstäbe festlegen?- Veranstalter-Mitarbeiter? Wer bezahlt das? Ist die breite Masse der Urlauber bereit "zur Prophylaxe eines äußerst vagen, undefinierten Katastrophenfalls (kann man sich wirklich auf solche Dinge "vorbereiten"?) Preissteigerungen von 20-40% hinzunehmen?
Ja, es hat leider wieder vieles nicht so funktioniert, wie vorher für Krisenfälle festgelegt. Aber dies lag beileibe nicht nur an Reiseveranstaltern (das sind auch nur Menschen, die zudem in diesem Fall häufig auch selbst betrofffen waren). Die eh schon nicht sehr ausgeprägte Infrastrktur (im Vergleich zu westlichen Standarts) war nach den Flutwellen so zerstört, das noch heute(!) einige Gebiete (in denen ja "nur Einheimische leben) nicht erreicht, geschweige denn versorgt sind.
Ich denke, zur Rettung/Versorgung der Urlauber wurde in diesem unendlichen Chaos vieles (und leider oft auf Kosten der sehr hilfsbereiten, aber mindestens ebenso verzweifelten Einheimischen) ermöglicht.
Und hier muß ich Herrn Laepple uneingeschränkt Recht geben, wenn er dieser "arroganten, rothaarigen Tussi" (Frau Dr. (?-Naja) Ingehoven) sagt, das er es durchaus für zumutbar hält, wenn Urlauber gefälligst 2 Tage "barfuß" auf dem Flughafen warten, bis Schwerverletzte ausgeflogen sind und Plätze frei werden.
Absolut kein Verständnis habe ich auch für dieses Pärchen, was sich am Strand bummelnd darüber beschwerte, das ebendieser noch nicht komplett von Trümmern geräumt ist, "ihre"(!) Liegen noch immer in den Bäumen hängen und der Service überhaupt sehr nachgelassen habe.
Von denen sollte man die komplette Adresse inkl. Name und Tel. einblenden - ich bin mir sicher, zu solchen Aussagen hätten denen einige Menschen(!) etwas mitzuteilen. Diese Hirntoten sind genau die Typen, die hinterher den Reiseveranstalter "wegen nicht erbrachter Leistungen" zu verklagen versuchen.
Neigen "wir" (z.B. einige "Medien") mittlerweile nicht schon wieder dazu das "unsägliche Leiden" der Urlauber über das der einheimischen Bevölkerung zu stellen?
Wie hoch ist der Anteil der Urlauber an der Gesamtopferzahl?
Wer spricht wirklich vom hunderttausendfachen Leid der dortigen Bevölkerung?
Was passiert wirklich dort unten, wenn erstmal alle Urlauber und internationalen Rettungsteams ausgeflogen sind?
Ich fürchte, ich "möchte es gar nicht wissen"!
Meine Freundin ist Psychologin, hat sich freiwillig gemeldet und u.a. am Flughafen eintreffende Urlauber (v.a. Kinder) betreut, z.B. zwecks Trauma-Erkennung bzw. -Behandlung. Sich zur Hilfe vor Ort freiwilig meldende Psychologen wurden fast alle abgewiesen - zu teuer!
Ich glaube, eine weitere menschliche/charakterliche Katastrophe finden wir nicht nur in Asien - da kann auch die Spendenbereitschaft nur wenig helfen!
Es muß auch noch sehr viele Antworten auf teils sehr unangenehme Fragen geben.
Ist das wirklich ernsthaft alles, was bestimmte "Regierungen" spenden können? Oder wollen?
Wo bleiben Spendengelder aus den reichen arabischen Ländern? 7,5 Mio Euro aus Saudi-Arabien sind ja wohl ein Witz!
Warum sind die meisten Rettungs-/Suchteams erst Di.-Abend in das Katastrophengebiet gestartet - das bedeutet, das sie erst am späten Mittwoch eingetroffen sind...80Stunden nach dem Unglück!
Warum schafft es eine Supermacht wie z.B. die USA nicht sofort(!) Versorgungsschiffe mit Hubschraubern, Rettungsgerät, Treibstoff etc., sowie Lazarettschiffe in Bewegung zu setzen. Die liegen zu Massen im Arabischen Golf!
War eine Warnung wirklich nicht möglich?
War sie überhaupt "gewollt"?
Spenden?
Ja, wir haben gespendet! In der Agentur an eine große Organisation; meine Freundin und ich an ein Kinderhilfsprojekt und über einen Mitbürger der schon seit Jahren ein Dorf in Sri Lank betreut und in Kürze wieder hinfliegt!
Die Zweifel einiger hier über die Quoten "Spendenaufkommen minus Verwaltungskosten" bzw. wieviel erreicht wirklich langfristig direkt die Betroffenen kann ich gut verstehen und nachvollzien. Teilweise bis zu 35% Spendenverlust durch Verwaltungsaufwand sind m.E. vollkommen indiskutabel.
Viele liebe Grüße - ich hoffe, ihr alle hier seid nicht wirklich von der Katastrophe betroffen -,
Holger