Hallo zusammen
Darf ich hier einmal versuchen als "neutraler" Schweizer zur vermitteln: Sicherlich ist zu beachten, dass Südtirol nachdem es nach dem 1. Weltkrieg Italien zugeschlagen worden ist schlimme Zeiten durchmachen musste. U.a. war es verboten die Kinder in Deutsch, d.h. ihrer Muttersprache zu unterrichten. Durch den Aufstieg des Faschismus in Italien wurde die Situation noch unerträglicher. U.a. wurde Süd-Tiroler gezwungen ihre Familiennamen zu ändern, aus der Familie Brunner wurde dann die Familie Fontana. Auch schon die Bezeichnung "Alto-Adige" ist problematisch, kennt doch auch die italienische Sprache das Wort "Tirolo", es wurde aber explizit ein Wort gebildet ohne jeglichen Bezug zu "Tirol", des weiteren wurde künstliche eine Region gebildet aus der Provinz "Alto-Adige" und dem Trentin, welches jedoch mehrheitlich italienisch-sprachig ist, dies einzig mit dem Zweck die deutschsprachigen Bewohner so in die Minderheit zu versetzen. Alessandro: Darum hast Du ja auch die für Italien sonderbare Situation, dass es wohl eine Region ist (analog Lazio, Toscana, Umbria etc.) aber es darin eine Provinz (Bozen/Bolzano) gibt, welche Sonderrechte hat. In den 50/60 Jahren war es dann auch eine der Hauptlosungen der Südtiroler "Los von Trentino" um eben diese Marginalisierung der Deutschen Sprache zu vermeiden/verhindern.
In der heutigen Situation bin ich mir aber nicht so sicher, ob alle (jüngeren) Süd-Tiroler noch zu Österreich möchten. Ich denke viele junge deutschsprachige Menschen fühlen sich nicht unbedingt als Österreicher, aber eben auch nicht als Italiener, sondern eben als Süd-Tiroler, viele sind perfekt zweisprachig. Die ganze europäische Einigung hat hier sicherlich auch zu einer weniger grossen Bedeutung der Staatsangehörigkeit geführt. Und: Meines Erachtens haben die Südtiroler in Italien eine grössere Autonomie (u.a. verbleiben mehr als 90% der Steuereinnahmen im Süd-Tirol) als ein österreichisches Bundesland. Es wäre also damit zu rechnen, dass bei einer "Wiedervereinigung" mit Nordtirol diverse Rechte, welch nun Südtirol zustehen wieder abgegeben werden müssten, da diese vielmals in Österreich Bundesangelegenheiten wären.
Ebenfalls darf nicht vergessen werden, dass Südtirol schon zu K+K Zeiten eine nicht unbeträchtlichte italienischsprachige Minderheit hatte, d.h. natürlich hat insbesondere Mussolini die Zuwanderung (u.a. Bozen) stark gefördert, aber es gab schon vor 1918 Menschen mit italienischer Muttersprache in Südtirol.
Ich denke - oder sehe ich das falsch (?) - das sich die meisten Südtiroler mit der nun bestehenden Autonomie "angefreundet" haben, insbesondere da das Land floriert und wirtschaftlich stark ist. Aber es ist korrekt, dass die Südtiroler nicht freiwillig italienische Staatsbürger geworden sind.