Hallo Tanja
Mein Tipp: Unbedingt vor Ort für die ganze Feriendauer einen PKW mieten. Je nach Mietdauer können die Preise massiv (bis zu 50%) gedrückt werden. Alles Verhandlungssache -- begleitet mit einem Tee und dem gemeinsamen schmauchen einer Wasserpfeife. Die Flexibilität zahlt sich in jeder Beziehung aus.
Vielleicht hilft euch nachstehender Reisebericht bei der Planung individueller Trips:
Unser bevorzugter Ferienort in Tunesien ist Nabeul, ca. 10 km von Hammamet entfernt. Im Gegensatz zu Hammamet und vielen weiteren Touristenzentren, findet in Nabeul noch das ursprüngliche tunesische Leben statt. Nachts sind in dieser quirligen Provinzhauptstadt der Halbinsel Cap Bon nur noch wenige Touristen anzutreffen. Viele „Touris“ stopfen sich mit „AI“ im gebuchten Hotel die Bäuche voll und dann ab zur abendlichen, in der Regel trostlosen Animation. Schade, denn was in dieser Stadt kulinarisch geboten wird, ist einsame Spitze. Die vorwiegend tunesischen Gäste sind keine Kostverächter.
Einige Restaurants, z.B. das „L‘Olivier“ sind in jeder Hinsicht vergleichbar mit Gaut Millau-Gourmettempel in unseren Breitengraden. Lediglich die Preise sind nicht vergleichbar. Wie zu “Grosis” Zeiten, sagen wir bei uns in der nicht ganz billigen Schweiz! Egal ob eine vorzügliche Fleischspeise, ein nach Wunsch zubereitetes Fischgericht oder Tunesische Spezialitäten, alles wird perfekt serviert und mundet vorzüglich.
Mir läuft immer wieder das Wasser im Munde zusammen, wenn ich nur schon an eines meiner Lieblingsgerichte denke. “Filet au pouvre vert flambé” vom Chef de Service direkt am Tisch zubereitetes exzellentes Traumessen. Selbstverständlich begleitet mit einem süffigen “Sidi Rais” Rotwein. Es muss ja nicht immer „cous cous“ sein! Und dann das abschließende Dessert: Die obligate Hausgemachte Tunesische Patisserie -- ein Traum!!
Eine ähnliche Hommage könnte ich z.B. über das Restaurant “Bon Kif” und weitere Geheimtipps in Nabeul schreiben. Aber ich will nicht alles verraten. Der geneigte Leser und Tunesien-Reisende soll sich vor Ort selber überzeugen und sich ein Bild machen.
Logiert haben wir im Hotel Prince, etwa 15 Gehminuten vom Zentrum entfernt. Dieses traumhafte Hotel mit einem Riesenpool liegt direkt an einem schönen Sandstrand. Die Gäste stammen vorwiegend aus Frankreich und bringen auch die den Franzosen eigene sympathische Lebensart in das Haus. Unbedingt auf ein VIP-Zimmer mit großem Balkon und herrlichem Meerblick bestehen. Ein kleines angemessenes Trinkgeld macht alles möglich. Wir haben bewusst nur Übernachten mit Frühstück gewählt. Der Grund: s/oben! Übrigens: Über ein Reiseunternehmen buchten wir „Pauschal“ -- Hotel mit Zusatzwochen und Transfer Flughafen - Hotel - Flughafen. Ist immer noch wesentlich günstiger als „Individuell“, trotzdem wir mehrere Tage irgendwo zwischen Nord- und Zentraltunesischen logiert haben. Wir orientierten lediglich die Réception und die Reiseleitung. Damit wollten wir vermeiden, dass plötzlich eine umfangreiche Suchaktion für zwei vermisste Gäste gestartet wird. Erwähnenswert: Das Le Prince ist das ganze Jahr geöffnet und dank Hallenbad auch im Winter, z.B. über Weihnachen/Neujahr eine Reise wert.
Noch etwas zum Verkehr:
Ok -- der Straßenverkehr, vor allem in Tunis ist etwas gewöhnungsbedürftig. Mehr oder weniger ist etwa alles erlaubt was bei uns verboten ist. Verkehrsregeln gelten nur auf dem Papier und nicht in der Praxis! Bei rot über eine Kreuzung oder kurz vor der Kreuzung von der rechten Abbiegspur brüsk über die Mittelspur auf die linke Abbiegspur wechseln und das alles unter den „wachsamen!“ Augen von freundlichen Polizisten ist keine Seltenheit. Würden alle Regeln eingehalten -- der Verkehr käme glatt zum erliegen!
Eine kleine Episode habe ich noch in bester Erinnerung. Irgendwo unterwegs kreuzte eine Bahnlinie unsere Strasse. Eine geschlossene Schranke bis in die Mitte der Strasse in unserer Fahrtrichtung und eine geschlossene Schranke bis in die Mitte der Strasse in der entgegengesetzten Fahrtrichtung sowie ein rotes blinkendes Haltesignal und der ohrenbetäubende Lärm einer Glocke veranlassen mich, meinen Wagen anzuhalten und den Motor abzustellen. Ein nachfolgender Wagen stoppt ebenfalls und hupt. Weitere Wagen folgen und alle hupen! Verwirrt zeige ich mit der Hand auf die geschlossenen Schranken und die optischen und akustischen Halte-Signale. Plötzlich überholt mich der hintere Wagen, fährt auf der Gegenfahrbahn auf das Geleise, dann über die Geleise wieder auf unsere Fahrbahn und setzt seine Fahrt fort. Freundlich lächelnd überholen mich anschließend alle wartenden Fahrer und überqueren nach dem gleichen System die Bahnlinie. Nun, auch ich lerne rasch und habe es den Einheimischen gleichgetan, nachdem ich mich vergewisserte, dass weder von links noch von rechts Gefahr in Anzug war. Jetzt wollte ich es aber wissen und ich fragte mich, kommt da überhaupt ein Zug? Und er kam. Etwa drei Minuten später brauste der Express Sfax-Tunis mit donnerndem Getöse vorbei!
Nebst Fahrten nach Tunis auf mehr oder weniger guten Strassen (ca. 1 Stunde ab Nabeul) ist auch ein Trip nach Tunis mit der Bahn via Bir Bou Regba inmitten von Einheimischen ein Erlebnis! Selbstverständlich haben wir die Halbinsel Cap Bon kreuz und quer bereist. Erwähnenswert ist unser Halbinsel-Stammrestaurant „El Mansourah“ in Kélibia mit herrlichem Blick auf die Burg und das Meer. Fangfrischer Fisch, exzellent zubereitet und serviert, wird dort groß geschrieben!
Als Weinliebhaber habe ich nach einigem Suchen irgendwo in der Mitte der Halbinsel sogar ein Weingut gefunden! Man muss nur in wenig Geduld haben und sich mit Händen & Füssen ausdrücken. Die Pfortenwächter sprechen kein Wort französisch und der Besitzer schlief! Es war etwa 15 00 Uhr! Schließlich klappte es doch, der Besitzer wurde wach und der Wein war süffig!
Insbesondere das Sperberfestival Ende Mai/Juni in El Haouaria an der Nordspitze des Cap Bon hat es uns aber angetan. Die Falkner von El Haouaria fangen die Sperber auf ihrem Flug nach Europa, richten sie für die Wachteljagd ab (ist nicht so mein Ding, aber leider nicht zu ändern!) und lassen sie zum Festende wieder frei. Ich glaube, meine Frau und ich waren unter den Massen von fröhlichen Einheimischen und der Polit-Prominenz aus Tunis die einzigen Touristen.
Empfehlenswert ist aber auch das bereisen von Zentraltunesien mit einem Besuch der vorgelagerten Insel Kerkennah bei Sfax. Die Überfahrt mit der Fähre dauert rund 90 Minuten und ist allein schon ein Erlebnis und bei hohem Wellengang -- Standfestigkeit ein absolutes Muss! Auch das Einschiffen, rückwärts über zwei schmale Stahlplatten hat es in sich. Ein falsches Manöver und man geht Baden! Ich glaube, auch auf diesem “Kahn” waren wir die einzigen Touristen. Organisierte Touren auf diese kleine Insel werden zum Glück (noch) nicht angeboten. Kost und Logis unterwegs ist übrigens kein Problem. Herbergen in jeder Preisklasse, die vorwiegend von Tunesischen Geschäftsleuten frequentiert werden, findet man in Nord- und Zentraltunesien problemlos.
Und in Sachen Sicherheit -- wir fühlten uns nie, auch zu später Nachtstunde in kleinen und größeren Städten oder unterwegs auf manchmal etwas abenteuerlichen Strecken bedroht. Überall haben wir freundliche und hilfsbereite Einheimische und „Hüter des Gesetzes!“ angetroffen. Szenario zu später Nachtstunde irgendwo unterwegs: Eine Polizeistreife stoppt uns mit einer roten Alarmlampe. Als die Beamten realisieren, dass wir „Touris“ sind, entschuldigen sie sich in aller Form und lassen uns unkontrolliert weiter fahren. Sonderbar: Das ist mir in unserem „CH-Alpenländli“ noch nie passiert!
Der langen Schreibe kurzer Sinn: Tunesien bietet mehr, als nur Sonne, Strand, obligate Sehenswürdigkeiten und „All Inklusive!“
Gruss
Pesche