Reisetippbewertung Drachenhöhle / Coves del Drac

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6 von 7 User (86%) finden diese Bewertung hilfreich.
Aus: Deutschland
Alter: 56-60
Reisezeit: im Juni 08




Weiterempfehlung: Nein
Ø dieser Bewertung: 2.0

Bombastischer Kitsch

In Kenntnis der in der Regel überragenden Naturschönheiten solcher Höhlen, von denen wir in Europa (auch in Spanien) bereits einige der wunderbarsten gesehen haben, ließen wir uns trotz Warnung an einem trüben Tag dazu verleiten, auch diese Höhle zu erkunden.
Schon bei Ankunft hätte uns bewusst sein sollen, wovor wir gewarnt waren: Hier ist - wie allenthalben auf Malle - alles auf trashigen Massentourismus abgestellt. Nachdem man an der Kasse sein nicht unerhebliches (und unserer Meinung nach überzogenes) Eintrittsentgelt abgedrückt hat. Heißt es erst einmal warten. Nun gut, dass es während dieser Warterei unter freiem Himmel auch noch zu regnen anfing, dafür kann die Höhlenverwaltung nichts, wohl aber für die mäßige Organisation des Ganzen. Nach 20 Minuten Wartens im Regen kam schließlich dann einer, die harrenden Massen ohne Gruß zu übernehmen und in die Tiefe zu kommandieren. Da wir uns in der „Spitzengruppe“ aufhielten, bekamen wir von den mehrsprachigen Erläuterungen immerhin noch einiges mit, hatten aber den Eindruck, dass der Führer sein Programm mehr oder weniger roboterhaft abspulte.
Schließlich kam’s zum speläologischen Höhepunkt! In dem großen Felsendom angekommen, in welchem der unterirdische See die einfallslosen elektrischen Illuminationen spiegelt, wurden die Höhlenbesucher auf amphitheaterartig angelegten Sitzgruppen platziert. Hier wurde uns erst einmal deutlich, welche Menschenmassen zu der einen Führung zusammengetrommelt waren. Also dauerte es dann auch etwa fünfzehn bis zwanzig Minuten bis der letzte der unserer Schätzung nach etwa 2000 Menschen seinen Sitzplatz gefunden hatte. Dann wurde das Licht gelöscht und ein Spektakel begann, das an Kitschigkeit kaum noch zu überbieten ist: Aus den hinteren Höhlengebieten trudelten drei mit Lichterketten besäumte Boote heran, deren eines mit einer kleinen Gruppe an Musikern besetzt war, die „getragene Musik“ (ich erinnere mich an die „Barcarole“ aus „Hoffmanns Erzählungen") zu Gehör brachten. Die Musiker selbst konnte man wegen der Lichtverhältnisse nur erahnen (will heißen: man hätte die Musik genauso gut also auch „aus der Konserve“ einspielen können). Die Boote fuhren in sehr verhaltenem Tempo an den „erstaunten“ Massen vorbei, dann kam noch einmal eines zurück und verschwand im hinteren Höhlendunkel – das war’s dann. Damit wurden wir dann der Führung entlassen (wer wollte konnte jedoch, gewiss auch erst wieder nach einigem Schlangestehen und womöglich sogar für ein Extra-Salär) ein Stück zum Ausgang mit einem der beiden verbliebenen Boote fahren. Wir haben tunlichst darauf verzichtet.
Ich will nicht sagen, dass die Höhle nicht ansehenswert wäre. Man findet in der Tat die schönsten Tropfsteinformationen, doch sind weder die hierzu hastig vorgebrachten Erklärungen von tatsächlichem Erkenntniswert, noch hat man wirklich Zeit, die Stalaktiten- und Stalagmitenschönheiten etwas eingehender zu bestaunen, denn die zur Eile angehaltenen Massen treiben einen immerfort weiter. Insofern nimmt es auch nicht Wunder, dass Fotografieren streng untersagt ist und dieses Verbot auch strikt kontrolliert wird. Allerdings konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass dies weniger geschah, um die Naturwunder vor den unsinnigen Blitzlichtgewittern zu schützen, die man sonst in solchen Höhlen erleben kann, als allein aus dem Grunde, keine fotografierbedingten Stockungen auftreten zu lassen. Wenn ich also in der nachstehenden Formularrubrik "Wie lange dauerte Ihr Besuch?" 1-2 Stunden angegeben habe, dann habe ich dabei auch die nicht unerheblichen Wartezeiten bedacht.
Gefragt, ob ich die Höhle weiterempfehlen könne: Gleichgesinnten wohl keinesfalls. Aber wer halt Massentourismus und derartige Stillosigkeiten mag…


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