So, hier nun mein aktueller Erfahrungsbericht zur Condor Langstrecke:
Reiseziel war Mauritius. Als Alternativen hätten wir fürs gleiche Geld Emirates über Dubai und für etwas mehr Air Mauritius über Paris oder London buchen können.
Emirates wollten wir nicht, da wir zu zweit Dreierbestuhlung in der B773 oder im A380 nicht so toll finden. Außerdem braucht meine Tochter Thrombosespritzen und ein Zwischenstopp in Dubai hätte bedeutet, dass sie sich je Richtung eine zusätzliche Spritze hätte setzen müssen. In London und Paris geht mir zu oft Gepäck verloren.
Also habe ich mich bewusst für Condor entschieden, auch um mal die Probe aufs Exempel zu machen. Gebucht habe ich pauschal, einzeln wären die Flüge für zwei Personen sowohl bei Condor, als auch Emirates mit rund 1.500 € return recht teuer gewesen, lag vielleicht an der Reisezeit (Ferien in Hessen).
Kaum hatte ich die Reise über HC/DERTour gebucht, konnte ich mich auch schon auf der Condorwebsite mit der Veranstalterreferenz einloggen. Nervig ist nur, dass die persönlichen Daten nicht gespeichert werden, sondern bei jedem Login neu abgefragt werden, vielleicht eine Auswirkung der Datenschutzgrundverordnung. Die Website ist übersichtlich und läuft stabil, Buchung von Zusatzleistungen und Online Check-In sind problemlos möglich.
Zubringerflug mit LH ließ sich über deren App online einchecken mit freier Sitzplatzwahl. Gepäck wurde von LH beim Drop-Off am DUS bis Mauritius durchgecheckt. Wartezeit wie gewohnt: Keine.
In Frankfurt stand die D-ABUO dann schon überpünktlich am Gate direkt unter der neuen airside Besucherterrasse.
Überraschenderweise eine B763 V1 mit kleiner Business Class, normalerweise fliegt nach Mauritius die V2 mit größerer Business Class, die hat uns dann zurückgebracht (D-ABUM in Retro Livery).
V1 hat den Vorteil, dass es eine Toilette mehr gibt und die Waschräume sich auf Mitte und Heck verteilen. In der V2 sind alle vier Toiletten für die Eco ganz hinten, was insbesondere für die Premium Eco Gäste lange Wege bedeutet. Wenn dann noch ein Alki –wie bei unserem Rückflug- eine Toilette mit einem (vermutlich in der Bordküche geklauten) Flachmann verstopft, werden die Schlangen schon recht lang… .
Zur B763 brauche ich nicht viel zu sagen: Alt, aber bewährt, mit hervorragender Sicherheitsbilanz. Die Kabinenausstattung bei Condor ist neuwertig, die haben vor ein paar Jahren ein refurbish gemacht. Und die Crew hat Spaß daran, eine Spielerei wie „Mood-Light“ auch wirklich zu nutzen, was mir sehr gut gefallen hat. Um mal ein beliebtes Gemotze aus dem Azur Thread aufzugreifen: Ja, die B763 ist beim Einsteigen vorne richtig kalt und hinten richtig heiß, das ist bauartbedingt. Wenn die Triebwerke laufen verteilt sich das aber gleichmäßig. Und Luftdüsen zum Rumspielen gibt es bei Condor auch nicht ;-)
Das Baukastenprinzip mit Extrazahlungen für Sitzplatzreservierung, Entertainment und „Premium“-Verpflegung ist gewöhnungsbedürftig, aber eigentlich gar nicht so schlecht, so brauche ich nur das bezahlen, was ich auch wirklich will. Für den Hinflug über Nacht habe ich einen Premium Entertainment Code gekauft. Sehen wollte ich Shape of Water, der aber leider nicht mehr lief, stattdessen habe ich Star Wars und Paddington Bear 2 gesehen. Hätten zu Hause im Streaming sicher auch 5,-- € (Preis bei Vorabbuchung über Internet, wurde anscheinend inzwischen auf 6,99 € erhöht) gekostet, deshalb weiß ich nicht, wieso man sich darüber aufregen kann. Gratis gibt es zwei alte Filme (z.B. Avatar oder Alwin und die Chipmunks) und das gesamte Musikprogramm. Der Touchscreen ist eher klein (9 Zoll), hat aber einen USB Ladeanschluss und zeigt die Flugroute an. Also alles Wesentliche vorhanden. WLAN oder Außenkameras gibt es nicht. Nicht mehr ganz zeitgemäß ist, dass elektronische Geräte bei Start und Landung ganz ausgeschaltet werden müssen und im Reiseflug nur im Flugmodus benutzt werden dürfen.
Sitzplätze habe ich reserviert, da ich Zweier am Fenster haben wollte, der Preis dafür ist variabel und nachfrageabhängig.
Sitzabstand sind 3cm weniger als bei Lufthansa, da war ich skeptisch. War für mich mit einer Größe von 186cm aber absolut i.O.. Objektiv stößt da kein Knie an, das ganze Gewese um Sitzabstände und „XXL“-Plätze ist m.E. sowieso Kopfsache. So lange man keinen Trolley unter den Vordersitzen verstauen muss, geht das problemlos. Die Bins sind verglichen mit B787/A350 recht klein, was bei Sonnenzielen kein Problem ist, da die meisten mit leichtem Gepäck reisen. Frei sind übrigens 20 kg Aufgabegepäck (3 kg unter Standard) und 6 kg Handgepäck, das auf Mauritius auch gewogen wurde. Die Sitze sind relativ hart, da kann einem nach 11 ½ Stunden schon mal das Steißbein schmerzen. Soweit ich das gesehen habe, sind in der Premiumeco aber die gleichen Sitze verbaut, quasi nur XXL Sitze mit Fußraste und in meinen Augen überflüssigen Premium Gedöns (Bordunterhaltung, Menü, separater Check-In, an dem die Schlange länger ist, als am Baggage Drop Off...), lohnt m.E. den Aufpreis nicht. Wer bequemer sitzen will, muss Business buchen.
Es gab vier, zurück sogar fünf mal Getränkeservice je Flug, zwischendurch ging die Crew mit Wasser rum und man kann sich auch während des gesamten Fluges was in der Bordküche holen. Alkohol gibt es aber nur gegen Aufpreis, was für mich i.O. ist. Das Standardmenü auf dem Hinflug war eine komische Kombi (Nudeln und Kartoffelsalat), aber sehr lecker.
Danach wurden schon die Einreiseformulare verteilt, so dass man diese in Ruhe ausfüllen kann und nicht im Landeanflug hetzen muss. „Morgens“ (nach unserer Zeit eher mitten in der Nacht) gab es noch ein Frühstück. Zurück habe ich das „Premium“ Catering gebucht. Unterschied zum normalen Essen: Zusätzliche Schokoriegel, „richtiges“ Besteck, zusätzlichen Joghurt und Croissant zum Frühstück sowie Fleisch statt Nudeln als Hauptgericht, das aber sehr fest war. Lohnt den Aufpreis m.E. nicht unbedingt.
"Premium"-Frühstück
"Premium"-Mittagessen
Auch der Rückflug war pünktlich, die Crew witziger weise genau die gleiche wie beim Hinflug. Wenn man zuerst bei Condor (online) eincheckt, wird man für den LH Zubringer übrigens mit eingecheckt, obwohl der Hinweis auf der Website was anderes sagt. Leider sind die LH Sitzplätze dann fest und können auch nicht mehr geändert werden. Für eine halbe Stunde Flug aber auch egal. Am Baggage Drop Schalter wurden die Bordkarten ungefragt nochmal ausgedruckt und kostenpflichtige Upgrades für Business oder Premium Eco angeboten, was für uns aber nicht interessant war (wir hatten ja unseren Fensterplatz reserviert).
Fazit: Die sogenannten „Budgetairlines“ wie Condor oder ehedem AirBerlin leisten auf der Langstrecke in der Eco m.E. bessere Dienste, als manche „5-Star“-Airline wie SIA oder EK, die nur ihre Business und First Gäste im Focus haben. War jedenfalls mal wieder sehr positiv überrascht (während ich bei den „5-Stars“, LH mal ausgenommen, meistens enttäuscht wurde) und wünsche allen, die mit Condor auf die Langstrecke gehen, guten Flug und viel Spaß!