"Niemand wird gezwungen bei Ryanair als Pilot zu arbeiten oder Saftschubse zu spielen", solche Aussagen sind beschämend und an Einfalt nicht zu unterbieten. Niemand wird gezwungen überhaupt irgendwo zu arbeiten, das ist alles immer freiwillig und daher dürfen Firmen wie FR sämtliche Regeln des Anstandes außer Acht lassen? Was ist das denn bitte für eine Einstellung?
Ja, es fliegt sich bestimmt mit sehr leichtem Geldbeutel, wenn man nach Weeze oder Hahn hinausfahren muss, die sich aber Frankfurt und Düsseldorf nennen, für Sitzplatzwahl, Essen, Getränk, Koffer, vergessenes Onlineeinchecken, vergessene Gepäckvorreservierung, viermal endlose Bustransfers noch einmal krfätgi zur Kasse gebeten wird und dann weiß, dass die Piloten vorn auf eigene Rechnung fliegen, als Subunternehmer und wieder einmal mit der knappsten gerade noch legalen Menge Kerosin unterwegs sind.
Dass alles haben bei FR beschäftigte Piloten zu Protokoll gegeben, wie es sich mit den Hitlisten für die Helden des geringen Benzinverbrauchs verhält. Warum der Billigflieger so billig ist, dass dürfen wir gern einmal unsere Provinzpolitiker fragen, die inzwischen an jeder Milchkanne auf dem platten Land einen Flughafen hingeklotzt haben, natürlich immer und stets "zur Unterstützung der Region". Daher musste auch Kassel-Calden her, nur wenige km von Paderborn entfernt und weil es so grandios läuft in der Pampa, wurde der Erstflug gleich mal abgesagt und die Passagiere nach Paderborn mit dem Bus gekarrt und zwischen Herbst und Frühjahr hat der Flughafen gleich ganz geschlossen. Kann man in zahllosen TV-Dokus bewundern, bei denen gern mal heulender Wüstenwind eingespielt wird. Es fehlt nur noch Purzelkraut wie in der Wüste von Arizona, das durchs Bild rollt.
All das zahlen wir mit unseren kostbaren Steuergeldern, weil Provinzfürsten sich Prestigeklitschen ins Gehölt klotzen mussten. Seit 2005 resultierte daraus eine rechnerische Verdoppeltung der deutschen Flughafenkapazität, und weil das ganze nur mit irrsinnigen Subventionen funktioniert, reichen diese Flughäfen die Gelder 1:1 an Ryanair & Co weiter, verschleiert natürlich in Form von null Landegebühren. Ryanbair kann so auch prima diese Standorte erpressen: "Machts mir billig oder wir kommen nicht mehr". Das ist ein Geschäftsmodell - Chapeau!
Ja, bei solchen Verhältnissen hockt es sich ganz bequem im Sessel und man kann gemütlich über Lufthansa & Co. ablästern, die jedoch in FRA und MUC die fairen Kosten für die gesamte Infrastruktur bezahlt und ihre Mitarbeiter fair behandelt, inklusive Altersversorgung und Sozialleistungen, wie es sich für ein verantwortungsvolles Unternehmen gehört.
Als preisbewusster Urlauber ist man sicher immer schnell dabei, wenn es darum geht, für den Erhalt des eigenen Arbeitsplatzes und ein gutes Gehalt zu demonstrieren, nicht wahr? Da wird schnell das Streikleibchen übergestülpt, die rote Fahne geschwungen und ins Megafon gebrüllt. Wenn man aber genau die Leistungen eines Unternehmens bezahlen soll, das solche Leistungen seinen Mitarbeitern gewährt, ach - da ist einem das Hemd doch wieder näher als die Hose. Sorry, das ist nicht nur beschämend, das ist in hohem Maße asozial.
Übrigens: für "erstmal dies" und "dann mal das" ist übrigens kein Platz. Die übliche Platitüde lautet bekanntermaßen: "Sollen die mir doch erst mal einen fairen Lohn bezahlen, sonst kann ich mir solche Flüge gar nicht leisten." Vorleistung ist angesagt, denn sonst, liebe Foristen, gibt es bald nämlich nur noch so viel Knete, dass auch FR-Flüge unerschwinglich werden. Darüberhinaus muss man sich fragen, ob zwei bis fünf Billigtrips mit FR & Co. im Jahr überhaupt nötig sind, um irgendein Glückgsgefühl zu erleben.
Ab und an sitzen Passagiere von FR in der S-Bahn nach DUS und fragen mich, ob ich wüsste, wo Ryanair denn abfliegt. Ich teile ihnen dann mit netten Worten mit, dass sie gerade zum falschen Flughafen unterwegs sind, lasse mir die Tickets zeigen und füge dann hinzu, dass der Flug wohl ohne sie abheben wird. Diese Gesichter solltet Ihr sehen. Anschließend rate ich dazu, nach DUS weiterzufahren, um bei LH, Air Berlin oder sonstwo nach einem "Sozialticket" zu fragen. Manchmal ist das Leben eben doch noch gerecht.
Hier gibt es eine nette Reportage über die Arbeitsbedingungen bei FR:
[url=http://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/auto_verkehr/billigflieger115.html]http://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/auto_verkehr/billigflieger115.html[/u]