Ich fliege seit nunmehr fast 25 Jahren wöchentlich zwei mal Linie. In dieser langen Zeit habe ich gelernt, dass es -so nüchtern und kühl es sich auch immer anhören mag- das Beste ist, so schnell wie möglich, mit den Gedanken in den normalen Alltag zurückzukehren. Vielleicht habe ich deshalb bis heute absolut keine Angst vor dem Fliegen, trotz zahlreicher Flugzeug-Unfälle irgendwo auf der Welt in dieser langen Zeit.
Mein Sohn ist LH-Pilot auf der A319, A320 und A321. Er sagt, die Airbus-Reihe A320 gehört zu den technisch perfektesten und sichersten Flugzeugen, die es gibt. Die Airbus A320-Reihe verfügt über ein Bremssystem, welches automatisch in einer von drei vorgewählten Stufen aktiviert wird, sobald das Fahrwerk den Boden berührt - so ich meinen Sohn richtig verstanden habe. Dieses automatische Bremssystem ist sanfter, aber trotzdem sicherer und effektiver, als es irgendein Pilot von "Hand" bewerkstelligen kann.
Ich habe soeben bei N-TV ein Video mit einer Simulation der Landung und dem weiteren Verlauf der Landung bis zum Crash gesehen. Danach war es wohl so, dass auf der sehr kurzen Landebahn starkes Aquaplaning war.
Wenn die Landebahn mit einer Eisschicht oder mit starkem Aquaplaning überzogen ist, dann kann es passieren, dass dieses automatische Bremssystem nicht sofort auf den Bodenkontakt anspricht, weil das Fahrwerk nicht "spürt", dass der Bodenkontakt hergestellt ist. Bei einer sehr kurzen Landebahn vergehen dann wertvolle Sekunden, bis die Piloten eingreifen können. Nach der Darstellung im bei N-TV gezeigten Video hatten die Piloten offensichtlich keine Chance mehr, die Maschine aufgrund des starken Aquaplanings in der Spur zu halten, oder die Maschine wieder durchzustarten, weil die Landebahn unter den gegebenen Umständen zu kurz ist.
Ein Brasilianischer Richter hatte wenige Tage vorher durch Beschluß die Sperrung dieser kurzen Landebahn angeordnet - diese Anordnung ist dann später -durch wen auch immer- tragischerweise wieder aufgehoben worden.
Die LH hatte -ich glaube- 1989 einen ähnlichen Unfall in Warschau, der allerdings nicht so tragisch verlaufen ist. Es war gleichzeitig der letzte Unfall, den die LH dieser Art hatte. Nach diesem Unfall ist sowohl am Airbus etwas verändert worden, als auch das Landeverfahren wurde bei der LH etwas verändert. Ganz bewusst werden LH-Piloten darauf gedrillt, bei starker Nässe auf der Landebahn härter aufzusetzen. Viele Passagiere werten eine solche harte Landung als schlecht ein - aber das Gegenteil ist der Fall, eine solche härtere Landung dient der Sicherheit.
Die LH stellt ihren Piloten regelmäßig einen Report über Flugunfälle irgendwo in der Welt zur Verfügung, sobald die amtlichen Untersuchungen abgeschlossen sind. Die Piloten sollen daraus lernen, welche Situation bei dem fraglichen Unfall vorlag und welche -auch menschlichen- Fehler zum Unfall führten. Leider werden solche sehr genauen Unfalluntersuchungsergebnisse nicht in der normalen Presse veröffentlicht. Manchmal bekomme ich diese Berichte zu lesen, wenn ich sie bei meinem Sohn sehe. Ich lese diese Berichte immer sehr intensiv und bin immer sehr erstaunt darüber, welche Kette von kleinen Zufällen und Gegebenheiten, Pannen und Mißverständnissen letztendlich zu einer Katastrophe diesen Ausmaßes geführt haben.
hardy