Herbstwaldgeflüster
Heftig hatten die ersten Herbststürme über dem Land getobt.
Auch Regen hatten sie mitgebracht und kühle Luft.
“Nun ist der Herbst da”, sagten die Menschen. Sie seufzten ein
bisschen und dachten an die warmen Sommertage zurück.
Auch die Waldfrüchte, die Eicheln, Bucheckern, Nüsse und Kastanien
grämten sich. Fast alle hatte der Sturm von den Bäumen gerüttelt
und zu Boden geworfen. Und da lagen sie nun zwischen Herbstlaub und
Gräsern - nackt und schutzlos,´denn ihre warmen Hüllen hatten sie
beim Aufprall verloren.
Was für ein Schreck! Überall im Wald hörte man, wenn man ganz still
war und lauschte, ein leises Schluchzen.
“Meine schöne grüne Haut”, jammerte eine Nuss. “Braun ist sie in
den letzten Wochen geworden und nun habe ich sie verloren.”
“Ich vermisse mein schickes braunes Hütchen”, rief eine Eichel.
“Und ich meinen braunen Fruchtbecher”, klagte die Buchecker.
“Meinen Zwilling habe ichauch verloren. Wir sind nämlich immer
zu zweit und nichts kann uns trennen.”
“Nur der Herbststurm”, heulte die Kastanie. “Er hat euch getrennt.
Doch was soll ich sagen? Mein grün-gelber Stachelmantel ist verschwunden.
Der Herbstwind hat ihn mir geraubt.”
“Unsinn”, sagte die Nuss. “Unsere Kleider liegen wie wir hier irgendwo
auf dem Waldboden und dort werden sie nun verfaulen.”
“Nein, oh nein”, rief die Eichel. “Das darf nicht sein.”
“Du lügst”, schrie die Buchecker, und die Kastanie sagte empört
“Du dumme Nuss!” zur Nuss.
“Phh!” Die Nuss schwieg beleidigt, während die Waldfrüchte ihr Schicksal beklagten. Und jede wusste etwas anderes zu dem, was ihnen widerfahren
war, zu sagen.
“Streitet euch nicht!”, mischte sich ein Waldpilz ein. “Ihr solltet euch
besser im Gras oder unter einem Blatt verstecken. Grabt euch in die
Erde hinein, bildet Wurzeln und wachst zu neuen Bäumen heran!
Oder wollt ihr, dass euch die Tiere, die Mäuse, Hamster, Wildschweine
und Eichhörnchen, auffuttern? Auch bei den Menschen seid ihr sehr
beliebt.”
“Die Menschen?”, kreischte die Kastanie. “Wollen die uns etwa auch
aufessen?”
“Sie lieben euch über alles”, sagte der Pilz leise. “So wie uns Pilze auch.”
“Oje oje oje!” Noch lauter hallte das Wehklagen der Waldfrüchte durch
den Wald. Und vor lauter Klagen vergaßen sie ganz, den Rat des Pilzes
zu befolgen und sich zu verbergen.
“Warum weint ihr?”, hörten sie da plötzlich ein Kind fragen.
Und ehe sich die Waldfrüchte versahen, lagen sie in einer warmen
Kinderhand.
Vor Schreck waren sie ganz stumm geworden.
“Schön seht ihr aus!”, sagte das Kind fröhlich. “Schon viele von euch
habe ich heute gesammelt. Sammeln macht Spaß und Herbst ist toll, oder?
Ein Kinderfinger streichelte über die Früchte. “Bäume sollt ihr werden.
Große starke Bäume mit vielen Früchten. Klar?”
Die Waldfrüchte schwiegen, nur die Nuss sagte leise: “Klar!”
Das Kind lachte. Dann warf es die Eichel, die Buchecker, die Kastanie
und die Nuss mit Schwung auf die Waldlichtung.
“Viel Glück!”, rief es ihnen hinterher.
Viel Glück! Ja, das konnten sie brauchen, die Vier.
Doch wer braucht das nicht? - Elke Bräunling -
Und auch diese kleine Geschichte zeigt, dass es gut ist, alles im positiven Licht zu sehen
Es war einmal ein Buchenblatt. Den Sommer über hatte es den Baum
mit seinem kräftigen Grün geschmückt. Doch nun war es immer
trockener und unansehnlicher geworden.
Als es zur Erde fiel, war sein letzter Gedanke: "Ach, nun bin ich zu
gar nichts mehr nütze!"
Doch da kam ein kleiner Käfer vorbei.
Er sah das Buchenblatt und schnappte es sich, um darunter seinen
Winterschlaf zu halten.
Und beim Einschlummern dachte das Käferchen: "Ein schöneres Dach
könnte ich mir nicht wünschen!"