@Knuti100 sagte:
Zum Glück leben wir in einem Rechtsstaat, in dem derartige Ansprüche aus vertraglichen Bedingungen und gesetzlichen Regelungen abgeleitet werden. Ist das allein schon moralisch verwerflich? Ist es zu verurteilen, dass ein Gläubiger ausstehende Zahlungen einklagt, obwohl der Schuldner krebskrank ist oder seine Tochter im Sterben liegt?
"Zum Glück leben wir in einem Rechtsstaat, in dem derartige Ansprüche aus vertraglichen Bedingungen und gesetzlichen Regelungen abgeleitet werden"
Bedeutet "Rechtsstaat" und "vertragliche Bedingungen" denn das Ausschalten des eigenen gesunden Menschenverstands? Wenn mein "krebskranker" Schuldner aufgrund unverschuldeter Umständen oder dumm gelaufener Umstände in meine Schuld gekommen ist, werde ich dann am Totenbett aufkreuzen und "mein Recht" bestehen? Oder werde ich mein Recht nicht in Anspruch nehmen oder später, in Ruhe, mit den Erben über eine mögliche Regelung, über einen "Ausgleich" der Schuld eines Menschen, die die Erben aber nicht zu vertreten haben, sprechen?
Wir befinden uns hier nicht in vorweihnachtlichen Stimmung(en), sondern in moralphilosophischen Betrachtungen.
Natürlich sind wir froh, dass es bei uns eine Rechtssicherheit gibt, die Ansprüche regelt. Natürlich ist es das Recht eines jeden Staatsbürgers, seine ihm zustehenden Rechte geltend zu machen. Aber rechtfertigt der Hinweis auf "mein Recht" alle anderen Bedenken, Zweifel und Überlegungen wegzuschieben? Zu meinen, der Poster hätte "ja nur eine Rechtsauskunft" haben wollen und moralische Überlegungen seien hier fehl am Platz?
Vor 2004 gab es diese eigenartige "Fluggastverordnung" nicht. Bis 2004 konnte man nicht "extra Zahlung" für Verspätungen oder Absagen von Flügen verlangen. Seit 2004 scheint aber immer wieder in Wellen die Hysterie auszubrechen, "was bekomme ich für neun Stunden, zwölf Stunden, für einen Tag Verspätung für meinen Urlaub auf Hawaii, Texas, Mongolei und ich-weiß-nicht-wo?"
Daher sehe ich moralische Diskussionen schon als hier zulässig, wenngleich das Forum "Reiserecht" heißt!
Ich habe in meinen über 30 Jahren Tätigkeit im Reisebüro leider auch zwei Todesfälle in Reisegruppen miterlebt, mehrere Kolliken und Krankenhauseinlieferungen als Reiseleiter zu bewältigen gehabt. Aber nur einmal haben die Eltern eines sich zu Tode gesoffenen Jugendlichen in einem Hotel Italien dann furchtbar aufgeregt, als der Hotellier die Kosten für den vereinbarten Aufenthalt - es waren die letzten Tagen, die er in der Saison offen hatte und die Lebensmittel waren auch schon eingekauft - verrechnete (der Jugendliche verbarrikatierte sich mit anderen in seinem Zimmer und liess den gleichaltrigen - jungen 17jährigen Betreuer - nicht mehr ins Zimmer; er starb an mehreren Flaschen Wodka und Schnaps an seinem eigenen Erbrochenen). Unmoralisch der Gastwirt, moralisch korrekt der Jugendliche - wir könnten weiter philosphieren...