Hier die Ausssendung der österr. Wirtschaftskammer an die Reisebüros
Im Zusammenhang mit unserer Aussendung zur Reisewarnung für Ägypten sind zahlreiche Anfragen von Mitgliedsbetrieben eingelangt. Konkret geht es um die Frage, was unter einer „nicht unmittelbar bevorstehenden Reise“ zu verstehen ist bzw. ob dieser Begriff gesetzlich näher definiert ist.
Vorweg ist festzuhalten, dass weder die EU-Pauschalreiserichtlinie, noch das österreichische Konsumentenschutzgesetz oder die Allgemeinen Reisebedingungen dem Kunden bei höherer Gewalt (Krieg, Unruhen, Terror, Epidemien Naturkatastrophen etc. ein gesetzliches Rücktrittsrecht einräumen. Im Fall der Pauschalreise hat der Kunde aber andere Rechtsinstrumente zur Verfügung, die auf einen kostenlosen Reiserücktritt hinauslaufen.
Die Rechtsprechung nimmt einen „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ immer dann an, wenn der Reiseantritt durch schwerwiegende Änderung der Umstände im Zielgebiet nach der Buchung unzumutbar wird. Maßstab für diese Unzumutbarkeit ist ein durchschnittlicher Reisender, also weder eine besonders ängstliche noch eine besonders mutige Person. Die Sicherheitsbeurteilung des Ziellandes durch das Außenministerium (BMeiA) ist bloß ein Anhaltspunkt für die Beurteilung der Unzumutbarkeit. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichthofes (OGH) stellt eine nach der Buchung ausgesprochene „Reisewarnung“ jedenfalls einen Rücktrittsgrund dar.
Nachdem kein gesetzliches Rücktrittsrecht existiert, gibt es auch keine gesetzliche Definition der „nicht unmittelbar bevorstehenden Reise“. Auch der Oberste Gerichtshof hat in dieser Frage keine konkrete Festlegung getroffen.
Als „unmittelbar bevorstehend“ gelten nach unserer Ansicht alle Reisen, die innerhalb der nächsten 14 Tage angetreten werden sollen.
Für den Zeitraum 14 bis 28 Tage vor Reiseantritt besteht leider keine gesicherte Rechtsprechung. Das Handelsgericht Wien hat entschieden, dass bei einem Reiseland mit zweifelhaftem Sicherheitsniveau ein mehr als 4 Wochen vor der geplanten Reise erklärter Rücktritt wegen Terrorgefahr nicht gerechtfertigt ist (HG Wien 1 R 270/00b). Auch ein Rücktritt eine Woche vor Reiseantritt kann unter bestimmten Umständen als vorzeitig bezeichnet werden (HG Wien 1 R 179/00w). Ganz abweichend davon, hat das Bezirksgericht für Handelssachen Wien einen Reiserücktritt über 4 Monate vor der geplanten Reise für zulässig erklärt (BGHS 9 C 1207/03w).
Nachdem die Unruhen in Ägypten kein singuläres Ereignis darstellen (wie etwa ein Terroranschlag) und die Lage voraussichtlich noch einige Zeit angespannt bleibt, erscheint (auch angesichts der Semesterferien) ein kostenloses Rücktrittsrecht des Kunden für Reiseantritte innerhalb der nächsten 4 Wochen nicht abwegig.