Hallo alle zusammen,
frisch aus der Türkei (Kemer) zurück, will ich auch mal meinen Senf - resultierend aus Gesprächen mit befreundeten Hotelmanagern und -besitzern sowie einheimischen Geschäftsleuten - dabei geben:
Die Situation stellt sich dort wie folgt dar: Einige der großen Hotels öffnen dieses Jahr gar nicht, andere haben die Saison auf die Monate Juni, Juli, August begrenzt. Die meisten kleineren Hotels haben geöffnet, da sie sehr stark von Stammgästen profitieren. Ausnahmen sind hier die Hotels, die nur auf osteuropäische Gäste ausgelegt sind und ganz geschlossen bleiben.
Pauschaltouristen aus Russland sind gänzlich verschwunden und die wenigen russischen Gäste, die kommen, haben Flug und Hotel separat gebucht bzw. sind im Pkw angereist. Witzig ist, dass nun verstärkt Ukrainier die Türkei nach dem Wegbleiben der Russen aufsuchen. Aber auch sie kommen überwiegend mit dem Auto und buchen vor Ort Hotels nach Wahl, da sie gern überall nur ein paar Tage bleiben.
Nach Auskunft unserer Freunde, die ein kleines Hotel betreiben und natürlich auch die Materie sowie etliche Hotelmanger kennen, "leben" etliche Hotels zur Zeit von ihren "treuen" Stammgästen, die jedoch zum größten Teil nicht aus dem osteuropäischen Raum stammen.
Auch scheint sich im Moment ein neuer Kundenkreis für die Türkei zu erschliessen, denn man bemerkt verstärkt skandinavische Gäste und auch viele Niederländer, sofern man bei den geringen Touristenzahlen von viel sprechen kann.
Wenn man mit den Geschäftsleuten spricht, erwarten sie dieses Jahr einen Einbruch von circa 60 % der Gäste im Verhältnis zu den letzten 4 Jahren. Da kann man nur hoffen, dass sich das nicht bewahrheitet, sonst ist es um die Wirtschaft schlecht bestellt.
Es stimmt, dass viele Deutsche die Türkei aus Angst vor Anschlägen meiden und trotzdem hoffen die türkischen Geschäftsleute auf möglichst viele Deutsche. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Flexibilität der Türken, die ich diesen Monat live bewundern durfte. Noch letztes Jahr hingen an den meisten Geschäften Firmenschilder und Werbung auf Russisch. Jetzt da die Russen nicht mehr kommen, sind diese Schilder wieder abgeschraubt worden und darunter erscheint - oh Wunder - das alte Schild in Deutsch. Das nenne ich mal situationsbedingte Flexibilität.
Nicht verstehen kann ich hier das Gemecker vieler Leute wegen der Hotelsituation. Einfach sich mal vorstellen, dass man selbst ein Hotel besitzt, welches Monat für Monat, wo es geöffnet ist, Unsummen verschlingt. Ausser Strom und sonstigen Nebenkosten muss das Personal bezahlt werden, welches in den Monaten der Saison zumindest soviel verdienen muss, dass die Monate der Nichtsaison über die Runden kommt. Lasse ich da wirklich das Hotel bei einer Belegung von 10 oder 30 Prozent offen und setze jeden Tag Unsummen in den Sand oder lasse ich es zu und spare mir die Millionenverluste? Ich persönlich würde mir das Geld sparen und auf bessere Zeiten hoffen.
Ausserdem kann jeder, der in die Türkei möchte, immer noch ein Hotel finden. Muss es denn wirklich eine dieser ekeligen Bettenburgen sein, die ihre Sterne manchmal anscheinend von einer Schnapsflasche (vielleicht Metaxa, aber nein, der ist ja griechisch) haben oder tut es nicht auch mal das kleine nette Familienhotel, wo man (wir zumindest) sich wohl fühlt und freundlich aufgenommen wird? Hier kennt man zumindest seine Gäste noch beim Namen.....
Aber mit ein wenig Schadenfreude komme ich zum Schluss: Ich hoffe, dass es mit dem Türkeitourismus wieder aufwärts geht und das vor allem die kleinen Geschäftsleute und Hoteliers davon profitieren. Die großen Bettenburgen mit ihren Spekulanten und Umweltzerstören können meinetwegen auf der Strecke bleiben.....