Ich wünsche einen schönen vierten Advent!
Wie Weihnachten in unserer Familie gefeiert wurde
In jeder Familie gibt es sicherlich weihnachtliche Traditionen. Wie geschmückt oder das Fest gestaltet wird oder was es zu essen gibt. So natürlich auch bei uns.
Ich kaufte „in jungen Jahren“ Weihnachtsschmuck, wie ich es zuhause gewohnt war, in der klassischen Farbe Rot, dazu kombinierte ich - auch aus Kostengründen, man kann ja nicht alles auf einmal anschaffen - selbst gebastelte Strohsterne, gebackene Salzgebäck- und vergoldete Walnussanhänger. Und mit jedem Jahr kamen dann das eine oder andere schöne Stück dazu, nostalgische Pferdchen, wunderschöne Holzinstrumente, Rehkitze und vieles mehr. Mein „Weihnachtsschatz“ wuchs von Jahr zu Jahr. Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, mal andere Farben auszuprobieren.
Eine Kollegin feiert jedes Jahr am Heiligen Abend mit der ganzen sehr großen Familie - sie hat sechs Geschwister, alle verheiratet und mit Kindern gesegnet - bei den Eltern, und nie ohne Mamas Heringssalat! Das muss schon eine mordsmäßige Schüssel sein…
Meine Freundin Anna macht seit etlichen Jahren immer wieder Raclette. Was anderes wäre für ihre ganze Familie einfach undenkbar.
Freundin Sanne dagegen liebt es, gut zu essen und sich gar nicht erst zu stressen. Rinderfilet, ein Sößchen, Salat und Kroketten, Eiscreme, das ist ihr jährliches Programm.
Bei meinem Mann gab es daheim immer ein gebratenes Kaninchen, welches der Schwiegervater alle Jahre wieder bei einem Kollegen schon Wochen vorher bestellte.
Und bei meinen Großeltern mütterlicherseits gab es zum Leidwesen meiner Mutter immer Wild, da mein Opa Jäger war und dieses im Gegensatz zu Schwein oder Rind vom Metzger - vor allem in der schlechten Zeit - nichts kostete….
Bei uns fand der Heilige Abend jahrelang wie folgt statt:
Mein Mann fuhr nachmittags als erstes zum Friedhof zu seinem Papa. Dann holte er Schwimu und meine Eltern samt Dackeline ab.
Ich hübschte mich in der Zeit an und kümmerte mich, wie schon seit fast zwei Tagen, weiter ums Essen und den gedeckten Tisch. Es sollte, wie in jedem Jahr, festlich und einfach besonders sein. Nicht ohne Weihnachtsmusik und „Hans-Joachim Kulenkampf liest Weihnachts-geschichten“ zu hören; der tschechische Märchenfilm „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ auf WDR durfte natürlich auch nie fehlen, obwohl ich den Film eigentlich schon selbst synchronisieren könnte.
Ich holte die Geschenke aus den Verstecken und verteilte sie im üppig geschmückten Weihnachtszimmer.
Sanne meinte mal, das sei bei uns schlimmer als bei Leuten mit kleinen Kindern. Baum, Riesenkrippe, Dutzende Päckchen, Deko und Kerzen, überall und nirgends. Aber ganz ehrlich, vor allem unsere Mütter genossen offenbar den festlichen Rahmen. Und Papa war froh, selbst keinen Baum mehr ins Haus holen und schmücken zu müssen. Sein Bedarf war mit unserem also gedeckt, und Mama war trotz aller Pracht insgeheim doch erfreut, dass Papa nicht so viel Dreck ins Haus brachte. Die Tannennadeln fand man schließlich noch im Hochsommer. Wo die blöden Dinger sich aber auch immer versteckten… So „lohnte“ sich der ganze Aufwand für mich allemal!
Kurz vor 18.00 Uhr, ehe die Familie eintrudelte, zündete ich etliche Kerzen und Teelichter an und machte wieder Weihnachtsmusik. Ich scheuchte alle Ankömmlinge aus der Küche an den gedeckten Tisch und servierte schließlich das (erste von drei) Festessen, zunächst eine Suppe und dann zwei „gut bürgerliche“ Hauptgänge, wegen Mamas und zugegeben auch meiner „Wildallergie“ und den sonstigen diversen Vorlieben und Antipathien meiner Familie. Danach wurde in der Küche klar Schiff gemacht. Und erst nach der „Pause“ wurden Desserts, Kaffee oder Digestif serviert.
Um die Sache noch festlicher zu gestalten, gab es auch schon mal was Besonderes zu trinken. 2006 haben wir z. B. von der Petersilienhochzeitsreise Blandy’s Sercial von Madeira mitgebracht. Und sogar meine Schwiegermutter, die dem Alkohol gar nichts abgewinnen kann, wollte die Spezialität von der „Sissi-Insel“ probieren. Auch zu einem Commandaria aus dem Kloster Kykko von Zypern konnte ich sie mal bewegen. Was aus dem Kloster kam, konnte ja nichts Schädliches oder Verwerfliches sein…. Und einen Kitron von der Insel Naxos gab es auch mal. Und extra für meinen Daddy einen Magno von seinem geliebten Teneriffa.
Später klingelte irgendwann mal das Glöckchen, welches ich vor vielen Jahren extra für diesen Anlass kaufte, dann lief Stille Nacht - immer die Aufnahme von Carreras - und alle sangen mit. Es folgten die Weihnachtswünsche und schließlich wurde ausgepackt. Um es spannender zu machen, bekam jeder abwechselnd ein Geschenk angereicht. Das wurde dann schon mal ein abendfüllendes Programm. Und die Begeisterung meiner Familie über die Ideen, die ich zugegebenermaßen schon seit Monaten in die Tat umsetzte, erfüllte mich mit Stolz und Freude.
Ende der 80er, zu Beginn unserer damals noch „wilden“ Ehe musste ich auch am Heiligen Abend noch arbeiten. Also kochte ich in der Adventszeit mal sonntags für meine Eltern, lud die Schwiegermutter an einem anderen Sonntag zum Adventskaffee ein, da Schwimu nun mal auf Süßes steht, zu Weihnachten wurden wir jedoch bekocht. Also fuhren mein Mann und ich jedes Jahr abwechselnd zu Eltern bzw. Schwiegereltern. Kamen wir dann am Heiligen Abend spät nach Hause, machten wir uns bettfein. Mein Mann öffnete ein Weinchen, ich bereitete im Weihnachtszimmer alles vor – und dann bimmelte das obligatorische Glöckchen – und die Bescherung fand statt, immer im Schlafanzug! Mein Mann vermisste diese Tradition später…
Vor zwei Jahren wurde dann alles anders, da ich sehr krank wurde. Ich konnte meiner Familie leider nicht das bieten, was sie „gewohnt“ waren.
„Kind, lass uns doch nächstes Jahr feiern.“, meinte mein Vater. Er meinte es gut, und wollte mich entlasten. Dennoch bestand ich darauf, dass der Heilige Abend wie immer bei uns stattfinden sollte. Es gab den prächtigsten Baum, den wir je hatten! Allerdings musste die Krippe im Sommerquartier bleiben, da meine Eltern nun ein neues Familienmitglied hatten, ein ganz junges Dackelchen. Sonst wäre Josef womöglich noch am Heiligen Abend geköpft worden und das Jesuskind folglich Halbwaise oder gar entführt.
Also machte ich mich mal wieder auf in die Küche. Mein Mann unterstützte mich, wo er konnte; hatte er mir doch bei diesem „speziellen“ Essen schon mehrmals assistiert. Es gab nämlich das, was es am Heiligen Abend wohl in vielen Haushalten gibt und sowohl mein Mann als auch mein Vater auf einmal angeblich immer mal haben wollten (wovon ich vorher natürlich rein gar nichts wusste), nämlich Kartoffelsalat! Dazu Brot, Butter und Würstchen, Lachs und hart gekochte Eier…
Oh Wunder, am Heiligen Abend mundete ganz offensichtlich allen. Und dies nicht nur mir zuliebe. Mein Vater war offenbar sehr zufrieden, erinnerte es ihn doch an Weihnachtsabende nach dem Krieg zuhause bei seiner Mutter und den Geschwistern, wovon er an diesem Abend auch auf wunderbare Art erzählte.
Es war trotz aller Gegensätze zu den vorigen ein wunderschöner unvergesslicher Heiliger Abend! Leider war es das letzte Fest seiner Art. Deswegen bleibt es mir ganz besonders in Erinnerung.