Hallo,
ich kann hema und chriwi nur Recht geben. Dies sind Einzelfälle, die zwar für den Einzelnen schlimm sind, aber überall auf der Welt passieren könnten. Man denke nur an die U-Bahn-Überfälle in München. Kann man deshalb gleich generell sagen, dass es in Deutschland lebensgefährlich ist, U-Bahn zu fahren???
Nur mal so in Zahlen: alleine wir haben als gerademal mittelgroßer Veranstalter in unserem Hauptkursort Torquay im Jahr rund 3000 Schüler - ganze drei davon hatten letztes Jahr Probleme mit Gewalt. Von einem generellen Gewaltproblem kann überhaupt keine Rede sein.
Einer von diesen dreien hatte diese Gewalt auch noch nicht nur provoziert, sondern sie ist von ihm ausgegangen! Die anderen waren, genau wie Evas Klassenkameraden, unvernünftig genug, allein zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein - wer würde als Minderjähriger entgegen allen Warnungen und Verboten in Deutschland schon alleine abends um 23.00h im Frankfurter Rotlichtviertel unterwegs sein??? Manchmal hilft da schon der gesunde Menschenverstand, den manche aber leider offensichtlich zu Hause gelassen haben.
Zur Gesprächigkeit von Gastfamilien: dies ist ganz selbstverständlich von Familie zu Familie unterschiedlich. Gerade die von deutschen Schullehrern ausgewählten Familien gehören oft nicht zu den allerbesten, da die Lehrer dies nur einmal im Jahr fast hobbymäßig machen und oft nicht genau wissen, worauf sie achten müssen. Das geht oft schon mit der Auswahlt des Kursortes los...
In Evas Familie hätte es im übrigen bei jedem halbwegs vernünftigen Anbieter dennoch einen Gastfamilienwechsel von einem Tag auf den anderen gegeben - nur leider gibt es soetwas bei Schultrips sehr selten. Wenn ich denn aber lese, dass das ganze von einer Freundin der Lehrerin so nebenher gemacht wird, dann darf man sich doch wundern.
Oft muss ich aber auch selbst sehen, dass Gastkinder sich über die mangelnde Kommunikation mit der Gastfamilie beschweren, selbst aber keinerlei Anstalten machen, mit der Familie zu reden. Da kommt man abends nach der Schule nach Hause, sagt mühsam guten Abend und verschwindet dann sofort auf seinem Zimmer. Da kann selbst die beste Familie nicht für verantwortlich gemacht werden. Ich hab's immer wieder erlebt, wie umgekehrt Familien die Kinder dann heruntergerufen haben und ins Wohnzimmer gebeten haben, um mit ihnen zu reden. Reaktion: Null.
Wenn man dann noch mit mehreren in der Familie ist und auch beim Abendessen untereinander nur deutsch redet, die Familie also in ihrem eigenen Haus von vornherein ausschliesst, dann darf man sich nicht wundern. Am Ende ist aber natürlich die böse Gastfamilie schuld, die kein Wort mit einem geredet hat. Zur Integeration gehören auch immer noch Zwei.
Aber selbst solche Probleme gibt es bei besagten 3000 Schülern im Jahr gerade einmal bei maximal 10 Leuten! Auch dies ist ein verschwindend geringer Prozentsatz.
Schließlich und endlich noch: die Verpflegung ist im allgemeinen deutlich besser, als allgemein gesagt wird. Man kann sich nicht einerseits über die bösen Engländer und deren Vorurteile gegenüber Deutschen beschweren, und dann andererseits unsere Vorurteile gegenüber den Engländern immer hübsch hochhalten (schlechtes Wetter, schlechtes Essen usw.). Das geht einfach nicht und ist in der Sache auch noch absoluter Unfug. Das Wetter ist nach der Statistik absolut identisch mit dem in Deutschland, das Essen keinen Deut schlechter, als der Aldi-Kram, den die deutsche Durchschnittsfamilie so konsumiert. Viel mehr ist das ein Problem von "wehe, wenn sie losgelassen...". Die Kids sind das erste mal allein in England, ohne die Eltern, und da ist die Verlockung groß, häufig zu McDonald's und Co zu gehen. Zu Hause darf man's ja nicht, zumindest nicht jeden Tag. Da rennt man denn in besagte Fast-Food-Läden, stopft sich voll, kommt zu spät zum Abendessen zur Familie und wundern sich dann, dass diese nicht besonders erfreut ist, umsonst gekocht zu haben. Und damit Mama und Papa zu hause nix merken, wird sich dann auch noch über das schlechte Essen beschwert.
Es stimmt auch nicht, dass Gastfamilien fast nur sozial schwache Familie sind. Natürlich wird sich kaum der Bürgermeister melden, aber die meisten Gastfamilien sind normale Mittelklassefamilien. Das große Geld machen können sie mit Gastschülern ohnehin nicht, schon gar nicht die Familien, die von deutschen Schullehrern ausgewählt werden. Diese Familien bekommen im Schnitt nur zwischen 8 und 10 Pfund pro Tag von der deutschen Schule, davon muss dann Frühstück, Lunch und Abendessen bezahlt werden. Bleiben unter dem Strich am Tag wenn's hochkommt 3 bis 4 Pfund übrig... da kann man natürlich nicht von leben!
Was alles nicht heissen soll, dass es keine Probleme gibt. Nur sind diese dann eben Einzelfälle und nicht ein generelles Problem.
Gruß,
soedergren