Liebe Chiara,
ich sehe die Entwicklung so:
Unsere Väter erlebten eine rasante Entwicklung in der Motorisierung. Verbunden mit dem Verschwinden von Berufen und Entstehen neuer Berufe. Wobei wohl auch die Forderungen nach gerechteren Löhnen, weniger Arbeitszeit, Wochenende frei usw. ebenfalls zu Entwicklungen und Änderungen führten, die für einige Berufsgruppen negative Auswirkungen hatten.
Unsere Generation erlebte die Wende von der herkömmlichen Technik hin zur Computergeneration. Ebenfalls begleitet vom Wunsch nach immer mehr Freizeit, Freiheit und Konsummöglichkeiten. Aber vielleicht auch schon ein wenig geprägt von der Angst um den Arbeitsplatz und die Zukunft.
Die nun erwachsen werdende jüngste Generation ist mit dem Computer und der sich daraus ergebenden Vielfalt der Anwendungen, mit den neuen Medien, aufgewachsen. Sie sehen es als "Fahrrad des 19. Jh.", als "Auto des 20. Jh.". Was aber hier noch weitgehend fehlt, ist das sich Auseinandersetzen, welche Entwicklungen im Arbeitsmarktbereich sich dadurch ergeben könnten.
Der Hinweis, früher seien auch Arbeitsplätze durch Aussterben von Berufen vernichtet worden, sind mir hier zu wenig. Denn ein wesentlicher Unterschied zu früher: die Menschen werden deutlich älter, wünschen kürzer zu arbeiten und möchten mehr Geld zur Verfügung haben. Wie soll so ein Modell funktionieren?
Mir ist schon klar, dass ich die Entwicklung weder aufhalten kann noch auch will (weil sie auch mir Vorteile - im Moment noch...) bringt. Mir geht es in vielen meiner Beiträge mehr um das Bewußtmachen: wenn ich diesen oder jenen Weg gehe, weil er mir im Moment Vorteile bringt, muss ich aber auch akzeptieren, dass im Gegenzug jemand meine Dienstleistung nicht mehr brauchen wird und ich mit Konsequenzen rechnen muss.
Es ist mir zu einfach nur zu lesen: die Reisebüros sind selber daran schuld - oder - wenn sie besser beraten würden, würde man ja eh dort buchen usw. Die Situation ist sehr komplex: Veranstalter, die vom Vetrieb wegsteuern versuchen - mit der Konsequenz im eigenen Betrieb mit weniger Personal auszukommen? --> LTU!
Was, wenn man keine Verkäufer mehr bräuchte, weil dies mit Touch-Screens wesentlicher einfacher und billige käme?
Was, wenn man die Büroautomatisation soweit vorantriebe, dass man 50 Prozent des Personals einsparen könnte?
Wo sollen dann diese Personen Arbeit finden? In der Selbständigkeit? In welcher? Und wird dann in der Bevölkerung auch noch so viel Kaufkraft vorhanden sein, die Leistungen dieser neuen Selbständigen auch konsumieren zu können?
Nochmals - ich sehe die Entwicklung durchaus positiv und - ich bin bald 50 - habe keine Angst vor dem Altwerden und zur Seite gestellt werden (dazu habe ich schon mal viel zu viele Hobbies...).
Aber ich meine, es wäre manchmal angebrachter, hier mit Äußerungen in Richtung "selber Schuld" vorsichtiger umzugehen.
Keine Frage, auch in unserer Branche sind viele Probleme hausgemacht, viel zu lange unter den Teppich gekehrt oder schlicht weg ignoriert worden.
Doch es ist gefährlich sich auf der sicheren Seite zu sehen, denn auch das ist ein Zug der Zeit: es ändern sich heute die Bedingungen viel viel schneller als früher: aus den Gewinnern werden Verlierer - nur, die Gräben werden dabei auch immer tiefer aufgerissen...
meint
Peter