Was ist also wieder mal passiert?
Da fällt also einem Verbraucher aus einer Zeitschrift oder einer unverlangt zugesandten Werbung ein Reiseangebot von einem völlig unbekannten Veranstalter * (deswegen nach mancher Argumentation ohne Renomee) in die Hände und völlig benebelt vom Reklamegefasel * und den dadurch erzeugten überzogenenen Erwartungen ruft er bei der gebührenpflichtigen Hotline des werbenden Unternehmens an, das Schnäppchen des Lebens erwartend! *
Der freundliche Mitarbeiter an der Hotline wird natürlich nicht dafür bezahlt, dass er dem Kunden die Wahrheit erzählt, sondern dafür, dass er Reisen und Zusatzleistungen * vercheckt. Er wird also versuchen, die Erwartungen und Urlaubsträume des Kunden niemals vor dem Abschluss zerstören, gößtenteils weiß er auch gar nicht so genau was er da verkauft, an seinem Callcenterplatz steht ein Bildschirm der ihm sagt, was er als nächstes fragen/sagen muss. Nächste Woche verkauft er eh Lotterielose, Versicherungen oder Handyverträge am Telefon, was soll's. *
Hätte der Kunde einen neuen Wasserkocher gebraucht, hätte er vorher drei Jahrgänge Stiftung Warentest gelesen, zwei "Fachmärkte" aufgesucht und 10 Kollegen befragt. Eine Reise bucht man mal grad so. *
Überall, wo ich jetzt ein * gesetzt habe, hätte der ein oder andere stutzig werden können, hätte er denn solches gewollt. In einer Motorclubzeitschrift, in der solche RV auch gerne werben, kann man schon seit Jahrzehnten immer wieder über Katalogsprache lesen, RTL und Bild betreiben auch schon seit Jahren aufopferungsvolle Aufklärungsarbeit. Selbst andere, ebenfalls renommierte Zeitungen und Fernsehsender haben das Thema bisher mehr als nur einmal pro Jahr aufgegriffen.
Warum wird also der Verbraucher immer noch nicht stutzig? Das Marketinggefasel hat ihn als VIP bezeichnet und er kann 750 Ero sparen. Für was? Weiss er nicht so genau, ist auch völlig wurscht, Geiz ist geil. Und ausserdem waren Müllers da noch nicht und denen zeigen wirs jetzt mal, die fahren immer so teuer in die Türkei!
Und dass er für den Urlaub lange sparen musste, fällt ihm dann ein, wenn die Bestätigung kommt. Wie, kein Firstclass Flug mit Emirates, kein Butler, keine leichtgeschürzten Mädchen, die mit goldenen Palmblättern Kühlung zufächeln und keine Stretchlimo am VIP Ausgang des Flughafens? Unbekanntes Hotel, unbekanntes Land? Der Gedanke, selber was falsch gemacht zu haben, wird mit Entrüstung über die unsichere Airline und das vom Strand 30 min entfernte Hotel maskiert und man sucht nach einem Schuldigen. Sogar im Internet!
Nun kocht in einem recht bekannten Forum einiges hoch, es finden sich unangenehme Wahrheiten und noch mehr Hinweise drauf, dass man sich vielleicht ein wenig zu schnell für etwas entschieden hat, das eigentlich ganz anders sein sollte.
Es folgt die Suche nach Stornomöglichkeiten, Anwälte werden engagiert und teils tatsächlich der ganze Reisepreis zurückbezahlt. Das ist aber keine Folge dessen, dass der RV eingesteht im Unrecht zu sein, er möchte die Bälle flach halten. Und nach Möglichkeit Menschen, die erkannt haben, das was nicht so ganz gut läuft, nicht in Kontakt mit den anderen tausenden bringen, die er jährlich auf "Bildungsreise" schickt. Denn die Tips und das Genörgel der Erkenner könnten den Veranstalter in Verlegenheit bringen, wenn die anderen alle nach der Heimkehr ihre Entschädigungsforderungen aufstellen. Für Ruhe zu sorgen, ist also nix als Schadensbegrenzung und der Versuch, den angeknacksten Ruf zu überpinseln.
Warum jetzt die Bucher einen wie Holginho beschimpfen, der ihnen ganz neutral und ohne besondere Sympathie für den RV, sagt, dass die "Katastrophe" nur einen einzigen Verursacher, nämlich sie selbst und ihr kritikloses und unbesonnenes Verhalten bei der Buchung der "schönsten Tage des Jahres", ist mir nicht ganz klar, gehört aber wohl zur nötigen Beschönigungsstrategie. Und nur manche haben von dieser "Bildungsreise" wirklich was gelernt, nämlich: Es gibt nun mal nix umsonst!
Leut machts halt die Augen auf, wenn ihr was kauft. Oder fragt halt mal vorher nach, um nicht hinterher die Schlechtigkeit der Menschheit beklagen zu müssen!