• salvamor41
    Dabei seit: 1086652800000
    Beiträge: 4964
    geschrieben 1092060354000

    Hallo hip,

    danke für diesen sehr, sehr guten, ausgewogenen Beitrag!

    Gruß salvamor 

    ><o(((°> Don't feed the Trolls <°)))o><
  • salvamor41
    Dabei seit: 1086652800000
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    geschrieben 1092100060000

    "In 10 Jahren gibt es die Pauschalreise nicht mehr!"

    Diese Kernaussage von Zukunftsforschern muß allen im Bereich Reisebüro beschäftigten Menschen zu denken geben. 

    Mit welchen Mitteln wollen sich Inhaber und Mitarbeiter auf die geänderten Kundenwünsche einstellen? Wie will man dem Trend gegen die Pauschalreisen begegnen? Wie wollen Reisebüros ohne den Vertrieb von Pauschalreisen überleben?

    Die Antworten können nur die Inhaber/Mitarbeiter von Reisebüros geben.

    In den HC-Foren sind erfahrungsgemäß jede Menge Reisebüroleute engagiert. Es wäre doch hoch interessant,  einmal deren Meinung zu den Fragestellungen zu erfahren. Die äußern sich hier in diesen Foren zu jedem Kokolores, aber die existenziellen Fragen ihrer Branche interessieren sie offenbar nicht! 

    ><o(((°> Don't feed the Trolls <°)))o><
  • mosaik
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    geschrieben 1092143053000

    @salvamor41 ---> ...aber die existenziellen Fragen ihrer Branche interessieren sie offenbar nicht!...

    a) ich hatte mein eigenes Reisebüro von 1986 bis 1999, habe mich aber dann aufgrund der schon damals einsetzenden "Abwärtsentwicklung" entschlossen, die Firma zu liquidieren (net Konkurs! da lege ganz großen Wert drauf, weil es mich rund € 250.000.-- von meinem privaten Vermögen - sprich alles - gekostet hat, die Firma ordnungsgemäss aufzulösen.

    b) seither im mittleren Management tätig und immer gut durch Fachzeitungen informiert, möchte ich dir sagen:

    dass sich die Branche sehr wohl für ihre wichtigen Fragen interessiert. Aber schau dir die Entwicklung an:

    1990:  musste jedes Reisebüro z. B. etwa € 50.000.-- Mindestumsatz bei jedem Veranstalter machen, den es im Regal hatte

    2004:  --> bis zu € 150.000.-- werden verlangt und die Reisebürodichte ist deutlich gestiegen!

    bei: gleichzeitig sinkenden Provisionen:

    1990: bei vielen Veranstaltern 11 - 13 Prozent

    2004: beginnt das Verkaufen mit 5 oder 7 Prozent

    Bei den meisten Fluglinien gibt es ab 1.9.04 überhaupt keine Provisionen mehr:

    1990: ein Flug München - Bangkok  etwa € 1.000.-- --> 8 Prozent Provision = € 80.--

    2004 ab Sep: Ticket etwa € 600.-- und "Bearbeitungsgebühr etwa € 25.-- - da gegen ja die Diskussionen noch auseinander

    1990: gab es weder eine Konkursversicherungspflicht noch Haftpflicht-Vorschriften

    2004: Konkursversicherung - je nach Größe ist man ab etwa € 2.000 Prämie pro Jahr plus rund € 20.000.-- Bankgarantie als Klein-Veranstalter in Österreich dabei, sprich, ein paar Betriebsausflüge und zwei drei Busreisen im Jahr

    Die Branche hat nicht wirklich viel Auswege: in der Klemme des Drucks der großen Veranstalter und Fluglinien sowie den immer höher werdenen Kosten wie Miete und Gehälter (da mehr die Steuern!), können sich einfach viele Büros nicht weder lange Beratungen noch gutes Personal leisten.

    Als 2001 in New York der Anschlag war, mistete die TUI in Österreich bei ihren Mitarbeitern aus: viele über 25-Jährige und die mehr als  € 1.800.-- Bruttogehalt hatten, wurden gekündigt - ich war auch dabei: zu teuer, Fachkräfte braucht man nicht mehr - ist eh alles im Computer und ähnliche Begründungen.

    Große Veranstalterkettenbüros können es sich richten. Die mittelständischen und kleinen Reisebüros können zwar punktuell da oder dort noch punkten, sind aber im Grunde von den Großen abhängig und an die Wand gedrängt. Und bei allen Tagungen und Verhandlungen werden zuerst die Konditionen der Großen besprochen bzw. ausgemacht und dann halt vielleicht auch noch der Mittelstand belächelt.

    Natürlich gibt es Versuche von Inovationen, besseren Service usw. aber alle sagen unisono, dass es sich unter dem Strich nicht lohnt und jeder hofft eben, dass er doch den großen Durchbruch schafft. Die Reisebüroketten hingegen straffen den Verkauf - was unrentable, was nicht "Masse" ist, wird fortlaufend aus dem Angebot genommen und man hofft auf ein Computer-Software-Wunder, das dann alle Kundenfragen auf einen Klick lösen wird.

    Das Thema ist wahrlich umfassend, ich denke, da können wir lange debattieren.

    Gruß

    Peter

  • salvamor41
    Dabei seit: 1086652800000
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    geschrieben 1092149229000

    Hallo Peter,

    meine etwas provokanten Äußerungen über Reisebüromitarbeiter hier im Forum galten ganz sicher nicht Dir persönlich, weil ich schon mitbekommen habe, daß Du als Fachmann dich sehr engagiert mit der Reisebüroproblematik beschäftigst. Ich habe übrigens Deine sehr sympathische Webseite gesehen, wir teilen Dein Faible für Katzen! Komme noch mal darauf zurück!

    Dein Bericht über die Probleme der Reisebüros ist sehr aufschlußreich. Ich bin ja nicht vom Fach, beobachte als Außenstehender die Entwicklung der Reisebürobranche hier bei uns in der Innenstadt aber ziemlich intensiv. Ich habe mich beruflich viel mit Marketingfragen beschäftigt und mich interessiert einfach, wie eine Branche (egal welche) mit auftretenden Schwierigkeiten fertig wird. Die Reisebüros sind dabei ja nur ein Teil einer ganzen Kette von Branchen, die in den vergangenen 10, 15 Jahren ins Trudeln gerieten.

    Manche haben den turn around gut geschafft, andere wieder weniger gut.

    Ich bin wirklich kein Freund von Aktionismus. Wenn  ich mir allerdings ansehe, wie wenig dynamisch und kreativ das äußere Erscheinungsbild vor allem von Kettenreisebüros ist, dann habe ich manchmal das Gefühl, da sitzen Reisebürobeamte, die ihre Kataloge verwalten und sich hin und wieder auch mal den Kunden zuwenden. Das sieht alles genau so aus wie vor 25-30 Jahren, außer daß es heute Computer gibt. Ich möchte den Angestellten dort nicht die Schuld geben, das ganze scheint mir eine Sache der Führung zu sein. Ich kann auch nicht sagen, wie die Reisebüros intern aufgestellt sind, dazu fehlen mir die internen Kenntnisse, aber das äußere Erscheinungsbild läßt nicht gutes erahnen.

    Deine sehr anschauliche Schilderung läßt einen Laien wie mich erahnen, wie tiefgreifend die Probleme der Branche sind. Sie läßt kaum Raum für Optimismus, mehr für Fatalismus. 

    Ich hoffe ehrlich, daß es trotzdem Auswege aus der Situation gibt und möglichst viele Reisebüros dieses Stahlbad überstehen.

    Beste Grüße nach Salzburg

    salvamor    

    ><o(((°> Don't feed the Trolls <°)))o><
  • Joe.L
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    Beiträge: 410
    geschrieben 1092151849000

    Unsere schönsten Urlaube waren immer die, die wir individuell selbst geplant haben.

    Anreise, Dauer, Ort und Unterkunft, wenn die Reisebüros sich mehr auf den individuellen Urlaub einstellen, dann hat das Zukunft.

    Wenn ich im Reisebüro nur den Einheitsbrei angeboten bekommme, dann gehts auch über Internet. 

    Das Leben zu kennen und es dann zu lieben ..... Das ist die Kunst!
  • salvamor41
    Dabei seit: 1086652800000
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    geschrieben 1092224731000

    Docker, genau so ist es! Wenn man sich manche Kettenreisebüros ansieht, dann ist das vom Angebot her wirklich nur Einheitsbrei und von der Kundenfrequenz her mehr als dürftig. Man kann sich gar nicht vorstellen, daß die noch den break-even-point erreichen bei den Mieten, die sie in den Innenstädten bezahlen müssen. 

    Aber ich denke, die schwierigsten Zeiten stehen noch bevor! Ich bedauere ehrlich schon jetzt die, welche am wenigsten für die Entwicklung können, nämlich die dort Beschäftigten!  

    ><o(((°> Don't feed the Trolls <°)))o><
  • mosaik
    Dabei seit: 1082419200000
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    geschrieben 1092226582000

    Was absolut stimmt und sicherlich auch ohne größeren Aufwand zu ändern wäre, ist das Erscheinungsbild vieler Reisebüros. Da ist sicherlich die Denkweise: bisher so  - auch weiterhin so.

    Allerdings zu größeren Verschönerungsaktionen möchte ich ein paar Dinge anmerken:

    In Österreich haben die Reisebüros eine Rentite von 0,4 Prozent - das heißt für ein mittelständische Unternehmen von vielleicht 2 Mio Euro Umsatz € 8.000.-- Ertrag für Kapitaleinsatz und Risiko --> welche man dann für "Verschönerungen" verwenden könnte. Rein theoretisch diese 0,4 Prozent, da die Untersuchung nur rund 100 Reisebüros von den etwa 1.200 in Österreich erfasste.

    Dann: viele Büros sind in Miete. Wird da etwas investiert und man zieht aus, hat man Pech. So ist es mir gegangen: ich habe 1990 ein neues Lokal bezogen und im Laufe der 9 Jahre etwa € 50.000.-- in die Renovierung gesteckt. Als ich dann auszog und wenigstens den neuen Fussboden und Fassadengestaltung in irgendeiner Form vergütet haben wollte, ging ich mit meiner Forderung beim Vermieter leer aus.

    Ist also jeder dumm, der Geld hineinsteckt. Aber trotzdem: kleinere Verschönerungsaktionen wären sicherlich überall möglich.

    Zum Thema Kreativität usw. ---> wie ich schon schrieb: Fachleute können oder wollen von der Branche nicht (mehr) bezahlt werden und der "Neuzugang", ja woher soll der denn das (Fach-) Wissen herhaben??? Wenn er nicht die Funktionsweise von Fluggesellschaften, Gruppentarifen, Bausteinsystemen usw. und deren Ineinandergreifen, wird er nie auf die Idee kommen, selbst etwas für Kunden zu basteln. Wenn man sich nicht auch mit der Geographie und (etwas..) Geschichte von einem Land befasst, kann man einfach nicht so beraten wie es der Kunde gerne hätte.

    Da könnte ich jetzt auch wieder schreiben... aber lassen wir es bei diesen Denkanstössen.

    Übrigens, ich habe hier keinerle "Angriffe" gelesen, lediglich Aussagen, zu denen ich ein paar Zeilen schreiben wollte. Also, keine Sorge!

    Tschüss

    Peter

  • Joe.L
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    geschrieben 1092226721000

    Ja, so ist es, wie überall, "Nieten in Nadelstreifen" beschliessen neue Strategien a la "Geiz ist geil" oder so etwas und die Beschäftigten bezahlen dafür.

    Schöne neue Welt! :sweat1:

    Das Leben zu kennen und es dann zu lieben ..... Das ist die Kunst!
  • Holginho
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    geschrieben 1092228053000

    Hallo Docker!

    Ich bin in kleinen Teilen und Ansätzen eine solche "Niete in Nadelstreifen".

    Wir beraten hier u.a. Reiseveranstalter, Hotelketten etc. u.v.m. in Marketingstrategien, neuen Märkten und Marktsegmenten, Öffentlichkeitsdarstellung etc.

    Leider sind große Teile dieser Branche nur auf schnellen Profit aus, allerdings teilweise auch Aktionären "verpflichtet" - letztlich sichert diese Unternehmensstrategie dann auch irgendwie wieder Arbeitsplätze.

    Mit oft schon vor langer Zeit vorgeschlagenen Neuerungen tun sich aber oftmals einige Unternehmen sehr schwer. Das Marktsegment "Ökotourismus" ist z.B. bis heute bei nicht wenigen Unternehmen nur sehr schwer vermittel und durchsetzbar.

    Besonders an Peter und salvamor (aber auch alle anderen hier in diesem thread einen großen DANK für eine sehr sachliche und interessante Diskussion!

    Viele Grüße, Holger

    “Mit dummen Menschen streiten ist wie mit einer Taube Schach zu spielen...“ Rest bei Bedarf googeln!
  • Joe.L
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    geschrieben 1092230155000

    Nur, wenn es immer nur um den schnellen Profit geht, steht am Ende immer irgendjemand der das bezahlt.

    Diese Strategie scheint ja eine Zeitlang zu funktionieren, aber wenn die "Bezahler" und da zähle ich auch die Beschäftigten mit, überwiegend unzufrieden werden und womöglich die Reiseveranstalter, u.s.w., meiden, dann geht der Schuss (die Strategie) nach hinten los.

    Für die Reisebranche wünsche ich mir einfach mehr Individualität und wirklich neue Ideen.

    "Ökotourismus" wäre doch mal etwas mit neuer Zielrichtung, wenn nicht der schnelle Profit im Wege stehen würde.

    Das wäre dann vielleicht auch das Ende von den "Touristensilos" und Kapitalabpumpstationen (Profitcenter).

    Das heutige Problem ist doch auch, dass z.B. die Öffentlichkeitsdarstellung (Leistungsversprechen)vieler Branchen (auch Reiseveranstalter) weit an den realen Leistungen vorbeigehen, dadurch tritt die kollektive Unzufriedenheit in den Vordergrund und es bezahlen letztendlich die Beschäftigten ... (der Kreis schliesst sich ...)

    Die Menschen die sich am Preis orientieren, werden die gerechte Beute solcher Machenschaften. :jp:

    Das Leben zu kennen und es dann zu lieben ..... Das ist die Kunst!
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