Hallo Yulchen,
ich kann dir nur aus dem reifen Schatz meiner heute genau 45 Jahre Erfahrung sagen, dass ich mir gewünscht hätte schon früher die Traute gehabt zu haben zu reisen, auch wenn es bei knappem Geld sicher mit mehr Risiko verbunden gewesen ist, "falls was schief geht".
Einfach mit dem Auto ohne festes Ziel loszufahren, mir einfach ein Flugticket oder Interrailticket zu kaufen und ins Blaue zu fliegen/fahren, habe ich mich nie getraut, alles immer schön sicher.
Und ach, was das alles kostet, und wer weiß, ob du sonst über die Runden kommst.
Klar bin ich gereist, gemeinsam mit "Mama" auf Städtetouren nach London oder Paris und auch mal sogar mal durch Syrien und Jordanien oder mit einer Freundin im Auto in die leerstehende Wohnung ihrer Tante nach München und einmal auch zu den "Schwiegereltern", zur Familie meines damaligen marokkanischen Freundes nach Marrakech.
Heute weiß ich, dass ich vom damals ersparten Geld ohnehin nichts übrig behalten hätte, ich gebe nämlich nach wie vor sorglos alles (oder zumindest eine Menge) aus. Hätte ich mir also ein kurz- oder mittelfritiges Ziel gesteckt - sprich: ein Flugticket nach Bali, Bangkok, New York oder Mombasa oder vielleicht auch nur auf eine griechische Insel- und mich einfach auf ein Abenteuer eingelassen, hätte ich heute mehr zu erzählen.
Sicher wäre ich nicht so bequem gereist wie ich es heute bevorzuge, aber für mich und meine Entwicklung wäre es ganz sicher gut gewesen.
In meiner Entwicklung ging es so weiter, dass ich besonders in den ersten Berufsjahren den Kopf viel zu voll hatte mit der neuen Situation und ihren Anforderungen und da tatsächlich mit "Status" befasst war (Waschmaschine kaufen, ein ordentliches und zuverlässiges Auto fahren, Wohnung einrichten), dass ich weder den Kopf frei, noch Interesse hatte am Reisen. Im Urlaub war ich froh, wenn ich mal nicht früh aufstehen musste.
Erst, als ich einigermaßen im Job gesettelt war, hatte ich den Gedanken, dass es da noch mehr geben muss. Das ist aber gleichzeitig für viele auch die Zeit, wenn eine Familie gegründet wird und dann das unbeschwerte Reisen wiederum besondere Rücksichten auf die entsprechende Situation erfordert. Das hätte mich wahrscheinlich wieder davon abgehalten.
Rückblickend muss ich sagen, dass das Studium eine Gelegenheit gewesen wäre, die ich aus heutiger Sicht genutzt hätte, indem ich in den einen Semesterferien viel jobbe um mir in den folgenden Semesterferien einen langen und ausgiebigen Urlaub zu leisten. Ich würde aus heutiger Perspektive sicher auch versuchen ein Auslandssemester einzulegen. Ich denke, dass das nie wieder so einfach wird, wenn man mal in der Maschine drin ist.
Insofern: Klares Votum für das Reisen, egal ob Zelten an der Ostsee, Rucksacktour durch Asien oder ein Auslandssemester oder Praktikum irgendwo in einer europäischen Unistadt!