Noch ein paar Zitate, die zumeist von Journalisten oder Menschen des öffentlichen Leben vor Ort gefällt wurden.
"Neapel stirbt: im Müll erstickend, der nicht mehr abgefahren wird, von einer nicht enden wollenden sozialen Krise heimgesucht, der organisierten Kriminalität ausgeliefert... Die Zöglinge der Paten, die durch Kokainhandel reich geworden sind, bedienen sich extremer Gewalt, um Einfluss zu erlangen. Und Blut verlangt Blut."
"Die soziale Krise, die Arbeitslosigkeit, die Profanisierung von Gewalt, das Ausbleiben rechtlicher Schritte: in all diesen Punkten muss gehandelt werden. Die Gewalt hat ein nie gekanntes Ausmaß erreicht und zerstört alle sozialen Bezüge. Wir müssen alles wieder aufbauen."
[Paolo Mancuso, Richter in Neapel]
"Im Moment hat die Kriminalität gesiegt. Neapel ist am Boden. Es hat die Grenze erreicht, jenseits derer ein Miteinander nicht mehr möglich ist. Neapel hat etwas, das die meisten italienischen Städte nicht haben: den Plebs, wie in Alexandria, Calcutta oder Bombay, wo unzählige arme Menschen eher überleben als leben. Wo sich täglich riesige Menschenmassen in Bewegung setzen, um ihr Überleben zu sichern, ohne zu wissen wie. In Mailand oder Turin gibt es Arme, aber in Neapel ist es der Plebs, der natürliche Verbündete der Kriminalität..."
[Giorgio Bocca, Journalist]
Wer nicht konsumiert, ist draußen. Armut ist heute ein Grund, sich zu schämen. Aus Verzweiflung hat Familie Di Vaio einen leerstehenden Laden besetzt. Denn ohne Geld, ohne Arbeit oder ohne Beziehung zur Camorra gibt es keine Wohnung. Dabei wäre es doch so einfach, sich dem Clan anzuschließen, als Dealer genug zu verdienen, um mithalten zu können. Doch nur wenige Menschen haben wie Gaetano den kulturellen Hintergrund, um sich dem wachsenden Terror und den neuen Verhaltensmustern zu widersetzen.
"Diese andauernde Bombardierung führt dazu, dass sich die Menschen die Dinge einfach nehmen, wie im Wilden Westen", sagt Gaetano Di Vaio. "Oder sie machen Schulden, um endlich ihrem Sohn ein Motorino kaufen zu können. Wenn ich sage, 'du bist doch verrückt', dann kommt als Antwort, 'wenn ich es nicht kaufe, dann zieht er doch los, klaut und vielleicht stirbt dabei einer', das alles nur, um sich das richtige Moped zu kaufen."
Der Staat zieht sich immer mehr zurück. Bei fast 60 Prozent Arbeitslosigkeit bleiben da genau drei Möglichkeiten: entweder Maurer zu werden, drogenabhängiger Krimineller oder Camorrista. Camorrista-Sein bedeutet immerhin Respekt, eine Rolex und schicke Kleider.
[Quelle: 3sat Kulturzeit]
Solche oder ähnliche Berichte gibt es von gut-recherchierten Medien zu Hauf, weil sie etwas beschreiben was auch wirklich da ist. Inzwischen setzt die Polizei sogar schon Eskorten für Touristenbusse ein, wie ich gelesen habe. An anderer Stelle wird behauptet, man solle sich nicht aufregen, die Kriminalität ist noch nicht so hoch wie in Los Angeles oder New York. Für ein europäisches Land nicht gerade eine Auszeichnung.
Hoffentlich wird der Kampf der rechtschaffenden Bürger, der Regierung und der Wirtschaft bald von Erfolg gekrönt sein.