Wenn man lange genug schnorchelt weiß man, dass dafür die Monate Juni bis August, max. September, am besten sind, einmal wegen des Lichts, zum anderen wegen der Temperaturen und schließlich auch wegen des Wetters. Auch Ägypten hat Wetter. Ab November windet es und es ist lausig, aus dem Wasser in den Wind zu kommen und gar nicht mehr richtig "warm" zu werden. Die Sonne steht schräg und schöne Fotos gelingen nicht mehr.
Nord- und Südriff, vom Utopia-Strand aus zu erreichen, sind einfach nur genial. Ich war gerade wieder dort. Die Wasserqualität hat sich verbessert, weil Boote anderer Tauchschulen, die Schnorchler dort hin bringen, nicht mehr ihre Lenzpumpen ununterbrochen arbeiten lassen. Die Bootsmotoren werden ausgemacht und es herrscht Ruhe und der Dieselschmierfilm auf dem Wasser entfällt.
Wenn die Flut einsetzt, bildet sich eine Unterströmung, die selbst einem geübten Schwimmer Kraft abfordert, vor allem, wenn man sich gerade auf dem vorderen Riffdach über den Höhlen befindet und der Bauch evtl. Berührung mit dem Bewuchs bekommen kann. Aber man kann die Wasserhöhe anhand der Felsen bestimmen, die aus dem Wasser ragen oder darin verschwinden. Es gibt viele Möglichkeiten, sich vor Überraschungen zu schützen.
Im Juni waren, völlig unerwartet, die Picasso-Drücker aggressiv. Sie bewachten ihre Nester, und die ersten Scheinangriffe sind die logische Folge. Einer biss mir in die Flosse, und das fand ich für einen solch kleinen Fisch beachtlich.
Die Ausschau nach Weißspitzenriffhaien, wie 1997 beobachtet, habe ich aufgegeben. Aber an der Ecke des Nordriffs kamen mir "2" Adlerrochen so elegant entgegen, dass ich nur noch regungslos ihrem Flug zuschauen konnte. Den Fotoapparat hatte ich leider vergessen, so konnte ich auch nicht die Riesenmuräne an den Felsen nahe den Zodiacs fotografieren.
Einen Napoleon "mit Hörnchen" traf ich 3 Mal. Ein ausgewachsener Barrakuda beobachtete mich regungslos. Zweimal beobachtete ich hingebungsvoll die Verwandlungskünste eines Tintenfisches, entdeckte den ganz scheuen Schriftfeilenfisch etwa 5 m unter mir. Eine Gruppe von 15 Fledermausfischen stand auf dem sandigen Boden im Labyrinth.
Mit Schrecken entdeckte ich einen Sohal-Doktorfisch, dem der gesamte Schwanz abgebissen worden war, einschl. seiner Skalpelle, und ich fragte mich, was aus diesem Tier nun werden würde. Er schwamm auch nicht auf dem Riffdach in der Brandungszone, wie üblich, sondern befand sich in ca. 6 m Tiefe im felsigen Höhlenbereich. Leider sah ich ihn nicht wieder.
Wer weiß, was mit derart verletzten Tieren geschieht? Heilen diese Wunden? In diesem Fall: wächst der Schwanz nach oder bildet sich ein Stummel? Das Tier müsste doch ohne seinen Schwanz hilflos sein und nach Darwin zum Raubfischfutter werden.
Ich wurde sogar Zeuge eines Kampfes zweier Panther-Forellenbarsche, auf Fotos festgehalten. Den hätte ich aber filmen sollen.
Eine Schildkröte traf ich nicht.
Ich mache mein Glück auch nicht davon abhängig, will nur sagen, dass es immer wieder ein herrliches Gefühl ist, inmitten von Riffbarschen, braunen Doktorfischen und Segelflossern dahin zu schweben. Ihre Wahl des Schnorchelgebietes vor dem Utopia war sehr gut. Es war einfach die falsche Jahreszeit.
PS: Man braucht keinen Shorty für 1 - 2 Stunden Wasseraufenthalt im Sommer.