Bei den Teide-Rangern zu Gast!
Im Naturschutzgebiet der Las Canadas! Eine gefürchtete Truppe!?
Es war eine Einladung, die anzunehmen und zu befolgen längst überfällig war.
Und so meldeten wir – ein einheimischer Freund und ich - uns zu diesem Besuch bei ihnen an.
Diese Hüter des Nationalparkes Las Canadas sind eine Spezialeinheit der Guardia Civil. Es ist eine große Ehre und gleicht einer Auszeichnung zu ihnen berufen zu werden. Nicht nur absolute körperliche Fitness wird verlangt, sondern auch viele andere Fähigkeiten. Eine besondere Schulung geht ihrem Dienstantritt voran. Dort oben sind sie weitgehenst auf sich alleine gestellt und können nicht gleich nach der „Mama“ rufen wenn mal etwas nicht klappt. Sie sind alles mögliche zugleich: Büroarbeiter, Feuerwehr, Bergsteiger, Sanitäter und natürlich Wächter und Hüter der strengen Parkvorschriften und
-verordnungen, mit weitgehenden Befugnissen versehen. Dementsprechend ist auch ihre Ausrüstung ausgelegt. Trotzdem leben sie in ihrer kleinen „Kaserne“ Casa Cuartel de la Guardia Civil sehr abseits und spartanisch und müssen für alles selbst sorgen. Ebenso wie in den Schutzhütten, die verstreut im ganzen Gebiet verteilt sind.
Es sind harte und motivierte Burschen! Viele, die dort einmal Dienst machten, sprechen voller Stolz von dieser Zeit als Ranger. Sie verstehen sich als Schutztruppe für andere, vorwiegend für die vielen Besucher, nicht unbedingt als Polizeiorganisation, welches ja ihr eigentlicher Auftrag ist!
Unser Auto mussten wir am Centro de Servicos del Parque ein Stück entfernt vom Parador abstellen, denn die Unterkünfte liegen mittendrin im felsigen Gebiet mit schlechten Zufahrtswegen. Man erwartete uns schon am frühen Morgen.
Nach einer herzlichen Begrüßung wurde auch nicht lange palavert. Uns wurde eine Kammer zugeteilt, der obligatorische Kompass mit topographischer Karte des Gebietes, ein Sonderausweis, ein wetterfester Overall, ein breitkrempiger Hut und ein Rucksack mit Erster Hilfe-Ausrüstung. Fernglas und Bergstiefel, sowie Wetterbekleidung hatten wir selbst mitgebracht.
- Und einige nützliche und schöne Präsente für unsere Gastgeber. -
Das waren aber auch schon die Formalitäten.
Kurz danach hieß es auch schon umziehen und nach Empfang einer Marschverpflegung dann: Aufsitzen zu einer Kontrollfahrt durch einen Teil des Gebietes. In zwei geländegängigen Jeeps mit je drei Rangern ging es los über Stock und Stein. Jeepfahren ist Gewöhnung, sonst tun einem nachher alle Knochen weh.
Längs einer vorgegebenen Route wurden einige Schutzhäuser und deren Notverpflegung (sie stehen jedem offen der Schutz benötigt! Jedoch muß er dieses bei Konsum der Notverpflegung in ein Buch eintragen. Das ist Ehrensache für jeden alpinen Wanderer!) kontrolliert und zwischendurch oft mit den Ferngläsern ein Rundblick auf die Umgebung und besonders die Hauptstrasse und die Miradores (Aussichtsparkplätze) gehalten. Man glaubt es nicht wie gut man von einem erhöhten Punkt aus alles genau beobachten kann. Kein Parksünder wäre denen durch die Lappen gegangen, und hätte er auch nur eine leere Zigarettenschachtel aus dem Auto geworfen. Per Funk wäre sofort eine Streife auf ihn angesetzt worden; und dann hätte er viel blechen müssen. Es gab keine Beanstandungen nur den Vermerk im Protokoll: Keine Vorkommnisse! Wie man mir versicherte ein seltener Fall im Tagesablauf. Jeden Abend wird ein Tagesbericht per Fax an die Zentrale in Santa Cruz gesendet.
Abends machte die Truppe noch einen Marsch in voller Ausrüstung, an dem ich nicht teilnahm. Es hat keinen Wert mit diesen durchtrainierten Leuten mithalten zu wollen. Darum kümmerte ich mich besser mit um die Vorbereitungen des Abendessens und die Entstaubung und Pflege der Bekleidung, auch der anderer.
Später kam noch ein offenbar höherer Offizier vorbei um uns zu begrüßen und den nächsten Tagesablauf zu besprechen, trotz Mail, Fax, Funk und Telefon. Es ist zwar eine militärisch organisierte Spezialeinheit, aber so recht besehen haben wir nie diese Hirarchie gemerkt. Niemand hatte Rangabzeichen sichtbar an seiner Uniformbluse, sondern nur ein einfaches aufgenähtes Namensschild mit seinem Vornamen.
Morgens um 4:30 Uhr heißt es aufstehen, waschen, Rucksack packen für ein längeres Unternehmen und frühstücken. Jeder bekommt das gleiche Verpflegungspaket und Trinkwasser. Danach wird nochmals der Tagesplan durchgesprochen. Ein Team mit 3 Rangern geht von Westen zum Pico Viejo, wir gehen östlich vom Teide auf halber Höhe bis zum Kreuzungspunkt mit den geführten Aufstiegen zum Pico. Bis zur Montana Blanca hoch können wir fahren, aber dann gehen wir Wege, die Touristen nicht ohne Sondergenehmigung begehen dürfen. Die Viejo-Truppe ist zwar viel höher, aber sie können auch viel höher mit dem Jeep fahren.
Nach 2 Std. Marsch erreichen wir die Wegkreuzung mit den Wanderern. Eine kurze Rast, und dann kommt auch schon die erste geführte Gruppe hoch. Die Führer müssen Auskunft geben können über die Genehmigungen und das körperliche Befinden ihrer „Passagiere“. Es wird nicht zweckmäßiges und geeignetes Schuhwerk bei einigen Wanderern beanstandet. Dafür ist der Führer verantwortlich! Und schon kommt die nächste Gruppe, usw. ….. Wir gehen noch etwas weiter aufwärts, bis zu einem Schutzhaus. Kleine Pause, und schon geht es wieder runter nach „Hause“. Dieser Kontrollgang war harmlos und ohne Probleme, im Gegensatz zu denen, die am Pico Viejo waren. Das ist ein tückisches Gebiet, denn viele Seilbahnfahrer laufen dort hin. Der Weg zum Nebenkrater ist zwar gut ausgebaut und nicht schwierig, wenn die Wanderer auf den Wegen bleiben würden. Das Umfeld sind scharfkantige Felsbrocken, die erhebliche Verletzungen verursachen können. Dort gibt es regelmäßig Schürf- und Stauchungsverletzungen.
Zurück im Camp gab es ein kurzes Abendbrot. Danach war Schuhpflege (mit Lederfett) und Reinigung angesagt. Auf der provisorischen Terrasse spielte man Gitarre und genoss den Sonnenuntergang. Alkohol und Tabak sind sehr verpönt, aber nicht verboten.
Später rief dann noch das Parador an wegen ein paar randalierenden und angeheiterten Gästen. Das war ein sehr kurzer Prozess für die Ranger. Meistens brauchen sie nur auftauchen, dann ist schon Ruhe!
Leider geht es selten so harmlos zu wie an diesem Tag. Vielfach heißt es bei glühender Hitze unter großen Anstengungen jemanden mit einem Kreislaufkollaps aus den Felsen zu holen, oder aber die verbotenen Wege in halber Höhe des südlichen Kraterrandes zu begehen um einen Wanderer dort zu bergen, der sich überschätzt hatte und nun auf dem schmalen Pfad, der nur angeseilt von den Rangern begangen werden darf, nicht mehr vor und nicht zurück konnte. Unter ihm ein sehr tiefer Abgrund. Da zeigt sich das ganze Können, die körperliche Fitness und die Motivation dieser Einheit. Es ist eine hervorragend organisierte Mannschaft, - wie sie sagen zum Wohle der Besucher. Das kann ich nur bestätigen!
Wer von ihnen wegen eines Verstosses gegen die Ordnung und Vorschriften dieses Naturschutzgebietes geschnappt wird – und das sind sehr viele – der hat selbst Schuld. Und die Strafen sind sehr hoch bei Verstössen gegen jeden, auch für die eigenen Landsleute!
Die nächsten Tage verliefen nicht so friedlich. Da gab es schon mal einen geprellten oder verstauchten Fuß bei dem ich dann endlich mal mit meinem Erste-Hilfe-Gepäck richtig helfen konnte. Der Wanderer wurde nach einer Bandagierung zurückbeordert bis zu einer Stelle an der ihn ein per Funk bestelltes Auto abholen sollte. Gegen diese endgültige Anweisung der Ranger gibt es keinen Einwand. Ein Autofahrer wurde beobachtet, der eine Tüte mit Müll aus dem fahrenden Wagen an der Müllbox vorbei warf und weiterfuhr. Weit kam er nicht! Meine Begleiter meldeten den Vorfall sofort per Funk an die Kollegen der Streife, und schon hatten sie ihn! Das ist wohl sehr teuer für ihn geworden, denn die Parkverordnungen und Hinweise stehen unübersehbar auf großen Tafeln in allen gängigen Sprachen überall an den Zugängen zum Naturschutzgebiet. Wanderer bekommen Merkzettel mit auf den Weg.
Es ist immer so im Plan vorgesehen, dass an einem Tag ein Teil der Mannschaft Bergstreifen macht und der andere dann die Strassen im Auge hat und umgekehrt.
Lasst euch nie mit den Rangern ein, sie sind hart und gnadenlos auch bei den ausgefallensten Ausreden. Mit denen ist wirklich nicht gut Kirschenessen! Es ist gut dass es sie gibt! Wer mit ihnen in Konflikt kommt, ist selber schuld. Auch wenn es noch so hart klingen mag! Er hat keinerlei Chance, denn ein Prozess ist in 2-3 Tagen im Schnellgericht in Santa Cruz abgehandelt - ganz ohne Psychologen und Analyse seiner schwierigen Jugend!
Dort habe ich sehr vieles gelernt und gesehen, besonders von der Natur, der Fauna und Flora, was man selten bis gar nicht zu sehen bekommt.
Beim Abschied bekamen wir ein „Ranger-Diplom“ mit einer Anstecknadel und unseren Hut als Andenken geschenkt.
Den Hut ziehe ich auch heute noch vor diesen harten Burschen und deren Disziplin, die Teide-Ranger genannt werden! Sie sind fast nicht auffällig oder sichtbar, aber sie sind dort dennoch allgegenwärtig!
Nichts aber auch gar nichts geschieht in diesem Gebiet ohne dass sie nicht informiert werden.
Gruß Dieter