Interessant, eure Berichte zu lesen; Flugangst ist übrigens sehr verbreitet, auch unter Vielfliegern.
Panikattacken mit Heulen und Schreien sollte man auch mit Rücksicht auf die anderen Paxe tunlichst bei einem Flugangstseminar theapieren oder eben auf das Verkehrsmittel verzichten.
Für alle "leichteren Fälle" hat meiner Meinung besonders Hardy sehr taugliche Tipps gegeben - besonders Männer reagieren sehr gut auf technische Informationen zu Bewegungen und Geräuschen und aus Skepsis wird Neugierde.
Welcher Platz im Flugzeug (ich rate allerdings zu den vorderen oder Overwingplätzen. Erstere schaffen das Gefühl einer gewissen Übersicht, letztere sind physikalisch die "ruhigsten") einem taugt, muss man ausprobieren.
Menschen, deren Flugangst mit einer Höhenangst gepaart ist, sollten nicht am Fenster sitzen. Paxe, die sich mit Ablenkung beruhigen, sind am Fenster wiederum gut aufgehoben.
Es ist sicher nicht sinnvoll, bewusst wenig zu essen und die beste Vorbereitung ist gar keine - will meinen: Der 19.1. ist nicht "Flugtag", sondern einfach nur Montag. Also esse ich ganz normal, wie es alle anderen ca. 85.000 deutschen Flugreisenden das auch tun, füttere die Katze und führe den Hund aus.
Je normaler man den Allerweltsvorgang Flugreise angeht, desto weniger bietet sich Nährboden für Panik.
Den Skeptikern im Bezug auf die "Airsickbags" (Kotztüten) sei gesagt: Sie halten einiges aus! Meine Tochter hat sie so manchem unfreiwilligen Härtetest unterzogen. Sowieso würde ich sagen: Wenn´s hart auf hart kommt, ist Galle sperbern auch kein Spaß!
Sofern es machbar ist, empfiehlt sich eine bewusst ruhige Vorbereitung des Gepäcks, der Unterlagen und ggf. eine genau Kontrolle des Handtasche, überhaupt die Konzentration auf die sachlichen Notwendigkeiten um die Reise.
Ggf. also lieber schon ein paar Tage vor Abreise in Etappen packen und ganz gezielt Ruhe und Besinnung dabei walten lassen.
Manchen hilft auch "Zieldenken": Anstatt die Anreise mit Flug und Strapazen zu fokussieren, denke man einfach nur an glitzerndes Wasser, weißen Strand und raschelnde Palmblätter (Diesen Tipp mögen Nordkap, Atlanta, NY etc.-Touristen bitte mit den entsprechenen Reizen besetzen ... ).
Leichter Panik kann man mit großer Vorfreude ein Schnippchen schlagen. Leider nicht anwendbar für Flüge zur Bewerbung/Kündigung/Scheidung oder totlangweiligen Meetings t.b.c.
In irgendeiner Wartegruppe findet man immer ein paar fröhliche und ausgelassene Leute. Man kann sie beobachten und versuchen, diese Fröhlichkeit auf sich wirken zu lassen - "Schau, die steigen jetzt auch in den Flieger und freuen sich aushäusig!" - geht also doch!?
Die Investition in Bachblüten, Rescue-Tropfen und ähnlichen Kram kann ich nicht empfehlen, besser spende man den Betrag an eine gemeinnützige Einrichtung und kaue einen schnöden Wrigley´s.
Diazepam mag sympthomatisch wirken, therapeutisch jedoch nicht, da die Angst bestenfalls unterdrückt wird. Richtig, dies sollte man mit seinem Arzt besprechen.
Abschließend muss ich zu meiner Schande gestehen, dass ich seit meinem 5ten Lebensjahr bewusst fliege und noch nie den Hauch einer Flugangst verpürte.
Meine Ratschläge rekurtieren sich also aus der langjährigen Erfahrung mit Betroffenen und sind nicht selbsterprobt.
Einzige kleine Ausnahme: Auch wenn ich es schon unzählige Male getan habe, verschafft mir das Fliegen mit meinen Kindern doch auch eine gewisse Unruhe und erhöht meine Aufmerksamkeit auf umgebende beeinflussbare Faktoren wie z.B. die Wahl der Airline oder des Sitzplatzes.
Abschließend noch eine kleine Anekdote:
Ich saß im A319, Abreise von Wien Schwechat, als sich ein riesiger marzialisch gekleideter Motorrad-Fan (in echtem Rockerornat) neben mir plazierte.
Ungelenk nestelte er mit dem Gurt, fummelte an der Broschürentasche und zappelte rastlos herum. Meinem fragenden Blick begegnete er mit dem Geständnis: "Ich hab fruchterliche Angst vorm Fliegen!"
Ich tippte mutig auf das Adlertatoo auf seinem Unterarm und meinte: "Nimm dir ein Beispiel an deinem Kumpel!"
Sodann begann ich zu erzählen, was vorgeht und wo Rucken oder Geräusche herrühren. Wir bogen auf die Startbahn ein, der Pilot fuhr den Schub hoch und die Maschine betterte los. Mr. Harley schnappte meine Hand und riss entsetzt die Augen auf. "Unsere Abhebegeschwindigkeit beträgt ca. 285 kmh..." informierte ich ihn lapidar. "ZWEI-HUNDERT-FÜNFUNDACHZIG??? WIE GEIL!" strahlte mein riesiger Sitznachbar und als der Flieger abhob, erlaubten wir uns schon ein kleines "Jipppiiiieeee!".
Später erfuhr ich, dass er Dirk heißt, 2 Kinder hat und in der Logistikabteilung eines Automobilherstellers arbeitet. Alles völlig "normal" ...
Merke: Viele Dinge sind ganz anders, als sie auf den ersten Blick aussehen und zum Fliegen braucht man keine Federn!