Ich erzähle die Geschichte deshalb nicht gerne, weil es dann gleich wieder heißt:...siehste, typisch Brasilien! Da kannst Du doch nicht Urlaub machen....
Sei's drum!
Wir kamen nach der Taxifahrt vom Flughafen Recife am frühen Abend in unserer Pousada in Olinda/Pernambuco an. Das Taxi mußte Umwege fahren, weil zu dieser Zeit die Altstadt fast komplett gesperrt war wegen eines karnevalistischen Straßenfestes. Also, schnell auspacken, ein kurzes Abschlappbierchen, und dann raus, denn wir wollten von dem Straßenfest noch etwas mitbekommen. Unser Gastgeber hatte uns noch dringend empfohlen: Uhren, Schmuck, Kamera, größere Summen Bargeld dringend vorher in den Safe legen, nur kleine Geldsumme mitnehmen.
Zwei bleiche Gringos bahnten sich also den Weg durch die wild feiernde Masse. Wir sind beide von Natur aus nicht ängstlich, haben niemals Berührungsängste, aber was wir da sahen, stellte alles, was wir zum Beispiel vom Rheinischen Karneval kennen, bei weitem in den Schatten.
Die Mehrheit war voll des guten Cachacas (an Caipirinha halten die Brasilianer sich nicht auf) und, so schien es uns, viele waren auch völlig zugekifft. Wir ließen uns auf der Terrasse einer Kneipe am Rande des Geschehens nieder, um ein Bierchen zu trinken und das Treiben in Ruhe beobachten zu können. Plötzlich ein lauter Schrei aus der Masse, alle stoben auseinander und suchten Schutz hinter und unter Autos, in Hauseingängen oder liefen einfach in xbliebige Häuser rein. Unser Wirt trieb uns und die übrigen Gäste ins Lokal, versteckte uns hinter einer Tiefkühltruhe und ließ sein Rollgitter runter. Wir hatten nicht erkennen können, was geschehen war, waren völlig verunsichert und, ich gebe es zu, wir hatten da hinter dieser Truhe blanke Angst. Plötzliche mehrere Schußsalven, und fünf Minuten später gab unser Wirt uns zu verstehen, wir könnten raus kommen, es sei alles vorbei.
Was war geschehen? Ein Eifersuchtsdrama a la Brasilienne. Ein völlig zugekiffter Mann kam aus einer benachbarten Favela mit einer Knarre im Anschlag und wollte sich dafür rächen, daß seine Geliebte ihm im Trubel vermeintlich untreu geworden war (so die Erklärung unseres Wirtes). Die Policia Civil war direkt da, gab Warnschüsse ab und nahm den Täter fest.
Der wurde, von Polizisten umringt, der Masse vorgestellt (sollte heißen: seht, wie schnell wir den geschnappt haben!), und diese klatschte Beifall wie im Theater.
Unserem Wirt war der Vorfall sichtlich peinlich. Er entschuldigte sich tausendmal dafür, daß wir als Gäste das erleben mußten, und lud uns zu einem Schnaps ein.
Am nächsten Tag besuchten wir die Kneipe erneut. Wir wurden dort mit Beifall von allen anwesenden Einheimischen begrüßt, umarmt und geküßt. Daß wir trotz des Vorfalls noch einmal wiedergekommen waren, hatte offenbar großen Eindruck gemacht.