Nachdem ihr wie zu erwarten war, nichts von einem weitern Flugzeugunglück einer B738 in Europa gelesen habt, bin ich natürlich wieder zurück!
Da ich jetzt ca. 4000 Bilder aufarbeiten muss, weil sehr viele Kreuzflügler erste Ergebnisse sehen wollen versuche ich mich kurz zu halten.
Ich hab Euch nämlich was mitgebracht zur Thema Ladung/Gewicht
und Takeoffberechnung wie das jetzt wirklich beim Start in Olbia war.
Das sogenannte Leadsheet ist das letzte, was der Rampagent ins Cockpit bringt. Hier wurde genau verzeichnet, wie viel und in welchen Segmenten der Fliegers die Last verstaut wurde.
Es ist ja wie ein Schaukel: Ein großer Hebel. Der Drehpunkt beim Flugzeug liegt zwischen den Flügeln. Hier sind auch die Tanks untergebracht, weshalb ein Treibstoffverbrauch während des Fluges im Prinzip sich die Trimmung nicht ändert.
Stellt Euch die Schaukel vor mit zwei ca. gleich schweren Kindern: Die Schaukel wird neutral getrimmt sein – ihr braucht kaum Kraft, die Kinder auf und ab zu bewegen.
So ist es auch bei der Ladung: 100kg 10m vor dem Schwerpunkt und 100kg nach dem Schwerpunkt sind neutral. Schlimm währe es aber, wenn versehentlich 100kg statt ganz hinten, ganz vorne verladen worden währen: Durch den Hebel alleine ist man dann gleich
um 200kg aus dem Gleichgewicht: Hinten fehlt es – vorne sind sie zu viel.
Da die aufwendbaren Steuerkräfte beschränkt sind, kann man sich auch leicht vorstellen, wenn ein Kind auf der einen Seite der Schaukel sitze und auf der anderen ein Sumoringer.....
Vom Prinzip her müssen die Gewichte in den einzelnen Segmenten dann innerhalb der weißen Zone link unten landen. Es gibt eine Menge Korrekturfaktoren etc – die oben zu berücksichtigen sind.
Dieses wight&balance sheet wird natürlich eingehen auf Plausibilität geprüft von den Piloten.
Letztendlich ergibt sich daraus ein Wert namens „MAC %“ und der ergibt, wenn man in in den FMC (Flug management Computer) eingibt den Wert, den man am Trimmrad einstellt.
Das ganze muß im grün markierten Bereich bleiben.
Dahinter sieht man schon den Laptop mit dem man die Takeoffkalkulation durchführt:
Ihr seid ja jetzt schon fast Fachleute – also machen wir daraus fast ein Suchbild – ich fange oben an
OE-LNJ unsere Flugzeugkennung (wer da in Google danch sucht, wird eine Menge Bilder oder mehr zu diesem Flugzeug finden). Eine B737-800 mit
CFM-7B27 Triebwerk Ein Triebwerk liefert 27300 lbs (Pfund) Schub. Was ist das
wieder ?? wieso keine PS oder so:
Es sind zwei verschieden Maßeinheiten – kann man nicht unbedingt umrechen.
Schub ist eine Kraft – Leitung (PS) ist aber Kraft*Geschwindigkeit.
Wenn ein Flugzeug Vollgas gibt, aber die Bremsen angezogen hat und sich daher nicht bewegt, hat es dann zwar eine unheimliche Kraft: ca. 12.400
kg Schub – aber keine PS….
Aber man kann eines sagen: 12.400kg Schub würden reichen um
ein Ding, das 12.399 kg wiegt senkrecht hochzuheben. Unser Flugzeug hat aber 60
Tonnen ….daher reichen die 24.800 kg Schub beider Triebwerke nur zum abheben im
geringeren Winkel.
Da fällt mir ein: Eine B777-200 hat 90.000lbs Schub (40,8t)
Die Triebwerke sind die größten derzeit eingesetzten (GE90) und haben einen
Durchmesser, der dem entspricht, was unsere B737 in der Passagierkabine bietet
(der A318/19/20/21 ist 10cm größer) nämlich etwas mehr als 5m. Durchmesser.
Also mit zwei GE90 Triebwerken könnte unser Flugzeug mehr
als locker senkrecht starten
Weiter im Text:
Flugnummer: OS9712, Startflughafen Olbio (OLB / LIEO)
Pistenlänge 2446m (TORA)
Ich sehe: 24 Grad Außentemperatur (AOT) 1021 ist der
momentane Luftdruck (also wir haben eine Hochdruckwetterlage).
TOW: Gesamtgewicht: 60.4t a ja oben: Die Startbahn ist trocken (dry)
Startklappen (Flaps) 5.
Packs: Klimaanlage (die Sache mit Triebwerk und der Luft
kommt noch im Juli)
Auf Automatik.
V1/Vr Ratio – das Mysterium so mancher Flugsimulanten
Kurz gesagt es gibt zwei Strategien wie man den Startlauf
anlegt:
.) Minimale V1 (Abbruchgeschwindigkeit) und damit hat man
noch viel Startbahn vor sich, wenn man abbrechen muß
Das andre Extrem: Max V1
- man legt die V1 höher – dabei (ver)braucht man natürlich mehr Piste
zum Beschleunigen – und ist hinterher schneller, also bleibt nachher weniger
Piste zum bremsen über.
In der Pilotensprache:
.) Minimum go distance – maximum Stop Distance
.) Maximum go Distance – minimum Stop Distance
Balance ist einfach der Mittelwert
Unter MEL (minimum Equipment list) ist NO: Kein Technisches
Problem, dass die Berechnung beeinflussen könnte.
TOW: (Take off wight – Abhebegewicht) 60.4t
MATWO (max TOW) – also maximal könnten wir 77,5 t hinausbringen (hört sich gut an dieses Wort )
LimCode: Welcher Faktor bestimmt dieses Limit, dass nicht mehr geht?
Hier: Obst. = (Obstacle) Hindernis. Es kann zb. Zu Heiß sein, oder die Startbahn zu kurz etc.
V1, Vr und V2 sind das Ergebniss , dass wir brauchen –
Flaps 5 ist einfach wichtig – weil das natürlich nur gilt, wenn man die Landeklappen auf 5 gestellt hat.
Acc.Alt: Mit dem normalen Startschub würden wir 1100m
verbrauchen, bei Startabbruch knapp bei V1 bleiben nach Notbremsung 889m Piste
über. Daher: Wir können 63 Grad Celsius Lufttemperatur dem Trieb
vortäuschen – dann muß es den Startschub reduzieren um nicht zu schmelzen
innen.
Mit dem reduzierten Startschub bekommen wir 60,74 t hinaus –
nach Startabbruch haben wir noch 229 m Piste zu Verfügung –also Null Problemo!
Spec. EFP (Enginefailure procedure) also was machen wir,
wenn ein Triebwerk nach V1 ausfällt: die Flugroute ins Holding (Warteschleife)
klären der Situation und weiter Instruktionen etc.
Und zu unsere Info: 10 min T/O ( to go) Startschub ist erlaubt.
Und wie das dann unmittelbar nach Vr aussieht
V2: 141 knt, Freigabe
5000 ft Landebahnausrichtung: 54 Grad
Landeklappen sind auch 5 ausgefahren – Flapshebel ist auf
Raste 5.
Triebwerke laufen mit N1 = 90,5% (das ist der große Ventilator vorne)
Abgastemperatur: 801 bezw 795 Grad Celsius,
Treibstoffmenge: 3,70 t / stunde
Flügeltanks sind mit 3 t jeweils gefüllt – Centertank ist
leer Räder sind noch unter – und arretiert – in weniges Sekunden
wird es heissen:
„Positiv climb“ „gear up“ und der Hebel wird nach oben gegeben…die Fahrwerke fahren ein.
Gerade erhöht der Pilot (rechts) die Steigrate soweit dass er V2 (+10-15knt) hält.
Momentan sind wir genau 4ft hoch ….also gerade mal 2m irgendwas - (weil
am Boden zeigt er um die -4m ft)
Bei der Geschwindigkeitsanzeige (am rechten Display links)
zeigt den Trent – ein langer Grüner pfeil nach oben..wir beschleunigen stark –
momentan sind es etwas über 140 knt.
Rechts gegenüber: Höhe und der Zeiger für Steigen/sinken
(=Variometer) – er geht jetzt gerade nach oben, weil wir steigen……
Ganz links am Bild: Der „Uhrenladen“ - alte Instrumente, wie sie in jedem
Fluggerät auch zu finden sind. Damit kann man das Flugzeug wie in alten Zeiten
fliegen, sollte alles andere nicht mehr gehen…
Ich weiß es ist schwer zu glauben, aber ein großes Flugzeug
fliegt genauso gut wie ein kleines dass ihr auf Flugplätzen so zu sehen
bekommt. Heutige moderne Flugzeuge segeln sogar wesentlich besser als normale
Sportflugzeuge. Natürlich nicht ganz so gut wie ein Hochleistungssegelflugzeug…
Eben alles eine Sache des optimale Flügeldesigns. Die Flächenbelastung macht
aber, dass sie gut Doppelt so schnell sein müssen, als ein kleines
Sportflugzeug.
Viel Spaß!
Ich fliege nach Paris, wo in LFBG (LeBourge) alle zwei Jahre die größte
Flugmesse der Welt, stattfindet.
Ab Juli hab ich wieder etwas mehr Zeit!